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Waldwirtschaftsplan: Negatives Betriebsergebnis aufgrund von Trockenheit und Stürmen erschreckt Räte

"Der Wald ist im Krisenmodus." Alle Zahlen und Fakten, die Klaus Richert und Eugen Seyboldt im Gemeinderat Winterlingen präsentierten, zeugten von der Klimakrise, die sich im Haushalt negativ niederschlägt.

Winterlingen. Drei extreme Tockensommer in Folge, Stürme, Schneebruch und der Borkenkäfer – wenngleich in Winterlingen nicht im selben Maß wie anderswo – haben dem Gemeindewald in den Jahren seit 2017 zugesetzt, und das schlägt sich inzwischen in den Zahlen nieder, die Klaus Richert, Leiter der Forstamt-Außenstelle Albstadt, und Eugen Seyboldt, Leiter der Holzverkaufsstelle Albstadt, der sich Winterlingen angeschlossen hat, am Montagabend in den Gemeinderat mitgebracht haben.

Was die Fachleute dann als "zufällige Nutzung" bezeichnen, ist die Ernte des Holzes, das man eigentlich nicht schlagen wollte, aber musste, damit es nicht dem Borkenkäfer anheim fällt – und die macht inzwischen ein Viertel der Nutzung aus, runde 3000 Festmeter. "Vor zehn Jahren hatten wir fünf Prozent zufällige Nutzung", so Richert.

Die Arbeitsfläche, auf der nach dem Freiräumen Naturverjüngung Platz bekomme, haben die Forstleute von 170 auf 155 Hektar heruntergefahren, 2019 insgesamt 25 300 Pflanzen gesetzt – vor allem Fichten, um den Nadelholzanteil zu halten – und auf fünf bis sechs Hektar neue Kulturen angelegt, aber auf 20 Hektar junge Kulturen gepflegt. Drei Viertel des Einschlags hätten die beiden Winterlinger Waldarbeiter-Rotten erledigt, sagte Richert.

Die Zahlen, die Eugen Seyboldt vorlegte, zeugten von einem zusammengebrochenen Holzmarkt, spätestens im Sommer 2019. "Gott sei Dank hatten wir unser Holz so weit aufgearbeitet, dass wir es vorher noch am Markt unterbringen konnten", erklärte Seyboldt und berichtete, dass der Preis für wertvollstes Fichtenstammholz von 80 auf 50 Euro pro Festmeter gefallen sei. So seien nach Verrechnung der Minderausgaben rund 30  000 Euro an Defizit in der Holzproduktion übrig geblieben und die Waldarbeiter zum Teil bei der Gestaltung des Grundschulhofes eingesetzt worden, was durch innere Verrechnungen ausgeglichen worden sei. Im Klartext: Auch dafür hat am Ende die Gemeinde sie bezahlt, allerdings aber Geld gespart für andere Arbeiter auf dem Schulhof.

Dennoch hat der Waldhaushalt 2019 erstmals mit einem Defizit abgeschlossen, und das werde auch 2020 so sein, prognostizierte Eugen Seyboldt, denn auch 2020 habe es schon ordentlich gestürmt. "Diesmal waren es die Männer", sagte Seyboldt augenzwinkernd mit Blick auf die Namen der Stürme wie etwa Eberhard. 2019 hätten sie Frauennamen – etwa Bianca und Sabina – getragen.

Aber – das betonte Seyboldt ausdrücklich: Der Wald habe ja auch noch andere Funktionen, diene dem Klima- und dem Wasserschutz sowie der Naherholung. Außerdem sei im Durchschnitt der vergangenen sechs Jahre – so lange dauert der aktuelle Forsteinrichtungszeitraum schon – jeweils ein Gewinn von jährlich 112 000 Euro übrig geblieben.

Und schließlich, so gab er zu bedenken, seien die Mengen des zufällig genutzten Holzes – Sturm- und Schadholz – anderswo deutlich höher als im Winterlinger Wald. "Wir versuchen den Wald sauber zu halten und sämtliches bruttaugliche Material zu entfernen", betonte Seyboldt mit Blick auf die Gefahr des Borkenkäferbefalls.

Die Kommentare zu den Zahlen (siehe Info) im Gemeinderat drehten sich vor allem um den fehlenden Gewinn: "Ein ›Weiter so‹ kann es nicht geben. Wie stellen Sie sich das vor?" fragte Anton Blau. Klaus Richert allerdings setzte noch einen drauf: Coronabedingt seien viele Holzabnehmer in Kurzarbeit und so werde der Verkauf gegenüber 2019 nochmals sinken. Aber irgendwann werde die Industrie auch wieder gutes, frisches Holz brauchen, so Richert: "2021 könnte wieder etwas gehen."

Emil Oswald fragte nach der Douglasie als "Rettungsbaum", da sie besser als die Fichte mit Hitze und Trockenheit zurecht komme – und lief damit offene Türen ein. Doch ein Waldumbau dauere und funktioniere nicht von heute auf morgen, so Richert und Seyboldt.

Rainer Pfersich schlug vor, "an den Sozialfunktionen mal was zu drehen", respektive einzusparen. Darüber – mit Ausnahme der Verkehrssicherheit – könne man reden, sagte Seyboldt, doch das bedürfe einer eigenen Diskussion und eines eigenen Beschlusses. Pfersich hakte nach: "Wäre es denkbar, mal Reviere zusammenzulegen?" Konkret sprach er über mittelfristige Reduzierung des Personals bei Waldarbeitern. Bürgermeister Michael Maier gab zu bedenken, dass deren Zahl schon auf fünf zurückgegangen sei, "aber wir werden sicher nicht auf eigene Waldarbeiter verzichten können". Sturm- oder Käferholz könne dann schnell zum viel größeren Problem werden, wenn die Gemeinde es nicht mehr schnell selbst aufarbeiten könne, mahnte Seyboldt, und Hermann Linder krätschte hinein: Es sei "nicht ganz glücklich" im ersten Jahr mit negativem Betriebsergebnis gleich über Personalabbau zu reden.

"Wir dürfen jetzt nicht in Panik verfallen", stimmte Emil Oswald zu. "Wir haben sehr gute Waldarbeiter und müssen uns vielleicht einfach davon verabschieden, dass der Wald eine Sparkasse für die Gemeinde ist – und stattdessen die Sozialfunktionen sehen." Und den Wert des Waldes im Hinblick auf das Klima, ergänzte Michael Maier.

"Den Wald zu erhalten ist einfach eine Generationenfrage", schloss Eugen Seyboldt. Die Zahlen, die er und Richert vorlegten, nahmen die Gemeinderäte einstimmig zur Kenntnis.

(key). 16 880 Festmeter Holz wollte die Gemeinde Winterlingen 2019 in ihren Revieren Nord und Süd ernten, 12 564 Erntefestmeter sind es schließlich geworden. Jeweils deutlich geringer ausgefallen als im Plan vorgesehen sind die Arbeitsflächen, auf denen Holz geerntet und Jungbestände gepflegt wurden. Mit 23 600 Nadelbäumen haben die Forstleute zwar 500 weniger gepflanzt als vorgehen, dafür aber 1710 Laubbäume gesetzt – 710 mehr als geplant. Nur 1746 Euro statt der geplanten 10 000 Euro hat die Gemeinde für den Kauf von Waldgrundstücken ausgegeben und 5190 Euro für den allgemeinen Waldwegebau, 2801 Euro für den Neubau des 300 Meter langen Maschinenwegs Veringerwäldle im Revier Süd. Der Neubau des Berghaldenwegs im Revier Nord, für den 8000 Euro eingeplant waren, wurde abermals verschoben. Für die LED-Beleuchtung samt Photovoltaikanlage auf der Greut- und der Pflanzschulhütte wurden 4625 Euro investiert. Eugen Seyboldt: "Jetzt ist es in der Hütte so, dass man etwas lesen kann. Früher hat man sich nur gegenseitig gesehen." Das Gesamtergebnis des Waldhaushalts Winterlingen liegt bei 112 735 Euro – mit einem Minus vor der Zahl. Geplant war ein Plus von 48 510 Euro.

"Nachhaltigkeit" ist eine Erfindung der Forstleute. So sollte sichergestellt werden, dass auch künftige Generationen genug Holz haben. Als Hans Carl von Carlowitz das Prinzip 1713 formulierte, stand die Bedeutung des Waldes für das Klima noch nicht zur Debatte, wohl aber sein wirtschaftlicher Wert. Und obwohl die Zeitgenossen des sächsischen Kameralisten sicher gerne mehr aus ihren Wäldern herausgeholt hätten, waren sie sich bewusst, dass das kontraproduktiv wäre. "Nur so viel Holz schlagen, wie nachwachsen kann", lautete die Devise. Hätten die Erfinder des Nachhaltigkeitsprinzips den Wald damals in erster Linie als Geldbringer betrachtet, wie einige es heute offenbar immer noch tun, dann gäbe es ihn vielleicht nicht mehr in der Form, in der wir unseren Wald heute kennen. Und genau so ist er wertvoll und lebenswichtig. Egal, wie viel Geld er abwirft.