Im Dauereinsatz: ARD-Expertin Kati Wilhelm, die frühere Biathletin Foto: dpa

Die Olympischen Spiele haben noch gar nicht begonnen, und schon quälen einen die öffentlich-rechtlichen Sender mit über neunstündigen Live-Übertragungen vom Wintersport. Darunter Top-Ereignisse wie Skibergsteigen. Sind die noch ganz bei Trost?

Schladming - An diesem Samstag hat das Fernsehen die Freunde des Wintersports auf Magerkost gesetzt: Nur 8 Stunden und 15 Minuten dauert die Übertragung der ARD. Nur 8 Stunden und 15 Minuten? Wer sich an Übertragungen von deutlich über neun Stunden gewöhnt hat, dem kommt das vor wie eine Entziehungskur. Alle anderen fragen sich: Sind die noch bei Trost?

Es handelt sich bei der ARD um einen quasi staatlichen Sender, der von allen Bürgern eine Zwangsgebühr eintreibt. (Das ZDF ist keinen Deut besser, aber an diesem Wochenende nicht dran.) Rechtfertigung für diese Zwangsgebühr ist die Doktrin von der Grundversorgung des Publikums mit Information. Grundversorgung – darunter versteht man neuerdings auch die Live-Übertragung von Wettbewerben im Skibergsteigen.

Aber was heißt da Wettbewerb? Im Wintersport ist alles immer Weltcup. Das liegt daran, dass die meisten Sportarten von so wenigen Leuten betrieben werden, dass man sie aus der ganzen Welt zusammenrufen muss, um einen halbwegs passablen Wettkampf ausrichten zu können. Oder kennen Sie jemanden, der Skispringer ist? Oder Biathlet?

Selbst Rugby spielen in Deutschland mehr Menschen (14 000), als der Bob- und Schlittenverband Mitglieder hat (6200). Rugby! Von Keglern oder Sportschützen ganz zu schweigen, die nach Millionen zählen, aber nie im Fernsehen kommen.

Volleyball-Trainer Stelian Moculescu, mit dem VfB Friedrichshafen zwölfmal deutscher Meister, ätzt: „Im Biathlon gibt es in Deutschland ein paar Hundert Leute, die das aktiv betreiben. Aber Volleyball hat 500 000 Mitglieder, Handball 800 000, Turnen wahrscheinlich noch mehr.“

Die Vertreter der öffentlich-rechtlichen Eiskanäle halten eine andere Statistik hoch. ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz verkündete am Ende des vergangenen Winters, dass allein seine Übertragungen vom Biathlon im Schnitt 3,85 Millionen Leute verfolgt hätten – noch mal fast eine halbe Million mehr als im Jahr davor. Gruschwitz: „Das Interesse an den langen Wintersport-Strecken ist vorhanden. Das beweisen die guten Quoten, die man mit anderen Formaten zur selben Zeit nicht erreichen würde.“

Gegen die Quote kommt kein Unbehagen an, die eiskalte TV-Tyrannei wird also weitergehen. Bleibt als Trost nur, dass neun Stunden Kegeln live auch nicht wirklich besser wären.