Fiat iustitia: das Eingangsportal des Langerichts Hechingen Foto: sb

Angeklagte belasten sich gegenseitig. Verhandlung wird am Mittwoch, 25. April, fortgesetzt.

Winterlingen/Hechingen - Wegen Steuerhinterziehung müssen sich zwei aus Winterlingen stammende Männer vor dem Hechinger Amtsgericht verantworten. Von 2007 bis 2011 sollen sie 650.000 Euro an der Staatskasse vorbeigeschleust haben – und belasten sich jetzt gegenseitig.

Die Hauptverhandlung gegen einen aus Winterlingen stammenden 69-jährigen Reifenhändler ist am Mittwochnachmittag eröffnet worden – ihm wird Steuerhinterziehung, seinem 71-jährigen Buchhalter Hilfeleistung zur Steuerhinterziehung zur Last gelegt. 650.000 Euro, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, seien nicht ans Finanzamt abgeführt, Umsatz- und Vorsteuer falsch berechnet, Umsätze aus dem Internethandel nicht angegeben worden.

Der 71-jährige Angeklagte, der eigentlich gelernter Industriekaufmann ist, aber seit der Geschäftsgründung für den 69-Jährigen die Buchhaltung macht, weist alle Vorwürfe von sich. Zwar habe er seinem Chef, den er seit der Schulzeit kennt, die Buchführung gemacht, jedoch nur mit den fertigen Unterlagen, die er von diesem bekommen habe. Das Kassenbuch habe der Unternehmer selbst geführt und auch die Lohnbuchhaltung gemacht. "Er allein wusste, was er verkauft hat, ich konnte das Kassenbuch gar nicht führen", sagte der 71-Jährige. Er selbst habe lediglich die ihm vorgelegten Bankauszüge und Rechnungen verbucht.

Wie viel Geld sich auf dem Konto der Internet-Plattform befand, habe er auch nicht gewusst; vielmehr habe er lediglich die Beträge gesehen, die der 69-jährige auf das Geschäftskonto überwiesen habe. "Ich bin bloß gelernter Kaufmann und habe versucht, meine Arbeit recht zu machen", erklärte er, sichtlich aufgewühlt, in der Verhandlung. "Ich habe schlaflose Nächte hinter mir." Gleichwohl nahm er seinen Chef in Schutz: "Der Mann hat auch viel hinter sich. Er ist kein schlechter Mensch."

In den Angaben, die der Reifenhändler verlesen ließ, hörte sich die Geschichte anders an. Niemals habe er Steuern hinterzogen, vielmehr zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen. Die Umsatzsteuer sei ohne sein Wissen hinterzogen worden; vielleicht stecke sein Buchhalter dahinter, der umsatzsteuerfreie Lieferungen aus Skandinavien und Österreich falsch gebucht und die Vorsteuer nicht richtig veranlagt habe. Er selber habe davon nichts gewusst. Ferner gab der Reifenhändler zu Protokoll, sein Steuerberater habe gegen die Steuerbescheide der Jahre 2010 bis 2013 Klage eingereicht. Die Verhandlung wird am Mittwoch, 25. April, fortgesetzt; dann sollen Prüfer des Finanzamts als Zeugen befragt werden. Die Verhandlung beginnt um 14 Uhr.