In der Gastronomie stehen viele Betriebe mit dem Rücken zur Wand. Foto: dpa/Marijan Murat

Seit dem Herbst hat sich die Stimmung bei den Unternehmen in Baden-Württemberg eingetrübt. Dies zeigt die jüngste Umfrage der IHK Stuttgart. Größte Sorge ist der zunehmende Fachkräftemangel.

Stuttgart - Die Stimmung bei den Industrie- und Handelsunternehmen im Land und in der Region Stuttgart hat sich wieder eingetrübt. „Die Omikron-Variante von Covid-19 hat den Hoffnungen einen Dämpfer versetzt“, sagte die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart, Marjoke Breuning. „Die Zahl der Pessimisten nimmt weiter zu“, meinte Breuning, die auch Vizepräsidentin des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags ist. Nach der jüngsten Umfrage der Kammer bei 3700 Unternehmen im Südwesten stuften 13 Prozent ihre Lage als schlecht ein. Dies sind zwei Prozentpunkte mehr als bei der letzten Befragung im Herbst 2021, aber deutlich weniger als zu Beginn des vergangen Jahres.

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Auch bei den Erwartungen für die Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten stieg die Zahl der Skeptiker seit dem vergangenen Herbst wieder an und liegt jetzt bei etwa mehr als zwölf Prozent Der Anteil der Unternehmen, die eine Besserung erwarten, sank dagegen von knapp 36 Prozent auf knapp 33 Prozent. Ähnlich wie insgesamt im Südwesten zeigt sich auch die Entwicklung in der Region Stuttgart. „Wir haben hier einen Gleichklang“, sagt Oliver Kreh, der Chefvolkswirt der Stuttgarter Kammer. Große Unterschiede gibt es nur, wenn es durch den Fahrzeugbau zu Ausreißern nach oben oder unten kommt.

Fachkräftemangel ist die größte Sorge

Der durch die Pandemie etwas in den Hintergrund gerückte Fachkräftemangel ist inzwischen wieder das Problem, das den Unternehmen am meisten Sorgen bereitet. Wenn dazu noch in den nächsten Jahren die Generation der Babyboomer in den Ruhestand trete, „schlägt der demografische Wandel voll zu“, sagte Thomas Wiesbauer, der Präsident der IHK Bezirkskammer Ludwigsburg. Sechs von zehn Unternehmen können nach seinen Worten offene Stellen nicht besetzen. Die Unternehmen wollten sich daher zunehmend als attraktive Arbeitgeber präsentieren. Um Fachkräfte aus dem Ausland anzulocken, genüge eine Kampagne unter dem Titel „The Länd“, allerdings nicht, erklärte Breuning. Davon seien eher langfristige Effekte zu erwarten, meinte IHK-Hauptgeschäftsführer Johannes Schmalzl. Wichtig sind nach den Worten von Wiesbauer etwa die Weiterbildung der Mitarbeiter und bessere Bedingungen für die Verpflichtung von ausländischen Fachkräften.

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Hoffnungen auf den Export

„Unsere Industrie hat sich als erstaunlich robust erwiesen“, sagte die IHK-Präsidentin. Trotz Problemen wie Lieferengpässen bewerteten 50 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut, weitere 40 Prozent stuften sie als befriedigend ein. Große Hoffnungen setzt die Industrie auf den Export. Fast jedes zweite Unternehmen rechnet mit steigenden Ausfuhren nach Asien oder Nord- und Mittelamerika, immerhin 40 Prozent mit wachsenden Exporten in die Eurozone. Die Chancen auf den ausländischen Märkten werden damit noch besser beurteilt als im Herbst. Insgesamt am besten ist die Stimmung in der Bauwirtschaft, mit dem Rücken zur Wand stehen viele Betriebe des Einzelhandels und der Gastronomie.

Handwerk zeigt Zuversicht

Von der Politik fordert die Wirtschaft mehr staatliche Investitionen in Technologie und Infrastruktur, eine Stärkung der beruflichen Bildung und einen Abbau der Bürokratie. „Da fehlt uns manchmal der Schwung“ kritisierte Breuning. Der Umgang der Behörden mit Regeln und Vorschriften sei „maximal unflexibel und starr“, fügte Wiesbauer hinzu.

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Lichtblicke für das neue Jahr sieht das Handwerk. „Die Betriebe erwarten mehrheitlich eine Verbesserung ihrer Lage und steigende Umsätze“, sagte Rainer Reichhold, der Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstags. Nur das Dienstleistungsgewerbe beurteile seine Lage negativ. Insgesamt sei im Handwerk ein Umsatzplus von vier Prozent denkbar, meinte Reichhold.