Nicht erst nach den abgelehnten Verhandlungen zu einem Ergänzungstarifvertrag stehen dem Kern-Liebers-Hauptstandort herausfordernde Zeiten bevor. Foto: Wegner

Der Betriebsrat am Hauptsitz von Kern-Liebers hat für die Beschäftigten die möglichen Konsequenzen zusammengefasst, die sich aus der Ablehnung der IG Metall-Mitglieder zur Aufnahme von Verhandlungen zu einem Ergänzungstarifvertrag ergeben.

Der Betriebsrat von Kern-Liebers hat die Beschäftigten am Standort Schramberg am Montag über ein mögliches Zukunftsszenario informiert – das sich eher wie ein Horrorszenario liest. „Was passiert, wenn wir den am 20. März verabschiedeten Weg einschlagen?“, ist das Betriebsratsinfo über schrieben, das der Redaktion vorliegt.

An diesem Datum haben die IG-Metall-Mitglieder von Kern-Liebers mit der knappen Mehrheit von 51,09 Prozent gegen die Aufnahme von Verhandlungen zu einem Ergänzungstarifvertrag gestimmt. An der Abstimmung beteiligten sich 68,3 Prozent der Mitglieder. Rund 30 Prozent der Beschäftigten am Standort Schramberg sollen nach Angaben von Insidern Mitglieder der IG Metall sein.

Der „linke Weg“

Im Betriebsratsinfo fasst der Betriebsrat zusammen, wie der dann einzuschlagende „linke Weg“ aussieht, den der Vorsitzende Geschäftsführer Erek Speckert am 14. März vorgestellt hatte.

Kein Kita-Zuschuss mehr

So wird demnach der Bereich Tragfedern aufgelöst, der Anteil an der Automobilproduktion von aktuell circa 75 Prozent läuft sukzessive ersatzlos aus, die Brennstoffzelle wird nicht am Standort Schramberg realisiert und der Aufbau des Textilgeschäfts wird vermehrt an Standorten mit niedrigen Lohnkosten stattfinden.

Zudem, wird aufgezählt, gibt es keine Zusicherung zu Investitionen am Standort Schramberg und es soll zudem Abstriche bei den sozialen Leistungen geben: Der Kantinenzuschuss von 3,50 Euro pro Essen wird gestrichen, es gibt keine weiteren Zuschüsse für das Sozialwerk seitens der Firma und der freiwillige Zuschuss für reservierte Kita-Plätze der Kita Oberreute wird eingestellt.

Arbeitsplatzabbau

Nach dieser Auflistung befasst sich der Betriebsrat mit der Frage, welche Folgen diese Maßnahmen für den Standort und die zur Zeit circa 1100 Beschäftigte haben: „Gemäß der Aufstellung von Herrn Dr. Speckert werden bis 2028 circa 430 Arbeitsplätze am Standort Schramberg abgebaut. Das bedeutet, circa jeder zweite muss gehen!“ Beim Sozialplan, dem sozialverträglichen Abbau von Arbeitsplätzen, werde die gesamte Belegschaft betrachtet, führt der Betriebsrat weiter aus. Damit dürfte gemeint sein, dass es nicht nur die Produktion, sondern auch die Verwaltungsbereiche betreffen wird.

Wir haben den Betriebsrat von Kern-Liebers um eine Stellungnahme gebeten. Über das vorliegende Betriebsratsinfo hinaus wollte er sich nicht weiter dazu äußern. Vom Vorsitzenden Geschäftsführer Speckert und der IG Metall Freudenstadt haben wir bis zum Redaktionsschluss keine Antwort auf unsere Anfrage bekommen.

Der „rechte Weg“?

Zum Jahresende 2022 war der bisherige Ergänzungstarifvertrag ausgelaufen. Die Geschäftsführung schlug Verhandlungen über eine Fortsetzung vor: Eine dauerhafte Absenkung der Sonderzahlungen, aber dafür im Gegenzug Investitionen von jährlich vier Millionen Euro und eine mögliche Produktion von Brennstoffzellenkomponenten am Standort Schramberg sollen die Vorstellungen der Geschäftsführung gewesen sein. Ein Arbeitsplatzabbau war in diesem Szenario nie ein Thema. Insider berichteten weiter von einer angestrebten Einsparungssumme von fünf Millionen Euro durch den „rechten Weg“.