Winterkirche! Was so schön heimelig nach Glühwein, Plätzchen und Punsch klingt, hat einen ernsten Hintergrund. Um die Energiekosten in den Griff zu bekommen, werden die Gottesdienste aus Nagolds Kirchen verlegt.
Nagold - Damit beschreitet nun auch die evangelische Kirchengemeinde in Nagold einen Weg, der andernorts schon länger begangen wird. In Calw zum Beispiel werden die Gottesdienste den Winter über schon seit Jahren nicht mehr in der Stadtkirche gefeiert. Und auch die Landeskirche machte zuletzt deutlich, dass sie es lieber sehen würde, wenn die Gottesdienste den Winter über in den leichter und vor allem günstiger zu beheizenden Gemeindehäusern stattfinden könnten. Wo das eben möglich ist. Und in Nagold ist das durchaus der Fall.
"Wir wollen auch unseren Beitrag leisten", sagt Nagolds Co-Dekan Tobias Geiger. Und das tut die Kirche ja auch bereits, zum Beispiel dadurch, dass die Stadtkirche des Nachts nicht mehr beleuchtet wird.
Der nächste Schritt
Nun folgt also der nächste Schritt, das ist konsequent und vor allem zeitgemäß – ganz unabhängig von den in den vergangenen Monaten immens gestiegenen Energiekosten. So schön alte Kirchengebäude auch sind, letztlich sind sie energetisch ein Grauen, meist schlecht gedämmt, selten wirklich gut gefüllt, und nur mit großem Aufwand zu beheizen. Und so hat Nagold also jetzt die "Winterkirche" ausgerufen.
Dazu ein paar Fakten: Ab Dezember bis März finden in den Nagolder Kirchen keine Gottesdienste statt. Stattdessen werden die Gottesdienste in den jeweiligen Gemeindehäusern zelebriert. Im Fall der Stadt ist das das Zellerstift, auf dem Lemberg das Remigiusgemeindehaus, und auch in Iselshausen kann problemlos das Gemeindehaus für Gottesdienste genutzt werden.
Weihnachtsgottesdienste in den Kirchen
Es gibt allerdings auch Ausnahmen: Denn weihnachtlich geschmückt werden die Kirchen schon, mit Baum und Krippe, und was sonst noch so in der Adventszeit dazugehört. Und für die Gottesdienste von Heiligabend bis Silvester gilt dann auch die Ausnahme. "Diese Gottesdienste wollen wir auch wegen der besonderen Atmosphäre in unseren Kirchen feiern", sagt Geiger.
Die Kirchen den Winter über zu schließen – oder streng genommen werden sie ja nur nicht mehr beheizt – das macht kostenmäßig aber auch ökologisch durchaus Sinn. "Wir haben jährliche Heizkosten von 30 000 Euro", erzählt Geiger. "Wir", das beinhaltet die Heizkosten der drei Nagolder Kirchen und der jeweiligen Gemeindehäuser. "Da können wir uns eine Verdopplung der Energiekosten gar nicht leisten", wirbt er um Verständnis für die Maßnahme. Die ist letztlich auch gar nicht so ungewöhnlich. Früher sei es durchaus normal gewesen, im Winter die Kirchen geschlossen und unbeheizt zu lassen, und für die Gottesdienste an andere Orte auszuweichen. Scheinbar auch in Nagold. Erst neulich habe dies ihm ein Gemeindemitglied erzählt.
Die Orgeln vertragen die Kühle
Es gibt ja auch Ausnahmen. Zum Beispiel das Benefizkonzert für das Stationäre Hospiz. Das wird am 10. Dezember in der Stadtkirche stattfinden, und die wird selbstverständlich auch beheizt sein. Und die Stadtkirche ist auch den Winter über geöffnet, täglich, für all jene, die etwas zu Ruhe kommen wollen. Nur beheizt ist sie im Regelfall eben nicht.
Dabei will man allerdings genau die Minusgrade beobachten, denn natürlich sollen Schäden zum Beispiel an den Wasserleitungen verhindert werden. Ein Nebenaspekt dabei: Den Orgeln macht die kühle Temperatur wohl keine Probleme. Sagt zumindest Tobias Geiger. Es seien eher die schnellen Temperaturschwankungen, die dem Instrument zusetzen könnten, wie Nagolds Co-Dekan verrät.
Auch die Vesperkirche zieht um
Letztlich heißt die Entscheidung auch, dass Nagolds Stadtkirche im kommenden Jahr nicht als Ort für die Vesperkirche dienen kann. "Wir können da bei uns ja keine Wärmestuben anbieten", sagt Geiger. Stattdessen soll die evangelisch-methodistische Friedenskirche zur Vesperkirche werden.
Der Kirchengemeinderat hat indes auch beschlossen, die Winterkirche zum Anlass zu nehmen, neue Gottesdienstformate anzubieten. Von Januar bis März 2023 wird es einmal monatlich einen Abendgottesdienst geben – mit einer Themenpredigt und umrahmt von neuer Musik. An diesen Tagen fällt dann der Vormittagsgottesdienst im jeweiligen Gemeindebezirk aus. Beginn ist immer um 18 Uhr. Die Termine: 29. Januar im Gemeindehaus Iselshausen, Thema "Alle meine Ängstchen"; am 12. Februar im Zellerstift mit "bekannten Gospelsongs und ihrer Botschaft"; und am 12. März im Lemberg-Gemeindehaus zu "Jesus, Oskar und die Dame in Rosa".