Para Skisport alpin: Andrea Rothfuss lobt Organisation und gutes Essen in Pyeongchang.

Eigentlich sollte sie nach der gemeinsamen Rückkehr der deutschen Paralympicmannschaft aus Pyeongchang am Montag Abend bereits gestern wieder an ihrer Ausbildungsstelle beim Württembergischen Schützenverband in Stuttgart sitzen.

Dann aber kam Andrea Rothfuss eine Einladung zum ZDF-Mittagsmagazin nach Mainz dazwischen. Während der Zugfahrt in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt sprach der Schwarzwälder Bote mit der fünffachen Medaillengewinnerin in den alpinen Skirennen über die Eindrücke bei ihrer vierten Teilnahme an Winter-Paralympics.

Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu den vier zweiten und einem dritten Platz in den fünf Rennen in Südkorea. War im Vorfeld mit diesem Medaillen-Durchmarsch zu rechnen?

Nein, mit fünf Medaillen hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Natürlich hatte ich schon auf einen erneuten Paralympicsieg gehofft, aber durch diese große Medaillenausbeute wird das fehlende Gold mehr als ausgeglichen.

Schon das Auftaktwochenende mit den beiden Silbermedaillen in den schnellen Disziplinen dürfte eine Überraschung gewesen sein?

Das ist richtig, denn zuvor sind etliche Rennen ausgefallen und beim Weltcup-Finale in Kimberley ist es auch nicht optimal gelaufen. Dazu kam der große Rückstand von mehr als sechseinhalb Sekunden beim einzigen Trainingslauf der Paralympics. Danach hatte ich eigentlich wirklich nicht im Traum an eine Abfahrtsmedaille zu hoffen gewagt.

Noch deutlich kleiner war der Rückstand auf die Siegerin Marie Bochet dann beim Super-G?

Das war bei einem Rückstand von unter drei Zehntelsekunden eine richtig enge Kiste. Und ich glaube auch, dass Marie dadurch im Hinblick auf den Super-G in der folgenden Super-Kombination unter Druck geraten ist. Das hat sich dann wohl in ihrem Ausfall niedergeschlagen.

Und das war die große Chance auf Gold nach dem Slalomsieg in Sotschi. Woran hat es gelegen, dass es diesmal nicht geklappt hat?

Zum einen ist mir der Slalomlauf nach dem Vorsprung von knapp einer Sekunde nicht so aufgegangen, wie ich es mir erhofft hatte. Ich war nicht locker genug, denn ich hätte einfach nur das runterbringen müssen, was ich eigentlich kann. Anderseits ist Mollie Jepsen auch ein Superlauf gelungen und sie hat daher verdient gewonnen.

Nicht nur die junge Kanadierin, sondern auch Stephanie Jallen war im Kombinationsslalom deutlich schneller. Wie waren die Aussichten vor dem Spezialslalom, nachdem es zuvor im Riesenslalom wieder Silber gegeben hatte?

Ich muss sagen, dass mit auch in dieser Disziplin keine komplett fehlerfreien zwei Durchgänge gelungen sind. Vor dem Slalom war mir schon klar, dass Marie Bochet wohl gewinnen würde, wenn sie gut durchkommt. Dahinter hatte ich einige Fahrerinnen auf dem Zettel, darunter auch Stephanie Jallen, die mich in Veysonnaz bereits einmal geschlagen hatte. Deshalb war ich mit dem dritten Platz auch wirklich sehr zufrieden.

Abseits vom sportlichen Ergebnis. Wie fällt das Fazit nach den vierten Paralympics aus?

Man kann den Veranstaltern ein Kompliment machen, denn es war alles sehr gut organisiert. Das Essen war bedeutend besser als in Sotschi, auch wenn ich zu meiner eigenen Überraschung tatsächlich zwei Kilo abgenommen habe. Was die Unterkunft betrifft, waren wir zufrieden, zumal wir an praktisch allen Tagen lange auf Ski unterwegs waren. Was die Pistenverhältnisse angeht, war es am Ende bei den vergleichsweise hohen Temperaturen ähnlich problematisch wie vor vier Jahren in Russland. Allerdings haben die Arbeiter einen besseren Job bei der Präparierung der Kurse gemacht.

Nach den Erfolgen gab es dann ein Tänzchen im zum "Alpenhaus" erweiterten Deutschen Haus. Wie war dort die Stimmung?

Die Atmosphäre war einfach genial; das Alpenhaus war richtig cool. Da ich mich mit den österreichischen und schweizerischen Athleten ohnehin gut verstehe, war es eine gute Gelegenheit einmal auch abseits der Piste in aller Ruhe miteinander zu plaudern. Das macht ohnehin für mich den besonderen Reiz bei Paralympics aus: Mich mit Sportlern aus anderen Disziplinen austauschen zu können, die man sonst nicht trifft.

Wie ist der Rückflug verlaufen?

Er war okay, aber doch recht lang. Mein Sitznachbar war aber der Freiburger Schlittenfahrer und Paralympicsieger Martin Fleig. Ihn kenne ich von den nordischen Skisportlern noch am besten und wir konnten uns gut unterhalten.

Wie sind die Pläne für die nächsten Tage?

Nach meinem Auftritt im ZDF-Mittagsmagazin sind für Donnerstag an meinem neuen Wohnort Rommelshausen durch die Gemeinde und am Freitag in Stuttgart vom Olympiastützpunkt und dem Landes-Behindertensportverband Ehrungen geplant. Am 11. April komme ich in die Schwarzwaldhalle zur dortigen Ehrung für die Winter-Spitzensportler, das habe ich mit den Baiersbronnern bereits ausgemacht. Ab Mittwoch sitze ich aber auch schon wieder in meinem Büro.

Das heißt auch, jetzt steht erst einmal wieder die laufende Ausbildung im Vordergrund?

Ich habe noch kurz vor der Abreise am 28. Februar die Zwischenprüfung in der Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau abgelegt und bis zum Abschluss jetzt noch eineinhalb Jahre vor mir. Die Arbeit bei einem Sportverband finde ich sehr interessant, denn sie erlaubt auch einen Blick hinter die Kulissen. Daher wird mir mancher Ablauf jetzt auch plausibler, der mir als Sportlerin zuvor nicht so verständlich war.

Bei einer Angestellten in der Geschäftsstelle des Württembergischen Schützenverbands stellt sich die Frage, ob sie es schon einmal selbst mit dem Sportschießen versucht hat?

Ich hatte zuvor keinen Kontakt zu dieser Sportart, habe mittlerweile aber doch einige Schüsse mit der Luftpistole abgegeben. Das war interessant und ich habe gemerkt, dass es nicht so leicht ist wie es vielleicht aussieht.

Wie sehen die Karrierepläne aus? Wird es eine fünfte Paralympic-Teilnahme 2022 in Peking geben?

Klar ist im Moment nur, dass ich bis zu den Weltmeisterschaften 2019 in der Schweiz weitermachen werde. Die Rennen und das Skifahren machen wir nach wie vor viel Spaß, aber die 39,5 Stunden im Büro plus dem umfangreichen Training im Sommer gehen doch an die Substanz. Ich will daher erst einmal abwarten, wie ich mich nach den nächsten Monaten fühle und wie viel Energie noch im Körper steckt. Und dann muss ich auch noch sehen, was nach dem Ende meiner Ausbildung im Sommer 2019 beruflich auf mich zukommt.