Jahrelang Maßstäbe in Deutschland setzte Melanie Faißt als eine der ersten international erfolgreichen Springerinnen. Foto: Kienzler

Skispringen/Fußball: Melanie Faißt als Torjägerin beim VfR Klosterreichenbach weiter sportlich sehr aktiv.

Genau vier Jahre sind vergangen, seitdem die Baiersbronner Skispringerin Melanie Faißt ihre Bretter an den Nagel gehängt hat. Und das, obwohl sie sich die Teilnahme in Sochi bei der olympischen Premiere des Frauen-Springens als Ziel vorgenommen hatte.

Als Tochter von Klaus und Andrea Faißt wurden ihr die Sportgene quasi in die Wiege gelegt. Vater Klaus als Nordischer Kombinierer und Mutter Andrea als Langläuferin und Fußballerin lebten bei ihrer Geburt 1990 noch in Furtwangen. Drei Jahre später kam Bruder Manuel zur Welt, der als Nordischer Kombinierer später in Vaters Weltcup-Fußstapfen treten sollte.

Von klein an standen die beiden Faißt-Sprösslinge auf Skiern, und nach dem Umzug 1994 nach Baiersbronn hüpfte Melanie Faißt im zarten Alten von vier Jahren erstmals im Bergergrund von einer richtigen Skisprung-Schanze. Vor allem ihre enorme Sprungkraft war ein Garant für ihre weitere Entwicklung zu einer Weltklasse-Skispringerin.

Als Skisprung-Pionierin erfolgreich unterwegs

Zeitgleich mit ihrer Entwicklung kam auch langsam Struktur in das bis dahin sehr stiefmütterlich behandelte weltweite Frauen-Skispringen, und so stand die junge Skispung-Pionierin bereits im Winter 2003/2004 bei den ersten vom Weltverband FIS organisierten Springen am Absprung. 2005 holte sich Faißt dann auch ihren ersten deutschen Meistertitel bei den Damen. Zudem sprang sie in der bis dahin höchsten Wettkampfklasse der Damen, dem Continental-Cup, regelmäßig in die Top Ten.

Ihren Aufwärtstrend unterstrich sie im Winter 2006 mit einem elften Platz bei der Junioren-Weltmeisterschaft, dem sie ein Jahr später sogar den achten Platz folgen ließ. Und die Flugrichtung ging weiter steil bergauf. Gleich zu Beginn des Jahres 2008 verpasste Faißt beim Continental-Cup und bei ihrer dritten Junioren-WM im polnischen Zakopane mit Platz vier gleich zweimal das Podest auf großer internationaler Bühne um Haaresbreite.

2009 sollte der internationale Durchbruch folgen Nach ihrem Abitur am Skiinternat Furtwangen hatte sie den Kopf frei und lieferte mit Platz zwei in Pöhla und Rang drei in Oberwiesenthal binnen drei Tagen im August gleich zwei Weltklasse-Ergebnisse im Sommer-Grand Prix 2009 ab. Im Winter ließ Faißt dann auch den weitesten Sprung ihrer Karriere folgen. In ihrer Geburtsstadt Titisee-Neustadt durfte sie als Vorspringerin im Männer Continental-Cup ihr Können präsentieren und flog auf sagenhafte 141 Meter.

Im Winter 2010/2011 war Melanie Faißt endgültig Deutschlands beste Skispringerin und holte sich bei ihren ersten nordischen Skiweltmeisterschaften in Norwegens Hauptstadt Oslo den 9. Platz im Einzel von der Normalschanze. Dieser Wettkampf blieb ihr als schönster Wettkampf Ihrer Karriere im Gedächtnis, denn "vor vollen Rängen zu springen, unter den Augen des fachmännischen norwegischen Publikums und in Anwesenheit von König Harald, war es schon etwas ganz Besonderes."

Beim allerersten Weltcupspringen in der Geschichte des Damenskispringens ein Jahr später sollte Melanie Faißt sogar noch einen draufsetzten und mit Platz drei auf ihrer Lieblingsschanze im norwegischen Lillehammer bei ihren größten Erfolg feiern.. Mit zahlreichen weiteren Top10-Ergebnissen und Gesamtrang acht im Premieren-Weltcup beendete Faißt ihre erfolgreichste Saison.

2012 sollte dann aber der erste Karriereknick kommen. Im April wurde Melanie Faißt zunächst am Innenminiskus operiert, und acht Wochen Grundausbildung bei der Bundeswehr ließen kaum Zeit für systematisches Training. Den Sommer-Grand-Prix ließ sie t daher komplett aus, und auch im Weltcup landete sie am Ende auf dem für ihre Ansprüche enttäuschendem Rang 25.

Danach warf Melanie Faißt aber alles in die Waagschale im Hinblick auf Olympia. Sie verlegte ihren Wohnsitz nach Oberstdorf, um dort direkt unter den Augen von Bundestrainer Andreas Bauer im Springer-Leistungszentrum zu trainieren. Das ungewohnte Umfeld, dazu noch die neuen, engeren Sprunganzüge und die Trainingsumstellung waren allerdings zu viele Änderungen für die lebensfrohe Baiersbronnerin, so dass sie nicht wieder an Ihre Topleistungen aus 2011 anknüpfen konnte. Die neuen Sprunganzüge und die Umstellung im Training passten nicht zu ihrem Flugsystem. Ihr unbändiger Ehrgeiz, eine ihrer größten Stärken entwickelte sich damals eher zum Handicap, denn der eigene Anspruch lastete immer schwerer auf ihren Schultern.

Dafür sorgte aber ein gemeinsamer Auftritt mit der Snowboarderin Isabella Laböck und der Skicrosserin Sabrina Weilharter in der deutschsprachigen März-Ausgabe 2013 der Zeitschrift Playboy für Schlagzeilen. Nach Rücksprache mit Familie, ihrem damaligen Arbeitgeber, der Bundeswehr, und den nötigen Stellen im Deutschen Skiverband schafften es die drei Olympiakandidatinnen unter dem Motto "Deutschlands schönste Winter-Spitzensportlerinnen" gar auf die Titelseite des Männermagazins.

Die Olympische Saison begann für Faißt dann auch recht vielversprechend. Im Oktober 2013 holte sie hinter Katharina Althaus die deutsche Vizemeisterschaft, während die spätere Olympiasiegerin Carina Vogt lediglich auf Rang sieben landete. Allerdings konnte sie ihre Leistung nicht auf dem Toplevel stabilisieren. Je näher es an die entscheidende Wintersaison ging, wurden Faißts Sprünge inkonstanter, und so blieb den Bundestrainern und dem DSV keine andere Wahl, als die damals besseren Athletinnen für den Weltcup und später für Olympia zu nominieren. Für Faißt blieb damals nur eine Konsequenz, und so beendete sie noch vor den Olympischen Spielen in Sochi ihre Karriere.

Auch beruflich schnell Fuß gefasst

Nach 16 Jahren als Leistungssportlerin und Pionierin ihrer Sportart hatte damit eine sehr erfolgreiche Karriere ein viel zu frühes Ende gefunden. Wie bei vielen ehemaligen Profisportlern folgte danach erst einmal eine schwere Übergangszeit. Doch Melanie Faißt zeigte wie beim Sport auch in Zivil Biss und begann eine Lehre zur Einzelhandelskauffrau bei der Firma Hinker in Baiersbronn, die ihr dabei trotz bereits begonnenem Lehrjahr die Möglichkeit zum Quereinstieg gab. Nach ihrer Ausbildung wechselte sie zur Firma Hagner in Hallwangen, wo sie bis heute im Vertrieb arbeitet.

Mit dem Skispringen gibt es kaum noch Berührungspunkte: "Ich habe damit abgeschlossen. Klar hat man über die Medien noch ab und an Kontakt, aber bewusst Skispringen im Fernsehen schaue ich mir nicht an. Einzig mit meiner damaligen Zimmerkollegin Juliane Seyfarth habe ich noch regelmäßig Kontakt", blickt Melanie Faißt ohne Wehmut zurück.

Doch ganz aus den Sportteilen zumeist der lokalen Zeitungen ist Melanie Faißt bis heute nicht wegzudenken. Bereits während ihrer Zeit als Skispringerin war das Multitalent über ihren Nachbarn und Fußballtrainer Matthias Illg immer wieder im Training des VfR Klosterreichenbach. Diesem schloss sie sich nach ihrer ersten Karriere an und zählt im Bezirk zu den torgefährlichsten Angreiferinnen. Allein in dieser Saison schoss Melanie Faißt bereits 35 Tore und ist damit die mit Abstand erfolgreichste Stürmerin aller Ligen des Nördlichen Schwarzwalds. Zudem liegt ihr VfR Klosterreichenbach mit Rang zwei nach der Hinrunde noch voll im Kurs im Kampf um den Titel in der Bezirksliga. Torschützenkönigin und Bezirksligameisterschaft fehlen noch in Melanie Faißts Trophäensammlung.

Ihr jetziger Trainer Matthias Illg musste im letzten Training vor Weihnachten noch eine kleine Anekdote zum Besten geben. "Anfangs kam man auf die Sportplätze und es hieß, welche Spielerin ist jetzt die Skispringerin aus dem Playboy? Heute fragen die Gegner immer, welche ist jetzt die, die uns heute die Bude füllt?"

Mit Trainer-C-Lizenz auf Nachwuchssuche

Auch dem Wintersport hat Melanie Faißt nicht ganz den Rücken gekehrt. Seit ihrem Karriereende unterstützt sie ihren Vater, der beim SV Baiersbronn das Skitraining im Jugend- und Kinderbereich leitet. Im nächsten Jahr ist zudem geplant, die C-Kader-Lizenz zu erwerben. Auf diese Weise kann sie ihrem Verein für die jahrelange Unterstützung danken und wieder ein Stück zurückgeben. Insgeheim ist der Traum von Olympia also bei ihr doch noch präsent, "denn nachdem es mir verwehrt blieb, kann ich so vielleicht einem jungen Baiersbronner Talent zu einer Teilnahme an diesem größten Sportereignis verhelfen."