Von Preisen und Schleifen umgeben: Andy Witzemann ist auf der Erfolgsspur. Foto: Julia Stapel

Reitssport: Andy Witzemann über Lieblingskonkurrenten, Lieblingspferde und Hürden. Mit Interview

Am Sonntag will Springreiter Andy Witzemann aus Winterlingen beim Hohenzollern-Reitturnier in Bisingen seinen Titel verteidigen. Dem Schwarzwälder Boten verrät er, welcher Sieg sein schönster war, wie er mit Höhenangst umgeht und was er noch erreichen will.

Sie haben schon viele Titel geholt. Welcher war Ihr schönster?

Der Große Preis in Bisingen Hohenzollern und der Sieg im Hallenchampionat in Stuttgart, zu gleichen Teilen. Beide Prüfungen habe ich jeweils hintereinander in den vergangenen beiden Jahren gewonnen. Das waren fantastische Erlebnisse.

Reitern im Leistungssport wird oft unterstellt, dass sie Pferde als Maschinen betrachteten. Aber das Verhältnis zwischen Pferd und Reiter wirkt sich doch auf die Leistung aus, oder?

Mit das Wichtigste für die gute Leistung eines Pferdes ist die Verbindung zwischen ihm und seinem Reiter, dass es ihm gut geht und es sich in wichtigen Momenten gut fühlt. Ein gutes Verhältnis zwischen beiden und ein gesundes Pferd, das für seinen Reiter kämpft, ist absolute Grundvoraussetzung für den Sieg bei schweren Springen.

Was ist die größte Hürde auf dem Weg in den ganz großen Sport?

Definitiv die Pferde zu finden, die das schaffen. Das sind nur Einzelne, und die größte Aufgabe für einen Reiter ist es, das passende Pferd zu finden.

Was war Ihr schönstes und schlimmstes Erlebnis auf einem Turnier?

Von schlimmen Erlebnissen kann ich Gott sei Dank nicht berichten. Nur ein mal habe ich mir das Bein gebrochen und bin ein paar Monate ausgefallen. Das schönste Erlebnis ist es, erfolgreich zu sein und große Springen zu gewinnen – am liebsten mit Pferden, die hier aus der eigenen Zucht kommen.

Sind Sie vor Turnieren nervös oder angstbefreit? Höhenangst haben Sie ja keine.

(Lacht) Ich muss zugeben, ich habe Höhenangst. Wenn ich über eine Brücke fahre, muss ich immer auf die Straße gucken, und wenn ich auf eine Leiter klettere, muss ich mich auch konzentrieren. Also Höhenangst: definitiv. Nervosität im Sinne von positivem Angespanntsein: ja. Angst: sicher nicht. Über die Jahre mit der Routine regelt sich das. Angstbefreit passt in dem Fall.

Wer ist Ihr Lieblingskonkurrent im Parcours?

Das ist Timo Beck. Wir sind privat gut befreundet und machen geschäftlich sehr viel miteinander. Seit vielen Jahren reiten wir in der Landesspitze auf dem gleichen Niveau und treten oft um die Schleifen gegeneinander an.

Ist der Erfolgsdruck nicht sehr hoch, wenn man mit Reiten sein Geld verdient?

Sicher ist er etwas höher als bei Hobby-Reitern, denn es geht ja auch um Preisgelder und die Wertsteigerung erfolgreicher Pferde. Erfolg bringt außerdem Aufmerksamkeit bei potenziellen Kunden und Schülern. Trotzdem lasse ich mich persönlich nicht unter Druck setzen. Ich probier mein Bestes – oft klappt’s, oft klappt’s nicht, aber es geht immer weiter.

Gibt es ein Pferd, dass Sie nicht verkaufen würden, allein um Konkurrenten keinen Vorteil zu bieten?

(Lacht) Das ist eine interessante Frage. Wenn wir ausschließlich auf Sport ausgerichtet wären, dann ja. Da wir aber auch ein Wirtschaftsbetrieb sind, sind bei uns alle Pferde potenziell verkäuflich, auch an Konkurrenten.

Auf welches Pferd setzen Sie große Hoffnungen?

In der Nummer-eins-Truppe, die 2019 viel gewonnen haben, gibt es ein paar ganz tolle Nachwuchspferde. Von der siebenjährigen Esperanza De Muse wird man 2020 viel hören, Titan ist eine große Nachwuchshoffnung und auch Himinka wird nächstes Jahr einschlagen, da bin ich sicher. Sechsjährig sind es Maximus und Calling Berlin. Wir sind gut gerüstet. Wenn alle gesund bleiben, werden wir einige von ihnen im schweren Sport sehen.

Was machen Sie gerne, wenn Sie mal nicht im Sattel sitzen?

Fußball schauen und kochen.

Wie würden Sie Ihr Geld verdienen, wenn Sie kein Reiter geworden wären?

Wenn ich gut genug gewesen wäre, hätte ich es als Fußballer probiert, denn ich habe gern und viel Fußball gespielt früher. Vielleicht hätte ich versucht, etwas zu erfinden, was noch keiner hat, und ein ganz tolles Patent angemeldet.

Was möchten Sie in Ihrem Reiterleben unbedingt noch erreichen?

Mittel- und langfristig ist mir wichtig, dass wir eine Top-Nachwuchstruppe haben, eine Top-Jugendarbeit, dass das Züchten und die Ausbildung der jungen Pferde weiter auf einer soliden Basis funktioniert und man einfach jedes Jahr Pferde rausbringt, die den Schritt in den schweren Sport schaffen. Das ist mein großes Ziel.

Die Fragen stellte Julia Stapel