Gehört einer aussterbenden Berufsgruppe an: Wanderschäfer Frank Rehm aus Winterlingen. Foto: Gauggel

Schäfer ist bei jedem Wetter täglich mehrere Kilometer mit seiner Herde unterwegs. "Ein Fitnessstudio brauche ich nicht".

Er stammt aus einer alten Winterlinger Schäferfamilie: Frank Rehm – mit seiner Herde derzeit in der Region unterwegs – ist einer von 29 Wanderschäfern, die es in Baden-Württemberg noch gibt.

Winterlingen-Harthausen - Die Sonne hat soeben den Nebel verdrängt und schon von weitem ist das Blöken der Schafe zu hören, die an diesem Morgen östlich von Harthausen stehen. Die etwa 900 Schafe, darunter auch einige Ziegen und zwei Esel, gehören Frank Rehm aus Winterlingen, der aus einer alten Schäferfamilie stammt und der – wie sein Bruder Markus – in fünfter Generation den Beruf des Schäfers quasi schon in die Wiege gelegt bekam und die spezielle Ausbildung dafür in Ludwigsburg absolviert hat.

Frank Rehm gehört zu den gerade mal 29 Wanderschäfern, die es im Bundesland Baden-Württemberg noch gibt. Er ist das gesamte Jahr mit seiner Herde unterwegs, immer mit Blick auf geeignete Weideflächen, die er, ohne Schäden an benachbarten Äckern anzurichten, mit seinen Schafen aufsuchen kann.

Noch vor 25 Jahren seien in Baden-Württemberg zwischen 300 und 400 Wanderschäfer unterwegs gewesen. Rehm ist gerade von Burladingen aus über Hermannsdorf und Freudenweiler nach Harthausen gekommen und beweidet derzeit einige Wiesenflächen zwischen den Heckenstreifen östlich der Ortschaft. Er möchte noch einige Tage in der Gegend bleiben und dann nach Weihnachten je nach Wetter mit seiner Herde in Richtung Bodensee weiter ziehen, wo er zwischen Ravensburg, Tettnang und Lindau die Wintermonate verbringen wird.

365 Tage im Jahr im Einsatz für seine Tiere - morgens bis abends

Fast täglich legt er mit seinen Schafen zwischen zehn und 15 Kilometern zu Fuß zurück und kümmert sich 365 Tage im Jahr vom Morgen bis zur Dämmerung um seine Tiere und das bei jedem Wetter. Beim Wechsel in ein anderes Weidegebiet könnten das auch mal locker 30 Kilometer und mehr am Tag sein, sagt der Schäfer und fügt unmissverständlich hinzu: "Ein Fitnessstudio brauche ich da absolut nicht."

Treue und wichtige Helfer bei seiner Arbeit sind die beiden ausgebildeten Hütehunde Moritz und Anka, zwei altdeutsche Schäferhunde, welche die knappen Kommandos und auch die Zeichensprache des Schäfers problemlos verstehen und die Herde immer im Blick behalten. Probleme machen dem Wanderschäfer die nach wie vor sehr niedrigen Erzeugerpreise für das Schaffleisch, was, obwohl in bester Qualität produziert, nicht zum Leben reiche, versichert er. Auch die Wolle seiner Merinoschafe ist derzeit nicht gefragt, und er habe mitunter sogar Mühe, überhaupt einen Abnehmer für das Schaffell zu finden.

Lesen Sie auch: Wanderschäfer in Bad Herrenalb/Dobel berichtet

Von Schäferromantik sind die Realität und der Alltag des Schäfers aktuell weit entfernt – auch das sei ein Grund dafür, so Rehm, dass der Beruf des Schäfers ein "aussterbendes Gewerbe" sei, obwohl die extensive Beweidung mit Schafen viele ökologische Vorteile habe. Die Haupteinnahme aller Schäfer seien mittlerweile die Prämien von EU und Land für die Landschaftspflege durch ihre Schafe, erklärt der Experte, doch auch diese seien nicht auf Dauer garantiert.

Jeden Abend sucht er eine windgeschützte Stelle, oftmals an einem Waldrand oder entlang einer Hecke, für den Pferch, in dem die Herde die Nacht verbringt. Danach hat Rehm jedoch noch keinen Feierabend: Weitere 100 Mutterschafe mit ihren kleinen Lämmern müssen jetzt noch im Stall bei Kaiseringen versorgt werden, die Wanderschaft mit der Herde wäre für sie jetzt noch zu anstrengend.

Trotz oft widriger Umstände möchte Frank Rehm aber mit keinem anderen Berufsstand tauschen: "Eine Arbeit im Büro oder in einer Fabrik wäre für mich undenkbar", betont der Schäfer schmunzelnd und krault dabei das Fell seiner Hündin Anka.