Ein Zentralkrankenhaus für den Zollernalbktreis? "Bitte nicht", sagt der Winterlinger Gemeinderat. Das Gremium fürchtet, dass seiner Gemeinde und auch allen anderen Gemeinden im Kreis dadurch die finanzielle Luft zum Atmen abgeschnitten würde. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Fraktionschefs im Gemeinderat warnen vor hohen Kosten. Finanzielle Spielräume in Gefahr.

Winterlingen - Einen Brandbrief – kurz, aber deutlich – haben die Fraktionsvorsitzenden des Winterlinger Gemeinderats an Landrat Günther-Martin Pauli geschrieben. Tenor: Der Bau einer Zentralklinik würde der Gemeinde finanziell alle Spielräume nehmen.

Fünf Tage vor der Kreistagsentscheidung über einen möglichen Standort für ein Zentralklinikum im Zollernalbkreis ist es für die Winterlinger Gemeinderäte fünf vor zwölf. Deshalb haben sie sich in einem offenen Brief an Landrat Günther-Martin Pauli, die Mitglieder des Kreistags und des Aufsichtsrats des Zollernalb-Klinikums gewandt und stellen klar: "Der Winterlinger Gemeinderat ist gegen den Bau eines neuen Zentralkrankenhauses." Vor der Entscheidung des Kreistags hätten sich die Fraktionen des Winterlinger Gemeinderats noch einmal mit diesem Thema beschäftigt, heißt es in dem Schreiben, und sie seien zum Ergebnis gekommen, dass Winterlingen das Projekt "aus finanziellen und sachlichen Gründen" ablehne.

Auch die Gründe benennen die Fraktionschefs Roland Heck von der Bürgerliste, Rainer Pfersich von "Zukunft Winterlingen" und Michaela Stauss von der Frauenliste: "Ausgehend von dem Finanzierungsmodell, das dem Kreistag am 23. Oktober vorgestellt wurde, müsste der Landkreis zur Finanzierung des neuen Zentralklinikums die Kreisumlage über viele Jahre hinweg um fünf Prozentpunkte erhöhen." Dies aber hätte "für die Finanzen der Gemeinde Winterlingen katastrophale Folgen".

Die Steuerkraftsumme der Gemeinde liegt aktuell bei knapp unter acht Millionen Euro, so dass Winterlingen derzeit eine Umlage von rund 2,4 Millionen Euro pro Jahr an den Landkreis zahle. Ein Prozentpunkt Kreisumlage entspreche also etwa 80.000 Euro. "Würde die Kreisumlage um fünf Prozentpunkte angehoben, müsste Winterlingen demnach pro Jahr 400.000 Euro mehr an den Kreis abführen." Damit wären der Gemeinde auf Jahre sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten genommen, weil dann kein Geld mehr da wäre, betonen die Drei. "Dies können wir nicht akzeptieren."

Käme dann auch noch das Modul II der RegionalStadtBahn, also die Elektrifizierung der Zollernbahn, hinzu, müsste der Kreis die Umlage zur Finanzierung dieses "zweifellos wichtigen Verkehrsinfrastrukturprojekts um weitere 1 bis 1,5 Prozentpunkte anheben", so dass Winterlingen weitere 100.000 bis 120.000 Euro mehr pro Jahr aufbringen müsste. "Das wäre für uns nicht zu schultern!", schreiben Heck, Pfersich und Stauss.

Sie weißen darauf hin, dass dem Finanzierungsmodell für das Klinikum Baukosten in Höhe von 196 Millionen Euro zugrunde lägen; mittlerweile sei aber bekannt, dass diese Summe nicht ausreichen werde. Denn es würden weitere Module hinzukommen wie etwa ein Parkhaus oder eine Apotheke. Zudem sei die eingerechnete Landesförderung in Höhe von 72 Millionen Euro bisher nur ein Wunsch und "durch nichts abgesichert".

Ungeachtet dieser Finanzierungsprobleme stehe zu befürchten, dass beim Bau eines Zentralklinikums – ob nun bei Frommern oder bei Weilstetten – Bürger aus Winterlingen Straßberg und Bitz wegen der Nähe zu Sigmaringen an das dortige Kreiskrankenhaus abwanderten. "Sollte die Zentralklinik nach Bisingen kommen, wäre der Patientenexodus noch gravierender". "Als Gemeinderäte sind wir vor allem dem Wohl der Winterlinger Bürger verpflichtet. Wir sprechen uns daher gegen den Bau einer neuen Zentralklinik für den Zollernalbkreis aus." Den Kreistag rufen Heck, Pfersich und Stauss auf, "das Kreiskrankenhaus in Albstadt zum Wohl der Bürger im südlichen Kreisgebiet zu ertüchtigen, wie im noch gültigen Medizinkonzept vorgesehen".