Geschäftsführer Tobias Lanner (links) erklärt Kippenheims Bürgermeister Matthias Gutbrod, wie die Zentrifugen funktionieren. Sie stehen vor einem der kleinsten Modelle, das die Firma Lanner herstellt. Aber selbst dieses schafft es 250 Kilo Späne pro Stunde zu reinigen. Foto: Göpfert

Die Firma Lanner in Kippenheim hat eine besondere Auszeichnung bekommen: Ihr wurde die Wirtschaftsmedaille des Landes verliehen. Damit wurde unter anderem das besondere Engagement der Firma in Sachen Nachhaltigkeit gewürdigt.

Kippenheim - Wer ihn und sein Unternehmen für die Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg vorgeschlagen hat, weiß Firmeninhaber Tobias Lanner nicht. Die Freude darüber sei jedoch bei ihm und seiner Familie groß gewesen, berichtet er unserer Redaktion. "Papa, krass", habe etwa sein Sohn die Auszeichnung kommentiert. Auch Kippenheims Bürgermeister Matthias Gutbrod ist stolz, dass die Firma Lanner, die im Kehnerfeld angesiedelt ist, für die Wirtschaftsmedaille ausgewählt wurde. "Die Firma macht etwas Außergewöhnliches, was es nicht jeden Tag gibt, sie ist innovativ, zukunftsfähig und mitarbeiterfreundlich. Wir als Gemeinde sind stolz, sie bei uns zu haben und darauf, dass sie diese außergewöhnliche Auszeichnung erhält", erklärte Gutbrod, als er Tobias Lanner seine Glückwünsche und die der Gemeinde überbrachte.

Zentrifuge trennt Abfall in Bestandteile

Doch was macht die Firma Lanner eigentlich? Ihre Maschinen und Anlagen zerlegen den Abfall von Firmen in seine Einzelteile und gewinnen so wertvolle Rohstoffe zurück. "Wenn bei einer Firma bei der Produktion etwa mit Maschinenöl verschmierte Metallspäne anfallen, dann kann sie damit nicht viel anfangen. Im Gegenteil: Sie muss sie teuer entsorgen. Wenn unsere Maschinen es aber schaffen, diese beiden Rohstoffe voneinander zu trennen, dann hat die Firma wieder Öl und Metall, was sie wiederverwenden kann", erklärt Tobias Lanner. Eine Nachhaltigkeit, die gerade aktuell, wo es um hohe Energiepreise und Rohstoffeffizienz gehe, eine immer größere Rolle spiele. Möglich ist diese Trennung der Materialien mit Hilfe spezieller Zentrifugen, die Lanner für andere Firmen baut. Dort werden die Späne mit einer Kraft von bis zu 300g, also dem 300-fachem der Erdanziehung geschleudert und so in ihre Rohstoffe zerlegt.

1986 startete Gründer Klaus-Dieter Lanner die Firma in einer Garage in Mahlberg. 1991 zog sie ins Kehnerfeld nach Kippenheim um. Seit 2014 leitete sein Sohn Tobias die Firma. Inzwischen hat sich Lanner zu einer der großen Firmen der Branche weltweit entwickelt – und ist zu einer festen Marke geworden. Mit 35 Mitarbeitern, circa 3400 Quadratmetern Firmenfläche und einem Vor-Corona-Umsatz von 5,5 Millionen Euro. "Unsere Systeme liefern schon mit das beste System, um Rohstoffe zurückzubringen", erklärt Tobias Lanner stolz.

Kunden sind stolz auf die Maschinen der Firma

Das Besondere: "Bei uns ist alles aus einem Guss, das hebt uns weltweit von anderen Firmen ab. Unsere Techniker kennen jeden Bestandteil des Geräts. Jedes Ersatzteil, das der Kunde benötigt, können wir innerhalb von 24 Stunden rausschicken." Diese Verlässlichkeit mache sich bezahlt: "Die Kunden sind richtig stolz, unsere Anlagen zu besitzen. Sie kommen wieder – und werben weitere Kunden", so Lanner. Und das auf der ganzen Welt. So hat Lanner etwa auch Kunden in der Schweiz, Amerika und China. "Unsere Maschinen halten 20 bis 30 Jahre, bezahlt machen sie sich aber bereits nach einem halben Jahr. Ab dann machen die Firmen mit ihnen quasi nur noch Plus", so Lanner. Rund 20 000 Euro kostet die kleinste Maschine, die größten Anlagen mehrere Millionen Euro.

So hat die Firma dieses Jahr etwa fünf Exemplare der größten Schubboden-Zentrifuge der Welt gebaut. 20 000 Liter Späne pro Stunde kann eine von ihnen reinigen. Ein enormer Beitrag für Umwelt und Nachhaltigkeit. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Firma seit 35 Jahren Maschinen herstellt und derzeit mehr als 1000 von ihnen auf dem Markt hat.

Seine Kunden stammen hauptsächlich aus der Automobilindustrie, aber auch aus der Luft- und Raumfahrttechnik, der Medizintechnik. Zunehmend zeige auch die Recyclingindustrie Interesse. Den Abfall, den sie wieder in Rohstoffe verwandeln wollen, schicken sie der Firma als Testmaterial, sodass für den jeweiligen Stoff eine passende Lösung gefunden hat. Das sind vor allem meist Metallspäne, aber auch Plastik und Bauschutt spielen eine immer größere Rolle. Aktuell sei man dabei, an der Trennung von Batterieflüssigkeit zu forschen, um so etwa Nickel, Lithium und Cobalt zurückzugewinnen.

Die Mitarbeiter seien ein wichtiger Baustein des Erfolgs der Firma, betont Lanner. "Es ist wichtig, dass es ihnen gut geht. So bieten wir etwa auch Homeoffice und Flexzeit an – auch in der Produktion. Und das hat ich wirklich bezahlt gemacht: Die Arbeit wird genauso gut wie vorher erledigt, wenn nicht noch besser."

Das ist die Wirtschaftsmedaille

Herausragende Verdienste von Persönlichkeiten und Unternehmen um die Wirtschaft des Landes können mit der "Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg" gewürdigt werden. Wichtige Kriterien für die Verleihung der Wirtschaftsmedaille sind der Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen, gesellschaftlich verantwortliche und nachhaltige Unternehmensführung, Innovation, Forschung und Entwicklung, Technologie- und Wissenstransfer, ressourcenorientiertes Wirtschaften, Stärkung der Sozialpartnerschaft und die besondere Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Wirtschaftsmedaille wird bis zu 30-mal jährlich verliehen. Dieses Jahr ging sie an neun Persönlichkeiten und drei unternehmen. Über die Verleihung entscheidet derzeit die Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, Nicole Hoffmeister Kraut. Vorschläge dazu müssen an sie gerichtet werden. Selbst bewerben für die Auszeichnung können sich Unternehmen oder Persönlichkeiten nicht.