Kaplaneihaus: Ausgebildete Krankenpfleger aus Rumänien bilden sich in Benzingen zum Altenpfleger weiter / Angenehmes Umfeld
Sie fühlen sich wohl im Benzinger Kaplaneihaus: Die jungen Menschen, die sich dort zu Altenpflegern ausbilden lassen. Die Firma Context Personalservice hat dort ein Domizil gefunden, das in das Profil passt. Und Besitzer Günter Hahn ist froh um diesen dauerhaften Nutzer.
Winterlingen-Benzingen. "Wir haben etwas gesucht, wo sich die Teilnehmer selbst versorgen können, weil wir dann freier sind", sagt Johannes Hüsler, geschäftsführender Gesellschafter bei Context Personalservice. Mit dem Kaplaneihaus sind er und Monika Lehmann, die als geschäftsführende Gesellschafterin mit ihm zusammen das Unternehmen führt, fündig geworden. "Die Gruppe soll einfach für sich sein und Ruhe für die Ausbildung haben", erläutert Lehmann. Eigentümer Günter Hahn meint denn auch: "Das hier ist ein idealer Ort", den Lehmann von früher kennt, als sie dort im Jugendlager genächtigt hat.
Dreieinhalb Wochen verbringt die Ausbildungsgruppe im Kaplaneihaus. Da die aktuelle Gruppe, die 21., zahlenmäßig groß war, bedurfte es eines zusätzlichen Lehrsaals, den die Organisatoren im Gemeindesaal des benachbarten Pfarrhauses fanden. Alle Teilnehmer kommen aus Rumänien. Sie haben dort die Krankenpflegeschule durchlaufen, sind auf diesem Gebiet fertig ausgebildet und haben über ein Jahr hinweg 860 Stunden Sprachunterricht in Deutsch absolviert mit dem Abschluss B2. In Benzingen erhalten sie den Feinschliff in Sachen deutsches Pflegesystem und im Bereich Altenpflege. "In Deutschland werden auf diesem Sektor Fachkräfte gesucht", betont Hüsler. Am Ende machen sie eine Abschlussprüfung und erhalten vom Regierungspräsidium bei Erfolg ein Zertifikat. Danach werden sie in deutsche Altenpflegeeinrichtungen vermittelt.
Bis dato hat Context fast 99 Prozent seiner Schützlinge in Arbeit gebracht. Während der Ausbildung im Kaplaneihaus werden ihnen die Werte in Deutschland nahe gebracht. Sieben Dozentinnen kümmern sich um Fachbereiche. Dabei geht es um das Krankenpflegegesetz ebenso wie um Sterbebegleitung.
Hahn praktiziert jeden Tag etwas Integration
Mittlerweile hat die dritte Gruppe im Kaplaneihaus Station gemacht. "Es gab bislang keine Schwierigkeiten", freut sich Hahn. Er ist als Ansprechpartner zweimal am Tag im Haus und praktiziert "ein bisschen Integration". "Ich bin sehr zufrieden mit den Gästen." Dreieinhalb Wochen eine Gruppe im Haus zu haben, sei besser als mehrere Gruppen über ein paar Tage. "Das ist finanziell auch eine ganz andere Sache." Davon profitiert auch die Region: Die Multiplikatoren wohnen im "Sternen", eine Frohnstetter Bäckerei liefert die Brötchen an, im Supermarkt kaufen die Teilnehmer ihren Proviant ein, der Saal des Pfarrhauses ist gemietet, die Miete kommt der Pfarrei zugute.
So formulieren Lehmann, Hüsler und Hahn das gemeinsame Ziel, längerfristig zusammenzuarbeiten und das Kaplaneihaus als Standort zu etablieren. "Wir freuen uns, wenn Nachbarn vorbeikommen und Kontakt aufnehmen, damit beginnt Integration", sagt Hüsler. "Das ist ein ideales Ankommen in Deutschland", ergänzt Lehmann. Jede Gruppe verewigt sich mit Foto und Text im Gästebuch des Kaplaneihauses. Günter Hahn hat mit den Teilnehmern auch schon rumänische Volkstänze getanzt. Das Kaplaneihaus hat mittlerweile in Rumänien einen Stellenwert bekommen: "Benzingen hat einen guten Ruf", sagt Lehmann.
In Rumänien herrscht in der Pflege hohe Arbeitslosigkeit. Daher wird ein Überschuss an Krankenpflegern fürs Ausland ausgebildet. Angestrebt für die Benzinger Kandidaten ist, dass alle diese Pflegefachkräfte unbefristete Arbeitsverträge in Deutschland bekommen und das gleiche Gehalt wie ihre deutschen Kollegen.
Im Gebäude fühlen sich die Teilnehmer sichtlich wohl: "Es ist schön hier"
Dass im Rahmen dieser Ausbildung mehr Leben im Pfarrhaus stattfindet, nennt Martina Schachtschneider, die Ansprechpartnerin der Pfarrgemeinde in Benzingen für die Seelsorgeeinheit, "super", zumal der normale Betrieb im Gemeindesaal nicht beeinträchtigt ist. "Das Kaplaneihaus ist sehr schön", sagt der 23-jährige Cosmin, der seinen Schritt, nach Deutschland gegangen zu sein, nicht bereut: "Ich habe eine gute Entscheidung getroffen. Die Leute sind hier sehr nett und freundlich." Keine Probleme hat auch die 28-jährige Carolina: "Die werden besprochen und wir finden eine Lösung." Auch der 21-jährigen Florentina gefällt alles: "Ich denke, das ist ein wichtiger Schritt ins Leben und eine Chance auf einen guten Arbeitsplatz."
Alle hoffen darauf, sich in Deutschland beruflich zu entwickeln. Im Kaplaneihaus fühlen sich wohl: "Es schläft sich gut in den Betten", sagt Cosmin. Es sei ein tolles, angenehmes Domizil, meint auch Florentina. Die Gruppe darf das Haus so nutzen, wie sie will; Platz gibt es genug und die notwendige Logistik ist vorhanden, beispielsweise eine Waschmaschine. Und im "tollen Garten" lässt sich auch mal eine Party feiern. Da fallen auch die Aufgaben, wie etwa Treppen kehren, leicht.
(hol). Das Unternehmen Context Personalservice existiert seit 2012, geführt von Monika Lehmann und Johannes Hüsler, beide geschäftsführende Gesellschafter, mit Sitz in Stuttgart. Das Hauptthema ist, deutschlandweit Personal zu gewinnen. Alle Kräfte, welche die beiden rekrutieren, sind ausgebildete Pflegefachkräfte. Im Juni 2013 startete Context mit der ersten Ausbildungsgruppe. Voraussetzung für die zusätzliche Ausbildung in Altenpflege ist, dass die Teilnehmer, die alle aus Rumänien kommen, den Deutschkurs auf dem Sprachniveau B2 absolviert haben. Das ist notwendig für eine fachliche Anerkennung.
Die Ausbildung der Fachkräfte ist von Context vorfinanziert. Die Firma wird dann von den Trägern der Altenpflegeeinrichtungen, in die das Unternehmen die Ausgebildeten als Pflegefachkräfte im stationären Bereich vermittelt, für die Vermittlung und Begleitung der jungen Menschen bezahlt. Ziel ist, nachhaltig Personal in diesem Sektor zu gewinnen – bei Zufriedenheit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Jede Gruppe besucht während der Ausbildung einmal ein Pflegeheim und zudem das Schloss in Sigmaringen, stammte doch Rumäniens König Karl I. von Hohenzollern-Sigmaringen.
Die meisten Teilnehmer sind zwischen 20 und 30 Jahre alt. Sie haben alle den Wunsch, die deutsche Kultur besser kennenzulernen, Erfolg zu haben, eine Karriere zu machen und in Deutschland sesshaft zu werden. Dazu sind sie bereit, hier viel zu lernen.