In Winterlingen soll ein Stolperstein für Selma Burkart gebaut. Foto: Gabbert Foto: Schwarzwälder Bote

Schüleraustausch: Zum Jubiläum mit Izbica will Winterlingen Andenken an jüdische Bürgerin lebendig halten

Zum 20-jährigen Bestehen des Schüleraustauschs zwischen Winterlingen und dem polnischen Izbica soll im Rahmen einer Jubiläumsfeier ein Stolperstein verlegt werden, der an das Schicksal von Selma Burkart erinnern wird.

Winterlingen. Seit 2008 pflegt die Gemeinde Winterlingen mit der Gemeinde Izbica in Südostpolen eine internationale Städtepartnerschaft. Ziel ist es, die menschlichen, kulturellen, schulischen, kirchlich-religiösen, sportlichen, touristischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Gemeinden zu fördern. Die Wurzeln der Partnerschaft mit Izbica gehen auf die Nachforschungen über das Schicksal der jüdischen Winterlinger Bürgerin Selma Burkart zurück: Heinrich Schuler, heimatkundlich interessiert, fand über ihre Geschichte 1997 nach Izbica. Von dort stammt das letzte Lebenszeichen von Selma Burkart: eine Postkarte datiert auf den 24. April 1942.

Von seiner Reise nach Izbica brachte Schuler eine Einladung an die Realschule Winterlingen mit, aus der sich ab dem Jahr 2000 ein jährlicher Schüleraustausch entwickelte. Im nächsten Jahr steht damit ein Jubiäum an, das gefeiert werden soll. Vom 13. bis 19. Juli werden Schüler aus Izbica in Winterlingen zu Gast sein und unter anderem an der Schulentlassfeier der Realschule teilnehmen. Das Polen-Mobil des deutschen Polen-Instituts in Darmstadt wird in Winterlingen Station machen; angedacht ist auch eine Lesung mit dem Schriftsteller und Publizisten Mathias Kneip, der seit vielen Jahren Polen bereist. Seine Erfahrungen und Entdeckungen veröffentlicht er erfolgreich in Büchern und Reportagen.

Der Höhepunkt des 20. Schüleraustausches soll das Verlegen eines "Stolpersteins" zum Gedenken an das Schicksal von Selma Burkart sein. Die zehn auf zehn Zentimeter kleine Messingplatte soll vor dem ehemaligen Wohn- und Geschäftshaus der Eheleute Burkart ihren Platz finden. Emil Burkart, damals Ortsarzt, lebte mit seiner Ehefrau Selma in der Ebinger Straße.

Seit Dezember 1992 erinnern Stolpersteine in den Straßen Europas an die Opfer des Nationalsozialismus. Sie werden vor der letzten frei gewählten Wohnung der betreffenden Person installiert und mit Name, Lebensdaten und den Todesumständen versehen.

Das Projekt ist im vergangenen Jahr auf fast 70 000 verlegte Steine in rund 2000 Kommunen in Europa angewachsen. Bildhauer Gunter Demnig, Initiator und Leiter des Projekts, verlegt die Stolpersteine nach Vorbereitung durch den Bauhof persönlich. Er wird auch nach Winterlingen kommen. Auf Wunsch hält Demnig auch einen Vortrag zum Thema "Stolpersteine – Spuren und Wege".

Das Verlegen eines Stolpersteins kostet inklusive Vorbereitungsarbeiten, Materialkosten, Fertigung, Versand und Eintrag in die Datenbank 120 Euro. "Wir waren überrascht, dass die Kosten sich in so kleinem Rahmen bewegen", merkte Bürgermeister Michael Maier an. Mit dem Verlegen eines Stolpersteins in einer gemeinsamen Feierstunde mit den Freunden aus Polen und den Schülern soll ein wichtiges Zeichen des Gedenkens gesetzt werden.

Die Nachforschungen vor 22 Jahren waren Auslöser für das Entstehen der Schulpartnerschaft, die wiederum den Grundstein für den 2008 vom Gemeinderat beschlossenen Partnerschaftsvertrag legte. "In Anbetracht der Dinge, die jüngst in Halle vorgefallen sind, ist es mehr als angebracht, dass wir das machen", befand Gemeinderat Roland Heck. Das sahen auch die übrigen Ratsmitglieder so: Der Stolperstein für Selma Burkart ist einstimmig beschlossen.