Windräder verursachen laut Dagmar Schmucker Infraschall. Foto: Büttner Foto: Schwarzwälder Bote

Windturbinensyndrom: Was Infraschall nach Meinung von Umweltmedizinern im Körper bewirken kann

Jeder kennt es aus der Disco: Was aus dem Lautsprecher kommt, dröhnt nicht nur im Ohr, sondern wirkt auch auf den Körper. "Infraschall existiert", schreibt Dagmar Schmucker in einem fachmedizinischen Beitrag – und geht auch von Windrädern aus.

Winterlingen. Einen ausführlichen Beitrag hat Dagmar Schmucker im Magazin "Umwelt – Medizin – Gesellschaft", Ausgabe 1/2019, dem Thema Infraschall gewidmet. Die Internistin aus Weil der Stadt ist Mitglied im Deutschen Berufsverband klinischer Umweltmediziner, und ihr Beitrag ist Teil einer ausführlichen Dokumentation, welche die beiden Bürgerinitiativen gegen den geplanten Windpark Winterlingen vorgelegt haben. Darin geht sie auf Berichte in Spiegel Online ("Wie Schallwaffen funktionieren" vom 30. September 2017) und "Die Zeit" ("Neue Waffe Infraschall" 5/1968) ein, aber auch auf Infraschall, den Windräder verursachten. Anders als bei Geräten wie Wärmepumpen, Großgeräten, an Eisenbahntrassen und im Baubereich seien Windradanlagen gepulst: "Die Pulsung entsteht durch das Vorbeistreifen des Windrades am Mast", was große Luftdruckänderungen verursache. "Riesenkräfte" entstünden durch die bis zu 400 Stundenkilometer hohen Geschwindigkeiten.

Die Auswirkungen zeigten etwa die Infraschallstation der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zur Überwachung von Kernwaffenteststopps in der Nähe von Bremen, die in vier bis 20 Kilometern von einer wachsenden Zahl von Windrädern umgeben sei – daher sei der eigentliche Zweck der Überwachung nicht mehr möglich: Die Windräder störten die Messungen. "Also wird hier klar dokumentiert, dass Infraschall existiert und bis zu mindestens zehn Kilometer messbar ist", schreibt Schmucker, und weiter: "Es muss darauf hingewiesen werden, dass es gerade in Bezug auf Windkraftanlagen politisch nicht erwünscht ist, die Ausbreitung von Infraschall anzuerkennen." Abstände von Windrädern zwischen 500 und 1000 Metern zu Wohnbebauung hält sie für "sicher problematisch".

Im zweiten Teil geht Schmucker auf die Auswirkungen auf den menschlichen Körper ein. Die "Reizung und Signalauslösung" führe dann, wenn Menschen dem Infraschall länger ausgesetzt seien, "unter anderem zu bleibenden Schäden am Ohr". Reizungen beträfen außerdem den rechten oberen Schläfenlappen, das anteriore Cingulum und die Amygdala. Sie regelten das Hören, den Blutdruck und Gefühle wie Angst und Depression. Eine australische Studie zeige, dass Schwindelanfälle eindeutig im Zusammenhang mit der Nähe zu Windfarmen stünden und alle 394 Probanden erst bei einem Abstand von 5000 Metern schwindelfrei blieben – die Windräder waren in diesem Fall maximal 129 Meter hoch; jene in Winterlingen sollen mehr als 230 Meter erreichen. Eine Mainzer Studie vom März 2018 zeigt laut Schmucker, dass Infraschall "wie ein Störsender für das Herz" wirke.

Das 2009 benannte Windturbinensyndrom und das 2007 benannte Vibroakustische Syndrom würden wohl, vermutet Schmucker, langfristig zu einem zusammengefasst. Deren Symptome zählt die Internistin auf – sie reichten von Schlaf-, Konzentrations-, Sehstörungen, Schwindel, Tinnitus, Übelkeit und Ohrdruck über Ängste und depressive Verstimmung bis zu Atemnot, Bluthochdruck, Sauerstoffmangel, Herzrhythmus- und Durchblutungsstörungen, Depressionen, Epilepsie, Schlaganfall, Autoimmunerkrankungen, Herzklappenverdickung und Karzinomen, besonders im Lungenbereich.