Beim Neubau des Tunnels bei Ostelsheim ist laut Helmut Riegger mehr als die Hälfte geschafft. Foto: Fritsch

Eigentlich ist alles in Butter mit der Hermann-Hesse-Bahn. Dem Fazit, das Vorsitzender Helmut Riegger vor der Versammlung des Zweckverbands zum Jahresende zog, lässt sich kaum etwas entgegensetzen.

Calw - Der Calwer Landrat wies darauf hin, dass man Zeitplan und Kosten im Griff hat. Das laufe anders als bei anderen öffentlichen Großprojekten wie Berliner Flughafen oder Hamburger Elbphilharmonie. Und das trotz schwieriger Rahmenbedingungen wie Corona-Pandemie und Lieferengpässen. In den vergangenen zwei Jahren sei die Hesse-Bahn "mit großen Schritten vorangebracht worden", so Riegger. Die Brücken in Ostelsheim und Althengstett seien ebenso fertig gestellt wie die beiden Ausweichquartiere für die Fledermäuse. Beim Neubau des Tunnels bei Ostelsheim sei mehr als die Hälfte geschafft, der Durchbruch bis zum Frühjahr zu erwarten.

 

Verkehrsministerium beeindruckt

"Wir sind die einzige Nebenbahn in Baden-Württemberg, die das hinbekommen hat", so der Verbandsvorsitzende. Das habe auch beim Verkehrsministerium durchaus Eindruck gemacht, mit dem man "schnell, klug und zeitnah" zusammenarbeite. Das stimmt Riegger positiv, was die Anbindung von Nagold und des südlichen Landkreises an die Stuttgarter S-Bahn anbelangt.

"Wir können 2023 einsteigen", so der Landrat. Das sollte den Mitgliedern des Zweckverbands Vertrauen geben, den Bau- und Wirtschaftsplänen zuzustimmen.

Riegger nahm damit Bezug auf die Diskussion, die um den Umbau des Calwer Bahnhofs entbrannt war. Da fühlte sich Verbandsmitglied Clemens Götz über die Kostenaufteilung zwischen Zweckverband und Stadt Calw nicht ausreichend informiert. Der Vortrag des kaufmännischen Geschäftsführers Michael Stierle habe zu viel Neues enthalten.

Verknüpfung mit Corona

Der Calwer Oberbürgermeister Florian Kling machte seinen Althengstetter Amtskollegen darauf aufmerksam, dass den Verbandsmitgliedern eine Woche vor der Sitzung eine Kostenaufstellung zugegangen sei. Dennoch beharrte Götz vorerst darauf, den Sachverhalt nochmals schriftlich zusammenzufassen, den Mitgliedern zugehen zu lassen, die dann bis Montag ihre Zustimmung geben könnten. Dadurch halte sich die Verzögerung in Grenzen.

Götz verknüpfte das auch noch mit der Allgemeinverfügung zur Corona-Testung von Kita-Kindern, die vom Landrat entgegen dem Votum der Bürgermeister erlassen worden sei. Er stieß damit auf Unverständnis im Gremium, da die anderen Mitglieder den Zusammenhang nicht so recht erkennen konnten. Erst nachdem die von Kling erstellte Aufgliederung der Kosten verlesen wurde und diese dem Protokoll beigefügt werden, ließ sich Götz umstimmen.

Stadt saniert Aufzüge

Diese Kostenaufteilung sieht vor, dass der Zweckverband alles bezahlt, was die Einrichtung des Haltepunkts am Calwer ZOB anbelangt. Die Stadt trägt im Wesentlichen die Kosten für die Sanierung der beiden schon vorhandenen Aufzüge sowie den Bau eines dritten Express-Aufzugs. Zudem sorgt sie mit einem Fußweg dafür, dass das im Bereich der Hengstetter Steige geplante Wohnquartier angebunden werden kann. Und sie bezahlt die Verbreiterung des Stegs zwischen Bahnsteig und Aufzugsturm, die dadurch notwendig wird.

Das Zwei-Millionen-Euro-Projekt erweist sich als technisch aufwendig. Um das böschungsseitige Stegwiderlager herzustellen und den Steg einzuheben, muss der Bahnverkehr der Kulturbahn an zwei Wochenenden gesperrt werden. Zudem wird voraussichtlich in der Bischofstraße an der Kreuzung Marktbrücke/Parkhaus ZOB an einem Wochenende der Verkehr ruhen.

Zuschuss vom Land

Um bis zum Eintreffen des Landeszuschusses liquide zu bleiben, ist im Wirtschaftsplan des Verbands ein Kassenkredit von 40 Millionen Euro eingestellt.

Mehrere öffentliche Äußerungen von Landesverkehrsminister Winfried Hermann lassen, so Stierle, keinen Zweifel daran, dass der Zuschuss kommen wird.

Was die Beteiligung des Landkreises Böblingen in Höhe von 3,8 Millionen Euro anbelangt, die Riegger mit seinem Amtskollegen Roland Bernhard vereinbart hatte, möchte der Calwer Landrat demnächst nachhaken. Bislang sei auf Böblinger Seite im Kreistag diesbezüglich noch nichts entschieden worden.

Das Gremium stimmte zu, dass der bisherige stellvertretende Geschäftsführer Holger Schwolow zum technischen Geschäftsführer bestellt wird. Dies ergebe sich, wie es in der Sitzungsvorlage heißt, aus der täglichen Arbeitspraxis und aus der Komplexität des Projekts. Mehrkosten seien damit nicht verbunden. Zudem wurde Riegger, dessen Amtszeit am 9. Januar ausläuft, für weitere fünf Jahre zum Verbandsvorsitzenden gewählt.