David Siegel wird von Rettungssanitätern abtransportiert. Foto: Sokolowski

Skispringen: Bundestrainer Werner Schuster nach David Siegels schwerer Verletzung mächtig verärgert.

Markus Eisenbichler, Karl Geiger und Stephan Leyhe standen bedröppelt auf dem Siegerpodest, statt ihres schwer gestürzten Teamkollegen David Siegel (Baiersbronn) hatten sie immerhin dessen Ski dabei.

Die Verletzung des Erzpechvogels warf einen tiefschwarzen Schatten auf den Triumph der deutschen Springer im Hexenkessel von Zakopane, Siegels Malheur sorgt einen Monat vor der WM für große Betroffenheit. "Das ist doch einfach kacke", sagte Vierschanzentournee-Held Eisenbichler, dem der Schrecken ins Gesicht geschrieben stand – am Tag danach belegte er im Einzelwettkampf beim Sieg des Österreichers Stefan Kraft nur Platz 26, bester Deutscher war Stephan Leyhe als Siebter. Geiger, nur 24. am Sonntag, meinte nach dem Teamerfolg wehmütig: "Es ist ein komisches Gefühl, zu gewinnen und sich trotzdem nicht richtig freuen zu können. Unsere Gedanken sind bei David."

Auf dem Siegerfoto nahm Schanzenlegende Helmut Recknagel (81) Siegels Platz ein – und wirkte reichlich deplatziert. Siegel selbst meldete sich kurz darauf per Instagram-Foto aus dem Hospital von Zakopane, zeigte im Krankenbett das Victory-Zeichen. Den Sieg bei seinem ersten Teamspringen im Weltcup hatte der 22 Jahre alte Dürrenmettstetter (Kreis Rottweil) aber teuer bezahlt. Zwar wird die genaue Diagnose erst nach weiteren Untersuchungen Anfang der Woche feststehen, beim Deutschen Skiverband gehen sie aber vom Worst Case aus: Schwere Bänderverletzung im rechten Knie, womöglich ein Kreuzbandriss, sehr wahrscheinlich das Saisonende.

"Das ist extrem bitter. Ich will nicht vorgreifen, aber wir haben wohl einen Sportler verloren für den Rest der Saison", sagte ein tief geknickter Bundestrainer Werner Schuster, nachdem sein Schützling auf einer Trage aus dem Stadion gebracht worden war.

Siegel hatte am Samstag im zweiten Durchgang den Absprung perfekt erwischt. Wo kurz vor und nach ihm Eisenbichler (143,0 m) und der Pole Dawid Kubacki (143,5) bei ihren Schanzenrekorden sowie bei ähnlich weiten Flügen die Topstars Stefan Kraft und Kamil Stoch ihre Sprünge mit teils erheblicher Mühe stehen konnten, zerlegte es den auf diesem Niveau nicht allzu erfahrenen Siegel bei der Landung nach 142,5 m gnadenlos.

Natürlich habe Siegel beim Landeanflug einen Fehler gemacht, sagte Schuster, ging aber mit dem Kampfgericht hart ins Gericht. "Es war ein großer Fehler der Jury, nach Eisenbichler den Anlauf nicht zu verkürzen", schimpfte der Österreicher am Ende eines eigentlich großen Wettkampfes.

Dass das junge deutsche Team ohne die Topstars Richard Freitag (nicht aufgeboten) und Andreas Wellinger (nicht nach Polen gereist) sowie trotz Siegels Sturz mit der Winzigkeit von 0,1 Punkten vor Österreich den Tagessieg holte, zeigte nämlich die ganze Stärke der DSV-Adler vor den Weltmeisterschaften in Seefeld (19. Februar bis 3. März).

Dass Siegel diese nun wohl verpassen wird, ist unwahrscheinlich bitter. Nach seinem DM-Titel 2016 setzten ihn hartnäckige Probleme im Sprunggelenk lange außer Gefecht, eine OP wurde nötig. Nach dieser schwierigen Zeit fand Siegel nur langsam Anschluss, doch in den vergangenen Wochen gelang ihm der Sprung in die Weltspitze, zuletzt mit einem fünften Platz in Val di Fiemme. "Ich hätte nie gedacht, dass es so schnell geht", sagte Siegel da – nun wird wohl leider vieles wieder langsamer gehen.