Stuttgart -  Die Lehrerausbildung im Südwesten wird nach Jahrzehnten umgestellt. Zum Wintersemester 2011/12 wird das Studium für Grund- und Hauptschullehrer ersetzt durch einen Studiengang für die Grundschule. Zudem wird ein neuer Studiengang für die Lehrer an Haupt-, Werkreal- und Realschule eingerichtet.

Damit werde das Lehramtsstudium stärker an der schulischen Praxis ausgerichtet, kündigte Kultusministerin Marion Schick (CDU) am Mittwoch in Stuttgart an. "Wir passen damit die Studiengänge den veränderten Anforderungen an und bereiten die Lehrer umfassend auf ihre verantwortungsvolle Aufgabe vor." Die Studienzeiten für Grund-, Haupt-, Werkreal- und Realschullehrer werden auf jeweils acht Semester verlängert. Einem entsprechenden Neuzuschnitt hatte das Kabinett in seiner Sitzung am Dienstag zugestimmt.

Neue Themenbereiche auch für Haupt- und Realschullehrer

Das neue Grundschullehramt soll die Pädagogen unter anderem auf eine engere Zusammenarbeit mit den Kindergärten vorbereiten. Die Ausdehnung auf den vorschulischen Bereich erfordere zusätzliche Qualifikationen, sagte Schick. Viele der Grundschullehrer werden später einmal in den sogenannten Bildungshäusern eingesetzt. In diesen Einrichtungen werden Kinder von drei bis zehn Jahren von Erziehern und Lehrern begleitet und unterrichtet.

Chaos bei der Besoldung von Hauptschullehrern

Die Ausbildung der Sonderschullehrer wird sich ebenfalls verändern. Denn künftig sollen behinderte und nicht behinderte Schüler möglichst gemeinsam unterrichtet werden. "Deshalb legen wir künftig die Ausbildung viel breiter an, als dies bisher der Fall ist. Die bisherige Fokussierung auf den Einsatzort Sonderschule gehört der Vergangenheit an", sagte Schick. Das neue Lehramt Sonderpädagogik wird von acht auf neun Semester verlängert. Es kann weiterhin in Heidelberg und Ludwigsburg/Reutlingen studiert werden.

Bessere bezahlung durch veränderte Studienstruktur?

Unklar ist noch, ob die veränderte Studienstruktur auch zu einer besseren Bezahlung der Lehrer führt. Für entsprechende Änderungen bleibt der Landesregierung noch etwas Zeit: Die ersten Absolventen der neuen Studiengänge kommen 2017 in den Schuldienst.

Die Gewerkschaft Erziehung und Bildung und der Verband Bildung und Erziehung fordern, dass die Bezahlung der Lehrer angepasst wird. Sie kritisieren, dass die Hauptschullehrer derzeit noch schlechter bezahlt werden als die Realschullehrer und zugleich mehr Stunden unterrichten müssen.

Ein Hauptschullehrer, der noch nicht von einer Beförderung profitiert hat, kann maximal 3959 Euro brutto monatlich verdienen. Sein Kollege an der Realschule kommt laut Kultusministerium auf bis zu 4392 Euro brutto. Bisher wurde dies mit den unterschiedlichen Regelstudienzeiten begründet. Diese betragen beim Lehramt für Grund- und Hauptschullehrer bisher sechs, beim Lehramt Realschule sieben Semester.

Chaos bei der Besoldung von Hauptschullehrern

2007 hatte die Landesregierung angekündigt, Hauptschullehrer künftig wie Realschullehrer zu bezahlen. Zum 1. September 2009 wurden 20 Prozent der Hauptschullehrer befördert. Rund 2700 Stellen werden seitdem besser bezahlt - statt nach Besoldungsstufe A12 nach A13. Brutto entspricht das monatlich zwischen 345 und 427 Euro mehr. Dies sei endlich ein Einstieg in die Gleichstellung der Hauptschullehrer mit den Realschullehrern, erklärten die Lehrervertretungen damals. Inzwischen überwiegt allerdings der Unmut. Zum einen konnten nur bestimmte Lehrerjahrgänge befördert worden, junge Kollegen gingen leer aus. Das Besoldungsgefüge sei aus dem Gleichgewicht geraten, bemängeln vor allem Schulleiter. So verdienen beispielsweise beförderte Hauptschullehrer ebenso viel wie Konrektoren.

Eine weitere Neuerung ist geplant: Damit die Studenten früh überprüfen können, ob sie überhaupt für den Lehrerberuf geeignet sind, sollen sie schon im ersten Semester ein mindestens zweiwöchiges Orientierungspraktikum an den Schulen absolvieren.