Den Mund weit aufgerissen segelt Luca Roth hinab ins Tal. Foto: Eibner

Ski Nordisch: Ein Besuch im Furtwanger Ski-Internat bei Rolf Schilli. Stützpunktleiter ist DSV-Coach des Jahres.

Neon ist eine Bezeichnung für Farben und Farbmittel von hoher Leuchtkraft. In der grünen Variante kommt diese Kolorierung an diesem sonnigen Oktober-Vormittag in Furtwangen, genauer im dortigen Ski-Internat (SKIF), noch intensiver zur Geltung. Rolf Schilli hat sich einen Kapuzenpullover in dieser Farbe ausgesucht, sitzt in seinem Büro am Schreibtisch. Der Laptop ist an, die Kaffeemaschine bereit. Plötzlich kommt Ina Metzner durch die offene Tür. "Da ist ja die deutsche Biathlon-Trainerin des Jahres", verweist Schilli auf die Auszeichnung der Schüler- und Jugendkader-Betreuerin. "Und da sitzt der Skisprung-Trainer des Jahres", gibt Metzner das Kompliment zurück. Es gibt aber noch viel zu tun, bis die beiden Trainer rund 36 Stunden später vom Deutschen Ski-Verband (DSV) in Herzogenaurach feierlich geehrt werden.

Zeit genug, um sich über die Entwicklung des Skisprungs zu unterhalten. "Dieser ist auf jeden Fall eine Ganzjahres-Sportart geworden. Dies war zu meiner aktiven Zeit noch etwas anders", erinnert der 52-Jährige an die 80er Jahre, als er noch selbst um Weltcup-Punkte kämpfte. "Ich liebe einfach den Sprunglauf. Das Gefühl, von einer Schanze zu springen, vergisst man nie. Und dieses gebe ich nun seit fast 25 Jahren an den Nachwuchs weiter", beschreibt der Förderer von Martin Schmitt, Severin Freund, Andreas Wellinger, Andreas Wank, Carina Vogt und vielen mehr die Faszination des Skispringens.

Der Sommer

Eines hat sich aber nicht verändert. "Gute Wintersportler werden im Sommer gemacht. Dieser Spruch gilt noch immer", betont Schilli, dass die derzeit 15 Mitglieder seines SBW-Kaders (Skiverbände Baden-Württemberg) in den vergangenen Wochen und Monaten ihre Hausaufgaben gemacht haben. "Für die älteren Springer stehen im Juli und August schon die ersten Mattenwettbewerbe an. Dabei geht es für sie auch um die Qualifikation für den Continental- und FIS-Cup", verweist der frühere deutsche Vizemeister auf die Bedeutung der Sommerevents.

Dann muss natürlich auch schon das Material passen. "Dieses wird im Nachwuchsbereich immer wichtiger. Da müssen wir immer auf dem neusten Stand sein", blickt Schilli auf die zahlreichen Sprunganzüge und Skischuhe, die in seinem Büro verteilt sind. In Sachen Technik sorgen vier Lehrgänge dafür, dass die Talente bereit für die Sommeraufgaben sind. "Sie müssen einfach viel springen. Natürlich gibt es in den Bereichen Methodik und Intensität Unterschiede zwischen den älteren und den ganz jungen Jahrgängen", geht es für die Youngster eben noch darum, sich für den Alpencup oder den Deutschland-Pokal zu qualifizieren.

Der Herbst

Nach der Wettkampfphase von Juni bis September steht erst einmal eine kleine Pause für die Talente an. Urlaub und aktive Regeneration sind angesagt. "Eben Ablenkung und Abwechslung vom Spingen", geht es für die Nachwuchscracks auch einmal zum gemeinsamen Wasserskifahren. "Da haben einige unserer Sportler ebenfalls viel Talent bewiesen", blickt Schilli zurück und lacht.

Es folgt die intensive Vorbereitung auf den Winter. Und dann heißt es wieder: Springen, springen und noch einmal springen. Erstmals landen die SWB-Talente wieder Mitte November im norwegischen Lillehammer im Schnee. Vier Trainingstage, acht Einheiten und 50 bis 60 Sprünge stehen in der Olympiastadt von 1994 auf dem Plan. "Dieser Lehrgang ist unglaublich wichtig für den Winter", verweist Rolf Schilli auch darauf, dass er im Bereich Infrastruktur im Schwarzwald Verbesserungsbedarf sieht.

"Wir können eben mittelfristig mit den anderen Stützpunkten und Landesverbänden nur konkurrieren, wenn wir auch in Sachen Schanzen, damit meine ich moderne Profile, ähnliche Voraussetzungen haben", ist der Landestrainer froh, dass der Anlauf der K95-Anlage in Hinterzarten – auch auf Druck von Schilli und Co. – generalsaniert, für rund 2,2 Millionen Euro den heutigen Normen angepasst wird.

Der Winter

"Weiter wäre es wichtig, dass gerade die Kinderschanzen der Region, also in Schönwald, Breitnau, Menzenschwand oder Griesbach, mit Aufstiegshilfen ausgestattet werden", betont der Bundesstützpunktleiter von Hinterzarten. "Es muss einfach so sein, dass die Schanzen präpariert sind, damit wir auch mal spontan zu einer Trainingseinheit kommen können. Wir können nicht immer eine Schanze selbst herrichten", weiß Schilli, dass während der Winter-Saison oft viel Detailarbeit ansteht, um bei den Sportlern kleine Fehler auszumerzen. "Und dann kann man eben nicht immer nach Bayern oder Österreich fahren", freut sich der 52-Jährige darüber, dass die Schonacher Langenwaldschanze seinen Athleten im Januar und Februar wohl zur Verfügung stehen wird. "Wir haben aktuell auch international erfolgreiche Springer aus Baden-Württemberg. In der Vergangenheit haben unsere Sportler ja ebenfalls viele Medaillen gewonnen, für Aufsehen gesorgt. Wenn dies aber so bleiben soll, dann müssen wir stetig in die Infrastruktur investieren." "Flügellahme" Schwarzwald-Adler wären mittelfristig sonst die Folge. "Die Sportler hören auf oder gehen an Stützpunkte außerhalb Baden-Württembergs."

Der Kaffee ist längst ausgetrunken, da kommt der Landestrainer noch auf eine besondere Idee, um den Wintersport-Standort Schwarzwald zu stärken. "Wir haben ja viele Weltcups, gerade im nordischen Bereich. Warum nicht einmal über eine nordische Weltmeisterschaft im Schwarzwald nachdenken? Wir haben hier doch die Möglichkeiten. Und mit den ganzen Zuschüssen, die es für eine WM-Ausrichtung gibt, würden wir die Infrastruktur enorm verbessern und modernisieren."

Im Winter komme es also vor allem darauf an, den Sportlern individuelle Möglichkeiten zu schaffen, um ihre Fähigkeiten zu verbessern. Viel Zeit ist während der intensiven Wettkampfphase samt den langen Anreisen – dazu kommen noch zwei Lehrgänge – aber nicht. "Und gerade deshalb kommt es auf Spontanität und kurze Wege an."

Das Frühjahr

Viel Zeit, um sich von den vielen Wettbewerben im Winter zu erholen, haben die Talente nicht. Bereits Ende April beginnt wieder die Vorbereitung. "Dann sind Krafttraining, Koordinationsübungen oder leichte Ausdauereinheiten angesagt", setzt Rolf Schilli auch in dieser Phase auf viel Abwechslung. Besonders wichtig ist dem Landestrainer, dass er dann auch genügend Zeit hat, um sich intensiv um die zwischenmenschlichen Belange seiner Schützlinge zu kümmern. "Erst der Mensch, dann die Methode", beschreibt Schilli sein wichtigstes Trainingsmotto. Das Vertrauen zwischen Coach und Sportler sei enorm wichtig. "Dieser muss sich ja auch zu 100 Prozent auf mich verlassen können, wenn ich vor einem Sprung meine Fahne in die Höhe halte."

So auch Ende Mai, wenn bereits die ersten Mattensprünge auf dem Plan stehen. "Auch hier geht es wieder vor allem um die Quantität", betont Rolf Schilli erneut, wie wichtig es ist, dass die Talente so viele Sprünge wie möglich absolvieren. Grundsätzlich hätte sich übrigens im Training in den vergangenen 25 Jahren nicht viel verändert. "Das Skispringen kann man ja nicht neu erfinden. Aufgewärmt hat man sich so schon immer. Damals hieß es eben Gymnastik – heute nennt man es Stretching. Aber natürlich muss man sich stets über neue Trainingsmethoden informieren, sich fortbilden", stellt Schilli klar.

Mittlerweile sind 90 Minuten vergangen. Ina Metzner erscheint noch einmal im Büro des Skisprung-Landestrainers. "Also fahren wir am Mittwoch um 7 Uhr los?", fragt die Biathlon-Expertin. "Klar – wir wollen vor der Ehrung ja noch etwas shoppen", meint Schilli mit einem zwinkernden Auge.

Vielleicht sucht sich Rolf Schilli in Herzogenaurach ja wieder einen Hoodie in neongrün aus. Viel mehr Leuchtkraft geht nicht. Passt aber zu einem Coach, der von einem hochkarätig besetzten DSV-Gremium zum deutschen Skisprung-Trainer des Jahres gekürt wurde.

Die Springer der Skiverbände Baden-Württemberg

Schüler 15

Jannik Faißt (SV Baiersbronn), Ben Bayer (VfL Pfullingen).

Jugend 16

Aeneas Frisch (WSB Isny).   Jugend 17-1 Finn Braun (SV Baiersbronn), Kevin Kern (SV Meßstetten), Tim Hettich (ST Schonach-Rohrhardsberg).

Junioren (Jahrgang 2000)

Yanick Idesheim (SC Hinterzarten), Lorenz Efinger (ST Schonach-Rohrhardsberg), Julian Ketterer (SZ Breitnau).

Herren

(Jahrgang 1998) Axel Mayländer (SC Degenfeld), Adrian Sell (Meßstetten), Jonathan Siegel (Baiersbronn).

Herren (1997 und älter)

Justin Nietzel (SV Hinterzarten), Sebastian Rombach (SC Hinterzarten), Dominik Mayländer (SC Degenfeld).

Extern

Ramona Straub (SC Langenordnach/1993).