Blumen und Kerzen auf der Türschwelle erinnern an die tragischen Ereignisse des Ostersonntagabends. Foto: Eyrich

Schüsse treffen vierfache Mutter tödlich. Dringend tatverdächtiger Ehemann in Haft.

Winterlingen - Der Schock sitzt tief in Winterlingen: Dort soll ein 48-Jähriger am Ostersonntag kurz nach 19 Uhr seine 41-jährige Frau mit einer Faustfeuerwaffe erschossen haben. Der Haftrichter des Amtsgerichtes Hechingen ordnete am Ostermontag Untersuchungshaft wegen Mordverdachts an. Die Hintergründe waren auch am Dienstag noch völlig unklar.

Ein Familiendrama vermuten das Polizeipräsidium Tuttlingen und die Staatsanwaltschaft Hechingen hinter der Bluttat in einem Mehrfamilienhaus mitten im Ort. Ob ein Streit der Auslöser dafür war, ist noch unbekannt. Fest steht, dass die Frau mehrere Schussverletzungen, vorwiegend in der Herzgegend, erlitten hat, denen sie noch am Tatort, dem Wohnzimmer der sechsköpfigen Familie, erlag. Die 17-jährige Tochter des Paares wurde mit einer leichten Verletzung, nach Aussage von Nachbarn an der Hand, ins Krankenhaus gebracht. Die weiteren Kinder – ein Mädchen ist laut Bürgermeister Michael Maier im Grundschulalter oder gar jünger, ein Sohn im jungen Teenageralter, ein weiterer etwas älter – wurden bei Verwandten untergebracht. Um sie und weitere Angehörige, die zum Tatort gekommen waren, hatte sich das Rote Kreuz, Kreisverband Zollernalbkreis, mit 15 Helfern gekümmert.

Mutmaßlicher Täter war seit Jahrzehnten im Ort integriert

Dass der mutmaßliche Täter serbische und seine Frau kosovarische Wurzeln hat, hält der Bürgermeister im Zusammenhang mit der Tat für irrelevant. Beide seien im Ort voll integriert gewesen. Den heute 48-Jährigen, der in Winterlingen aufgewachsen und Deutscher Staatsbürger ist, kennt er selbst seit Jahrzehnten vom Fußballplatz. Der Bürgermeister beschreibt ihn als ruhig und sachlich. Auch Maiers Stellvertreter, Roland Heck, Anfang der 1980er-Jahre Fußballtrainer des Tatverdächtigen, kennt den Familienvater als angenehmen, unauffälligen Zeitgenossen, der sich nie etwas habe zu Schulden kommen lassen.

"Ganz Winterlingen ist geschockt – es gibt derzeit kein anderes Thema", beschreibt Michael Maier die Gefühlslage in der beschaulichen Hochalbgemeinde mit drei Ortsteilen und rund 6700 Einwohnern. Dort lebte der 48-Jährige seit seiner Kindheit. Seine erste Ehe war geschieden worden, die Frau mit dem Nachwuchs weggezogen. Ein harter Schicksalsschlag für den Mann war dem Vernehmen nach aber auch ein schwerer Unfall, den er nicht selbst verschuldet haben soll und der ihn auch beruflich aus der Bahn geworfen habe, wie Bekannte berichten. Danach habe er beruflich wohl nie mehr richtig Fuß gefasst, sei wegen Depressionen in Behandlung gewesen.

48-Jähriger hat wohl selbst Polizei gerufen

Zur Gewalt neigte der mutmaßliche Täter bisher nie, wie zu erfahren ist. Gerüchte, dass bei der Tat am Sonntag Alkohol im Spiel gewesen sein könnte, sind bisher reine Spekulation.

Nach der Tat soll der Mann selbst die Polizei gerufen haben. Ein Polizeisprecher betonte, er habe sich widerstandslos festnehmen lassen. Die Beamten waren mit Amok-Ausrüstung in vier Streifenwagen ausgerückt und hatten den Tatort weiträumig abgesichert. Auch Stunden nach der Tat waren sie noch vor Ort. Die getötete Frau soll erst mitten in der Nacht weggebracht worden sein. Sie wird in den nächsten Tagen obduziert, um festzustellen, wo genau und aus welcher Richtung die Schüsse sie getroffen haben. Laut Polizei sind dazu "umfassende kriminaltechnische und rechtsmedizinische Untersuchungen erforderlich".

Ihr dringend tatverdächtiger Mann wurde am Montag dem zuständigen Haftrichter des Amtsgerichts Hechingen vorgeführt, der Haftbefehl wegen Mordverdachts gegen den 48-Jährigen erlassen und diesen sofort in Vollzug gesetzt habe, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Während die Ermittlungen der Kriminalpolizeidirektion Rottweil – sie hat eine Ermittlungsgruppe eingerichtet – und der Staatsanwaltschaft Hechingen laufen, ist die Wohnung der Familie im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses an der Ortsdurchfahrt versiegelt. Blumen und Kerzen auf der Türschwelle erinnern an die tragischen Ereignisse des Ostersonntagabends.

Buchstäblich aus nächster Nähe miterleben mussten die dramatischen Szenen auch mehrere unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die im selben Haus in einer anderen Wohnung untergebracht sind und dort von einem Team des Erzbischöflichen Kinderheimes Haus Nazareth betreut werden, das in Winterlingen auch für die Jugendarbeit verantwortlich ist.