Der sicherheitspolitische Experten Roderich Kiesewetter fand beim Heringsessen der CDU in Ettenheim deutliche Worte in Bezug auf den Ukraine-Krieg. Foto: Decoux

Für Roderich Kiesewetter, den außen- und sicherheitspolitischen Experten der CDU, steht außer Frage: „Wir müssen die ukrainische Führung unterstützen, damit die Ukraine diesen Krieg gewinnt. Russland muss das Verlieren lernen.“ Das erklärte er beim Heringsessen der CDU in Münchweier.

Der auch über das Fernsehen bekannte der Oberst außer Dienst und CDU-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Aalen/Heidenheim, Roderich Kiesewetter, referierte beim außerordentlich gut besuchten Heringsessen des CDU-Südbezirks im Rebstock in Münchweier. „Nach einem Jahr ‚Zeitenwende‘ – wo stehen wir in Deutschland“. Diese Fragestellung hatten sich Gastgeber und Gastreferent für den „Ascherdonnerstag“ mit Blick auf die Zeitenwenden-Rede von Kanzler Olaf Scholz vor einem Jahr bei Ausbruch des Ukraine-Kriegs vorgenommen.

 

Kiesewetter beleuchtete die Vorgeschichte auf diesen Krieg schon ab dem Jahr 2007. Estland, der Anschlag auf Georgien, die Krim, das Brechen des Mittelstrecken-Raketen-Vertrags – für Kiesewetter bereits deutliche Hinweise auf Putins Vorhaben. „Wir haben das damals in Deutschland verschlafen“, so sparte Kiesewetter auch nicht mit kritischen Worten für die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, die auf das Prinzip Wandel durch Handel setzte.

Das Heringsessen des CDU-Südbezirks im Rebstock in Münchweier war außerordentlich gut besucht. Foto: Decoux

Deutschland dürfe eine Vernichtung der Ukraine nicht zulassen

Eine deutliche Diskrepanz zwischen Worten und Taten machte Kiesewetter auch mit Blick auf die Zeitenwenden-Rede von Olaf Scholz zu Kriegsbeginn aus. Vieles von dem, was der Kanzler am 27. Februar 2022 angekündigt habe, sei von der Regierung lange Zeit nicht angepackt worden. Deutschland dürfe aber eine Vernichtung der Ukraine durch Russland nicht zulassen.

Nicht nur, dass dann Moldawien das nächste Ziel Putins sei, sondern weil eine Niederlage der Ukraine mit massiver Auswanderung verbunden sei. Europas südliche Nachbarn dürften dann nämlich an der Partnerschaft zweifeln und sich an China anhängen. Auch die USA würden dann den eigenen Wohlstand in einer Partnerschaft mit China suchen. Selenskyj habe Putin gegenüber Friedensangebote gemacht, unzählige Staatsmänner, sogar der Papst hätten sich mit Putin besprochen: allesamt ergebnislos. Jetzt helfe einfach nur noch geduldig abzuwarten, zumal man wisse, dass die russischen Streitkräfte sich in einem mehr als maroden Zustand befänden; zumal man um die Unzufriedenheit von Frauen, Müttern, Witwen oder ethnischen Minderheiten wisse; die russische Wirtschaft zunehmend schwächele.

Putin habe ganz vieles falsch eingeschätzt. Jetzt müsse er lernen, zu verlieren – und mit tatkräftiger militärischer Unterstützung der Ukraine sei das zu erreichen, so Kiesewetter. „Russland hat die Uhr, wir die Zeit“, so der außenpolitische Experte.

Deutschland müsse sich stärker um die Sicherheit bemühen

„Und was bedeutet das alles für uns?“, so schlug Kiesewetter den Bogen nach Deutschland. Nicht zuletzt die Zuwanderung aus der Ukraine habe aufgezeigt, dass „Deutschland im Bereich der Digitalisierung deutlich abgehängt“ ist. In Sachen Rentenreform sei nichts geschehen, im Bereich der Bildung sei dringender Investitionsbedarf. Einer „Anstrengungskultur“ sprach Kiesewetter das Wort. Ausländern müsse in beruflichen Ausbildungsgängen mehr zugetraut werden. Einjährige Freiwilligendienste würden viele Chancen eröffnen. In zivile wie militärische Reserven müsse nach seiner Ansicht investiert werden. Billige Wertschöpfungsketten seien kontraproduktiv. Deutschland müsse sich stärker um innere und äußere Sicherheit bemühen.

Dem Vortrag Kiesewetters folgte eine rege Aussprache der mehr als 70 Veranstaltungsbesucher. Welches Zeitfenster er sehe, wurde der Referent gefragt. Ob die Lieferung weiterer Waffen die tapferen ukrainischen Soldaten zusätzlich motivieren könne? Ob er Europa von den USA getrieben sehe? Wie er die Fähigkeiten des neuen Verteidigungsministers Pistorius einschätze? Wie groß er die Gefahr eines atomaren Angriffs, auch auf Deutschland, einschätze? Auch Stimmen, die Verhandlungen lieber sehen würden als weitere militärische Unterstützung wurden laut.

Kiesewetter machte deutlich, dass er in militärischer Unterstützung die einzige Möglichkeit sieht, Putin in seine Grenzen zu verweisen und weitere Angriffe zu verhindern. „Wir sind zu spät. Deutschlands Verhalten hat das Sterben verlängert“, so bekundete Kiesewetter seine Einschätzung.