Das 140-Quadratmeter-Haus aus den 1930er Jahren in Stuttgart wurde von den Architekten Katrin und Thilo Holzer saniert. Seit Kurzem gibt’s auch noch einen Pool im Garten für die vierköpfige Familie. Foto: Thilo Holzer Architekten/Tom Philippi

Die Architekten Katrin und Thilo Holzer haben ein Haus aus den 1930er Jahren in Stuttgart umgebaut. Manchmal wohnt dort aber auch eine Fernsehkommissarin.

Stuttgart - Tintenviertel, sagt Thilo Holzer, nannte man einst diese Gegend. Weil so viele Lehrer hier ihre Häuschen bauten. In den 1930er Jahren war das. Heute wäre mit einem einfachen Lehrergehalt auf der Stuttgarter Halbhöhe unterhalb von Degerloch kein Haus mehr zu bauen.

 

Selbst eines zu kaufen, ist schwierig, weil als Familienwohngegend so begehrt, dass die Anzeigen dafür nur sehr kurz im Internet stehen. Oder gar nicht. Sie hatten einen Wink von Nachbarn bekommen, sagt der Architekt, dass die Besitzerin des Hauses mit 101 Jahren gestorben sei. „Und dann haben wir einen handschriftlichen Brief mit Fotos von uns abgegeben. Wir haben geschrieben, wer wir sind und dass wir das Haus gern erhalten wollen.“

Dieser ja auch nachhaltige Gedanke des Umbauens habe offenbar überzeugt, berichtet Thilo Holzer, die Architektenfamilie konnte sich (auch gegen finanziell bessere) andere Angebote durchsetzen und bekamen den Zuschlag. Zuvor wohnte die Familie in einer Wohnung auf 65 Quadratmetern und 100 Treppenstufen, die dort hinauf führten. Jetzt sind es nur noch zehn Stufen, dafür 140 Quadratmeter inklusive Terrasse für die vierköpfige Familie und den Hund auf dem 432 Quadratmeter großen Grundstück.

Ein Pool für die heißen Sommer

Thilo und Katrin Holzer erzählen davon an einem sonnigen Julitag, auf der Terrasse sitzend. Ein Sonnensegel schützt vor zu viel Hitze, der Blick schweift in Richtung Garten mit Wiese und den drei mal fünf Meter großen Pool mit hölzerner Lounge-Ecke, von der aus man einen schönen Blick zurück aufs Haus werfen kann.

Der Pool ist 2019 hinzugekommen, gerade rechtzeitig vor der Pandemie, so dass das Ehepaar und die zwei Kinder und deren Freunde ihn ausgiebig nutzen konnten. „Er ist von einer deutschen Firma, das Becken ist von einer tschechischen Firma und aus einem Stück, daher leichter einbaubar. Seit der Pandemie ist die Nachfrage groß auch unter unseren Kunden. Die Wartezeit aber liegt inzwischen bei rund 20 Wochen.“

Das Daheim der Kommissarin von SOKO Stuttgart

Als der Pool geliefert wurde, musste die Straße gesperrt werden – mal wieder. Und die Nachbarn, erinnert sich Thilo Holzer, fragten: „Wird bei euch wieder gedreht?“ Das umgebaute Einfamilienhaus dient nämlich der Kriminalhauptkommissarin Martina Seiffert (gespielt von Astrid M. Fünderich) von der ZDF-Krimireihe „SOKO Stuttgart“ als Zuhause. Während der Dreharbeiten einmal im Jahr wird dann stets für kurze Zeit das leicht abschüssige Sträßchen gesperrt. Wie es dazu kam? Durch die Fassade.

Denn so schön es nun in der Gartenecke nass glitzert – für Furore gesorgt hat an diesem Umbau etwas anderes. Die dunkle Fassade. „Damals hatte Caparol gerade eine dunkle Fassade entwickelt, die auch für Wärmedämmverbundsysteme verwendbar ist. Das hatte zuvor wegen der Carbonfasern wegen der Wärmespannung nicht funktioniert und wäre gerissen. Caparol kennen wir über das Architekturbüro Lederer Ragnarsdóttir Oei, bei dem wir gearbeitet hatten. Und wir haben das dann als Pilotprojekt gern ausprobiert“, sagt der Architekt.

Das schwarze Haus macht Furore

Es gab gewonnene Wettbewerbe und mehrere Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, sogar auf den Titelseiten. Und in einer muss auch der Set-Architekt von SOKO Stuttgart geblättert haben. „Irgendwann klingelte es und die Produktionsfirma fragte an. Sie hatte mehrere Objekte im Auge, aber dann klappte es bei uns.“

Für den ersten Dreh packten die Holzers ihr komplettes Mobiliar quer über die Terrasse in den Abstellraum, der sich oberhalb der Garage befindet, denn es musste der Einzug der Kommissarin gefilmt werden. Weil es bei den Holzers ziemlich schick ist – wenige, schöne Designerstücke, kein Nippes – bleiben seither die Möbel drin, wenn die Filmleute kommen und an ein bis zwei Tagen gleich Szenen für mehrere Folgen drehen; in einer lief auch mal einer der Söhne durchs Bild und war Statist einer Hochzeitsszene in einer Folge.

Dunkle Wände passen gut zu Holz

Geblieben ist mittlerweile auch die neue Wandfarbe im Wohnraum. Anthrazit statt weiß: „Weil vor weißen Wänden schwer zu drehen ist wegen des Lichts, musste immer irgendein Accessoire davor aufgestellt werden. Und als sie dann fragten, ob sie eine Wand mit Kalkspachteltechnik dunkel streichen könnten, sagten wir: aber ja! Und gern auch noch die Wand bis zur Treppe, und so ist es jetzt.“

Warum schwarz? „Wir mögen Schwarz“, sagt Katrin Holzer. „Es passt gut zu Holz“, sagt Thilo Holzer. „Und“, ergänzt seine Kollegin und Ehefrau: „Es ist etwas Besonderes. Wie in der Mode, da ist auch das Kleine Schwarze ein Kleidungsstück für besondere Gelegenheiten.“

Grundlegende Sanierung des 30er Jahre Hauses

Das schwarze Haus freilich hat den Vorteil, dass es auch für den Alltag absolut tauglich ist. Das Haus hatte wie viele Gebäude aus der Zeit viele kleine Räume, einen Gaseinzelofen. Jetzt wird unten mit Fußbodenheizung und einem kleinen Kamin geheizt, im Obergeschoss, um keine Raumhöhe zu verlieren, klassisch mit Heizkörpern. Sämtliche Sanitär-, Heiz-, und Elektroleitungen wurden erneuert.

„Wir haben für mehr Wohnraum auf so viele Verkehrswege wie möglich verzichtet“, sagt Thilo Holzer. „Daher gibt es zum Beispiel keine Diele mehr.“ Der Eingang erfolgt jetzt unten links von der Garage. Dann geht es eine Treppe hinauf. Da findet sich dann rechter Hand auch als guter Sichtschutz ein Geräteraum mit Aussparung an der Wand für eine gern genutzten Sitzbank. Zwischen dem Geräteraum und dem Haus ist die mit Holzboden belegte Terrasse, die raumhohen großen Glasschiebetüren im Haus bieten Einlass ins Zuhause der Familie.

Offene Räume

Die Wände zwischen Küche, Salon und Wohnzimmerchen mussten hier weichen, also das Mauerwerk zischen dem Holz-Fachwerk; die Holzbalken wurden freigelegt, und damit das Haus nicht einstürzt wurden verstärkende Eisenträger eingebaut. Küche mit weißen Einbaumöbeln vom Schreiner und der Wohnbereich gehen nun offen ineinander über, Helligkeit kommt über die raumhoch verglaste Terrassenseite ins Haus.

Und da, wo vorher der Eingang war, ist nun Platz für eine kleine Toilette. Die Treppe führt hinauf in den ersten Stock, zu Schlaf- und zwei Kinderzimmern und einem Bad. Wo möglich, wurde Altes erhalten, auch die Torfdämmung unterm alten Holzboden. Neue Böden wurden mit Räuchereiche verlegt.

Weil eines der Kinderzimmer ziemlich klein ist, wollen die Holzers demnächst das Dach als Elternrückzugsort ausbauen – vermutlich wird der auch dunkel gestrichen, „Wir stellen uns eine Art Schlafhöhle vor“. Falls die Kommissarin also mal krank oder im Homeoffice ist, kann sie auch vom Bett aus auf Mördersuche gehen.

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