Einsatz eines Gutachters kritisiert, Vorwurf: "Auf der Gehaltsliste des Planungsbüros."

Winterlingen/Bitz - Die Bitzer Bürgerinitiative Windkraft hat einen offenen Brief an das Landratsamt Balingen verfasst, in dem sie "Ungereimtheiten und zweifelhafte Machenschaften" kritisiert. Anlass ist ein Gutachten zum Artenschutz.

Heftig kritisiert die Bitzer Bürgerinitiative Windkraft das Gutachten der Gemeinde Bitz zur Greifvogelsituation im Vorhabengebiet – gemeint ist das Gebiet zwischen Winterlingen und Bitz, wo sieben Windkraftanlagen entstehen sollen, aber auch seltene Vögel zuhause sind.

Schon mehrfach habe die Bitzer Bürgerinitiative bemängelt, "dass das Planungsbüro Dr. Großmann, bis auf wenige Ausnahmen, speziell die artenschutzrechtlichen Prüfungen und Gutachten im Rahmen seines Bauantrags selbst gefertigt hat", heißt es in dem Schreiben. "Wir haben in diesem Zusammenhang mehrfach auf die tendenziösen Darstellungen, insbesondere auf die zum gesamten Feld des Artenschutzes, hingewiesen."

Was war geschehen? Dem Winterlinger Widerspruchsführer Herbert Bitsch sei bei der Vorbereitung seiner Klage für das Verwaltungsgericht aufgefallen, dass die Gemeinde Bitz den "Bock zum Gärtner" gemacht habe, als sie den Diplom-Biologen Jonas Scheck mit der Anfertigung eines Gutachtens über die Greifvogelsituation im betreffenden Gebiet beauftragt habe. Warum? Wie aus den Baugesuchsunterlagen hervorgehe, werde Jonas Scheck vom Balinger Büro "Dr. Grossmann" dort als "Mitarbeiter für Avifauna" geführt und steht nach Ansicht der Bürgerinitiative somit "auf der Gehaltsliste" des auf Umweltfragen spezialisierten Büros.

So nehme es nicht Wunder, dass Scheck im Bitzer Gutachten nur bestätige, "was von ›seinem‹ Planungsbüro zum Artenschutz für das Büro Dr. Grossmann verfasst wurde". Landrat Günther-Martin Pauli und den Mitarbeitern der Genehmigungsbehörde "hätte diese unglaubliche Situation auffallen müssen", wirft die Bürgerinitiative dem Landratsamt des Zollernalbkreises vor.

Schon früher, nämlich im Fall Naturschutzbund (Nabu), habe die Bürgerinitiative reklamiert, "dass dieser ebenfalls vom Büro Dr. Grossmann als Mitarbeiter und damit unseres Erachtens auf der Gehaltsliste aufgeführt wurde". Der Nabu habe dann gegenüber dem Landratsamt das unter seiner Mitwirkung erstandene Gutachten auch noch als völlig in Ordnung bestätigen dürfen.

"Was müssen wir noch an zweifelhaften Machenschaften aufdecken?

"Was müssen wir noch alles an Ungereimtheiten und zweifelhaften Machenschaften – bis hin zur Täuschung – im Zusammenhang mit dem Baugesuch aufdecken, um klar zu machen, dass hier nicht nur moralische Ansprüche aufs Übelste verletzt wurden, sondern auch rechtlich höchst fragwürdige Vorgänge ohne Beanstandungen durch das Balinger Landratsamt geblieben sind?", fragen die Verfasser des Schreibens, das Vorsitzender Walter Beck und die Vorstandsmitglieder Jochen Lottermoser und Günter Beck für die Bürgerinitiative unterzeichnet haben. Sie erwarten nun, dass das Gutachten, dass die Bürgerinitiative in Auftrag gegeben und vorgelegt habe und dass der "neutral und wissenschaftlich korrekt agierenden Frau Dr. Gschweng" – die Biologin Marion Gschweng ist Expertin für Greifvögel und speziell für Milane – "die Bedeutung beigemessen wird, die dazu führen muss, dass in dem Vorhabengebiet nicht ein einziges Windrad gebaut werden darf".

Das Landratsamt und Landrat Pauli fordern die Unterzeichner auf, "die erteilte Teilbaugenehmigung jetzt zurückzunehmen" und behalten sich zudem "weitere, auch rechtliche, Schritte vor, um diese dubiosen Vorgänge im Zusammenhang mit diesem Windräderprojekt anzuzeigen".

Landrat Günther-Martin Pauli, der am Montagabend zur ersten Sitzung des Kreistags im Jahr 2018 in Albstadt weilte, wollte sich zu dem Schreiben der Bitzer Bürgerinitiative noch nicht äußern. Zuerst wolle er mit den Verfassern selbst reden, so Pauli.