Mike Kalinasch ist der neue Chef des Jobcenters im Schwarzwald-Baar-Kreis. Foto: Cornelia Spitz

Mike Kalinasch hat einen Job, der derzeit wohl nicht unbedingt ein Traumjob ist: Er ist neuer Geschäftsführer des Jobcenters im Schwarzwald-Baar-Kreis.

Noch nie war diese Aufgabe so herausfordernd wie jetzt. Die gemeinsame Einrichtung der Arbeitsagentur und des Landkreises ist „belastet vom Kontext Flucht“, wie der Geschäftsführer es ausdrückte.

Aktuell sind von den 3529 ausländischen Leistungsbeziehern 1509 aus der Ukraine – und die Unwägbarkeiten, wie es in dem umkämpften Land und mit den Menschen von dort weitergehe, seien groß. Der Vater im Krieg, die Mutter mit drei Kindern auf Zuflucht in Deutschland – viele der Geflüchteten aus der Ukraine sind alleinerziehende Mütter und damit eine Riesenherausforderung in mehrfacher Hinsicht.

90 Prozent mit Sprachniveau A0

1620 registrierte Menschen alleine aus der Ukraine sind zur Arbeitsvermittlung angemeldet – „das Sprachniveau liegt bei über 90 Prozent bei A0, beziehungsweise A1“, erläuterte Kalinasch und war damit auch schon an einem dicken Problem angekommen: „Wir haben nur bedingt Sprachkurse-Angebote“, daher sei es besonders wichtig, neue Angebote zu schaffen, um diese Menschen erfolgreich vermitteln zu können. 558 Ukrainer sind aktuell im Integrationskurs oder beendeten ihre Teilnahme, aber über 1000 weitere Bedarfe sind noch offen. „Das Thema Sprache stellt uns schon vor Herausforderungen“, gab Kalinasch offen zu.

Ein weiteres großes Problem, so Kalinasch, sei die Anerkennung der Ausbildungen und Abschlüsse – so gebe es beispielsweise sogar Ärzte, die dem Arbeitsmarkt noch nicht zur Verfügung stehen, da die Anerkennung noch ausstehe. Oft dauere es somit fast ganze zwei Jahre, bis eine Fachkraft sich auf dem hiesigen Arbeitsmarkt als solche niederschlagen. Ein Beispiel, das die Gemüter der Kreisräte besonders erhitzte: Es gebe unter den Ukrainern sogar Deutschlehrer, die hier problemlos auch Deutsch unterrichten könnten, aber noch nicht die erforderlichen Zulassungen dafür in der Tasche haben. „Wer transportiert diese Probleme dorthin, wo das geändert werden könnte?“, ereiferte sich beispielsweise Anton Knapp (SPD). „Es gehört reformiert“, schlussfolgerte auch Landrat Sven Hinterseh.

Betriebe und die Angst vor dem Zoll

FDP-Kreisrat Michael Steiger steuerte in der Diskussion auch die andere Seite der Medaille bei: Viele Betriebe im Gastgewerbe beispielsweise würden liebend gerne Flüchtlinge beschäftigen, allerdings bräuchten sie dabei Hilfe. Unter Unternehmern kursiere die Angst, dass eines Tages der Zoll auf der Matte stehe und moniere, „vor einem Jahr haben Sie einen Syrer eingestellt, den Sie gar nicht hätten beschäftigen dürfen und jetzt bezahlen Sie dafür, bitteschön, Strafe“.

Dennoch: Bei 322 Ukrainern ist die Arbeitsvermittlung trotz aller Hürden bereits gelungen, „davon lediglich 49 mit Sprachniveau A0“, also ohne Deutschkenntnisse. Aber „wie nachhaltig ist diese Vermittlung?“, wollte Markus Keller (CDU) im Kreisausschuss wissen. Immer wieder höre er als Bürgermeister Blumbergs von den Firmen dort, dass Menschen zwar erfolgreich vermittelt wurden, „aber nach fünf Wochen wieder weg sind“. Aussagen hierzu ließen sich aufgrund der Kürze der Zeit noch nicht treffen, bedauerte Kalinasch, betonte aber auch, dass Nachhaltigkeit ein ganz klares Ziel der Arbeitsvermittler sei.

Insgesamt liege die Integrationsquote auch im Schwarzwald-Baar-Kreis unter dem Soll, dies hänge mit dem erhöhten Zugang an Kunden zusammen, erläuterte Kalinasch und konnte trotzdem mit einer Erfolgsmeldung aufwarten: Das Jobcenter im Schwarzwald-Baar-Kreis sei bei der Integration erfolgreicher als der Durchschnitt in Baden-Württemberg und rangiere damit auf Rang drei von 33 im Vergleich der Jobcenter. Ein Teil des Erfolgsrezepts: Das Jobcenter warte nicht, bis die Flüchtlinge ihre Sprachkurse absolviert haben, sondern spreche unabhängig von der Notwendigkeit des Spracherwerbs von Beginn an mit ihnen, um sie möglichst schnell und parallel zum Spracherwerb zu vermitteln.

„Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist nach wie vor angespannt“, bilanzierte der Jobcenter-Chef und der Andrang dort ist riesig. Wir hatten heute Morgen wieder eine Schlange fast bis zur Türe raus, „das ist im Moment keine so schöne Situation“.

Zur Person

Mike Kalinasch
Seit dem 15. September ist er Geschäftsführer des Jobcenters im Schwarzwald-Baar-Kreis. Er trat damit die Nachfolge von Tobias Wilde an, der Chef des Jobcenters in Freiburg geworden ist. Kalinasch ist kein neues Gesicht, sondern bereits seit 2020 im Jobcenter der Region tätig.