Ein Fischer betrachtet die vom Hurrikan „Beryl“ beschädigten Fischerboote in der Bridgetown Fisheries. Foto: AP/dpa/Ricardo Mazalan

Der erste Hurrikan der Saison, „Beryl“ ist extrem schnell extrem stark geworden. So früh wurde über dem Atlantik noch nie ein Wirbelsturm der höchsten Kategorie gemessen.

Als außergewöhnlich früher und extrem gefährlicher Hurrikan der höchsten Kategorie zieht „Beryl“ durch die Karibik. Mit anhaltenden Windgeschwindigkeiten von bis zu 270 Kilometern pro Stunde ist er nach Angaben des US-Hurrikanzentrums NHC in Richtung Jamaika unterwegs. Auf den Windward-Inseln im Südosten der Karibik hinterlässt er eine Spur der Verwüstung, die erst allmählich offenbar wird.

 

„Beryl“ ist der erste Hurrikan der Anfang Juni begonnenen Saison im Atlantik. So früh in der Saison, die ein halbes Jahr dauert, wurde noch nie ein so starker Sturm registriert. Außergewöhnlich warmes Meereswasser macht solche Wirbelstürme immer wahrscheinlicher.

„Beryl“ hinterlässt Meer der Verwüstung in Grenada

Der Sturmjäger Brandon Clement hat gefilmt, wie der sogenannte Augenwall von „Beryl“ am Montag (1. Juni) auf der Insel Carriacou, die zum kleinen Karibikstaat Grenada gehört, noch als etwas schwächerer Hurrikan der Kategorie 4 auf Land traf.

Dächer werden von Häusern gerissen, als seien sie aus Pappe. Palmen knicken um wie Streichhölzer, Trümmerteile fliegen durch die Luft. Der Lärm von Wind und Regen ist ohrenbetäubend.

„Innerhalb einer halben Stunde ist Carriacou dem Erdboden gleichgemacht worden“, sagt Grenadas Ministerpräsident Dickon Mitchell in einem live übertragenen Briefing. Die Häuser auf der Insel seien fast komplett zerstört.

Grenada hat bisher zwei Todesfälle gemeldet. St. Vincent und die Grenadinen beklagen ein Todesopfer - auf der Insel Union seien 90 Prozent der Häuser beschädigt oder zerstört, teilt Ministerpräsident Ralph Gonsalves mit. Stromausfälle und blockierte Straßen erschweren die Kommunikation mit den besonders betroffenen Inseln.

Fischer ziehen ein vom Hurrikan „Beryl“ beschädigtes Boot zurück zum Dock der Bridgetown Fisheries. Foto: AP/Ricardo Mazalan/dpa

„Beryl“ ist stärkster je gemessener Atlantik-Hurrikan im Juli

In weniger als 24 Stunden entwickelte sich „Beryl“ am Sonntag(20. Juni) von einem Tropensturm zu einem Hurrikan der Kategorie 4 und ist nach dem Durchzug über Grenada noch stärker geworden. Zuvor war Hurrikan „Dennis“ am 8. Juli 2005 als frühester Wirbelsturm zu einem Hurrikan der Kategorie 4 geworden, wie der Experte Michael Lowry auf der Plattform X schreibt.

„Beryl“ sei der stärkste Hurrikan, der je im Juli über dem Atlantik gemessen worden sei, schreibt dort Philip Klotzbach, ein auf Hurrikans spezialisierter Meteorologe von der Colorado State University.

Ein Grund sei das extrem warme Meereswasser. „Der derzeitige Wärmeinhalt des karibischen Ozeans entspricht dem, was wir normalerweise Mitte September haben“, betont Klotzbach. Die aktivste Phase der Hurrikan-Saison ist meist zwischen Mitte August und Mitte Oktober.

Warmes Wasser lässt aktive Hurrikan-Saison erwarten

Der Klimawandel erhöht die Wahrscheinlichkeit starker Stürme wie „Beryl“. Nach einer Studie, die im Oktober in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht wurde, gewinnen tropische Wirbelstürme im Atlantischen Ozean und im Karibischen Meer durch steigende Oberflächentemperaturen immer schneller an Stärke.

Wegen des warmen Wassers und des erwarteten Einsetzens von „La Niña“, einer Phase kühleren Wassers im Pazifik, warnte die US-Wetterbehörde NOAA vor einer wahrscheinlich besonders starken Hurrikan-Saison im Atlantik in diesem Jahr.

Zur Info: El Niño und sein Gegenstück La Niña begünstigen Extremwetter in vielen Weltregionen. El Niño treibt die globale Durchschnittstemperatur in die Höhe, während La Niña einen kühlenden Effekt hat. Sie tauchen abwechselnd alle paar Jahre auf. Bei beiden verändern sich die Meeres- und Luftströmungen im und über dem süd-südöstlichen Pazifik.

El Niño steht dabei für eine Phase, in der eine bestimmte Region im Pazifischen Ozean besonders warme Wassertemperaturen aufweist. La Niña für die besonders kalte Phase. Die beiden Zyklen wechseln sich durchschnittlich alle drei Jahre ab.

Wellen schlagen gegen Palmen, während der Hurrikan „Beryl“ durch die Stadt Hastings auf Barbados zieht. Foto: AP/Ricardo Mazalan/dpa

Jamaikas Ministerpräsident warnt Bevölkerung

„Beryl“ bewegt sich laut NHC schnell in westnordwestlicher Richtung und wird voraussichtlich am Mittwoch (3. Juli) nahe an Jamaika und am Donnerstag (4. Juli) an den Kaimaninseln vorbeiziehen.

Es werde erwartet, dass er bis dahin etwas an Kraft verliere, aber immer noch am Rande eines schweren Hurrikans sei. Für die Dominikanische Republik und Haiti gelten Tropensturmwarnungen. Jamaikas Ministerpräsident Andrew Holness rief die Bevölkerung auf, sich vor dem erwarteten Durchzug von „Beryl“ mit Trinkwasser und Dosennahrung einzudecken.

Info: Saffir-Simpson-Hurrikan-WindSkalMesssa

Messskala
Die Saffir-Simpson-Hurrikan-Wind-Sskala wurde in den frühen 1970er-Jahren in den USA eingeführt. Seit 2010 werden die Winde in zehn Metern Höhe gemessen. Während Wirbelstürme sehr langsam ziehen, sind ihre rotierenden Winde sehr schnell.

Klassifizierung

Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach dient die Saffir-Simpson- Hurrikanskala Klassifizierung von Hurrikanen. Die beiden Meteorologen Herbert Saffir und Bob Simpson hatten sie im Jahr 1969 beim U.S. National Hurrikan Center eingeführt. Die Skala ist in fünf Kategorien eingeteilt und gibt Auskunft über:

  • Windgeschwindigkeit
  • Luftdruck
  • Anstieg Wasserspiegel

Kategorien

  • Tropische Depression: 46-62 km/h
  • Tropischer Sturm: 63-118 km/h
  • Kategorie 1 (schwach): 119-153km/h
  • Kategorie 2 (mäßig): 154-177 km/h
  • Kategorie 3 (stark): 178-208 km/h
  • Kategorie 4 (sehr stark): 209-251 km/h
  • Kategorie 5 (verwüstend): mehr als 251km/h

Mögliche Schäden

  • Kategorie 1: Schäden an Bäumen, Wohnwagen, mögliche Überschwemmungen von Küstenstraßen und leichte Schäden an Hafenanlagen.
  • Kategorie 2: Bäume knicken um, stärkere Schäden an Wohnwagen, Beschädigungen an Dächern, Fenstern und Türen von Gebäuden.
  • Kategorie 3: Strukturelle Schäden an kleineren Gebäuden, große Bäume werden umgeknickt, Überflutungen in Küstennähe.
  • Kategorie 4: Starke Schäden an Wänden und Dächern von größeren Gebäuden, alle Bäume und Sträucher werden umgeweht, Küstengebiete, die niedriger als 3 Meter über dem Meeresspiegel liegen, werden überflutet.
  • Kategorie 5: Häuser und Brücken werden zerstört, kleine Gebäude vollständig um- oder weggeweht, Schiffe werden Hunderte von Metern an Land geworfen. Küstengebiete niedriger als 5 Meter über dem Meeresspiegel sind bis 16 Kilometer landeinwärts überschwemmt.