Das Hymer-Museum zeigt die Anfänge des Wintercampings Foto: Hymer-Museum

Campen im Winter? Machen gar nicht so wenige – und leiden dabei auch nicht. Da war das Leben für die Pioniere des Wintercampings schon härter. Ein Blick ins Hymer-Museum lehrt das Frösteln.

Bad Waldsee - Campen im Winter? Machen gar nicht so wenige – und leiden dabei auch nicht. Da war das Leben für die Pioniere des Wintercampings schon härter. Ein Blick ins Hymer-Museum lehrt das Frösteln.

„Man sollte dem Wohnwagen auch im Winter treu bleiben“, schrieb der Reisejounalist Theo Rockenfeller im Jahr 1938. Das war eine kühne Forderung. Denn in diesen Jahren war das Campen mit Anhängern ein Abenteuer, an das sich nur wenige Unerschrockene wagten. Es war eine Frau, die die Deutschen zu dieser Art des Reisens gebracht hat. Im Jahr 1931 war die Landschaftsmalerin Fridel Edelmann mit dem Peitschenfabrikanten Arist Dethleffs aus Isny verlobt – und sah ihn recht selten, weil der beruflich viel unterwegs war. Unzufrieden schrieb sie ihm: „So etwas Ähnliches wie ein Zigeunerwagen, in dem wir zusammen fahren und ich auch malen könnte, das wäre das Richtige für uns.“ Worauf sich Arist Dethleffs ans Zeichnen, Konstruieren und Bauen machte. Einige Monate später stand das sogenannte „Wohnauto“ vor Fridel Edelmann. Der erste Caravan Deutschlands.

Recht viereckig, auf zwei kleinen, schmalen Rädern, aber innen schön geschreinert und geschickt aufgeteilt, von der Schublade für die Waschschüssel bis zur Doppelstockliege. Man kann den Anhänger als Nachbau im Hymer-Museum bestaunen. Dort hat der Wohnmobil-Produzent 2011 ein großzügiges Museum eröffnet, das sehr gelungen die Faszination des ungebundenen Reisens auffächert und ihre Protagonisten vorstellt.

Caravan-Pioniere waren die Amerikaner und Briten

Wie das Ebinger Ehepaar Seitz. Das verbrachte seine Wochenenden gerne in einer alten Mühle, aber immer wieder wurde dort eingebrochen. Da packte Hans Seitz die Wut: „Jetzt bau ich ein Wochenendhaus, das ich ständig mit mir herumfahren kann.“ Nach wochenlangem Schrauben stand der „Immer daheim“ vor ihnen. Auf Probefahrten über die Alb erregte er Aufsehen.

Deutschland war eben Caravaning-Entwicklungsland. Pioniere waren die Amerikaner und Briten, wo die selbsternannten „Gentleman-Zigeuner“ 1907 den britischen Caravaning-Club gründeten, wobei noch Pferde die Reisewagen zogen und ein Diener auf dem Dreirad vorausradelnd die Straße freimachte. Als 1937 in Deutschland vier Wohnwagenfirmen existierten, gab es in England bereits knapp 100 Hersteller und in den USA an die 400. Aber die wenigen Wohnwagen-Enthusiasten in Deutschland warben um so leidenschaftlicher für ihre Passion. Der Journalist Theo Rockenfeller kaufte sich eine „Karawane“, den meistverbreiteten Wohnwagen, und ging auf große Fahrt bis in die Libysche Wüste. Gebaut hatte die „Karawane“ Hans Berger, der unentwegt für die neue Art des Reisens warb. Das Museum zitiert aus seinem Buch „Jachten der Landstraße“: „Der moderne Mensch will selber fahren und überall daheim sein. Diese eigene Stube auf Räder gesetzt gibt uns der Wohnwagen. Das Auto gibt uns die Ferne, der Wohnwagen das Daheim.“

Es gab weder Heizung noch eine gute Isolierung

Das neue Reisegefühl brachte der abenteuerlustige Theo Rockenfeller auf den Punkt: „Wir wollen unser Leben nicht in Luxushotels verbringen, sondern draußen am Busen der Natur, wo der Schakal heult und wo man keine befrackten Ober kennt.“ Und das eben auch zur Winterszeit. Das war allerdings nur etwas für die ganz Harten. Weder gab es eine Wohnwagenheizung noch eine Isolierung, die diesen Namen verdiente. Man versuchte es mit Petroleum- oder Benzin-Öfchen, die allerdings den Wagen vollstanken. Außerdem kondensierte die warme Luft an den kalten Wohnwagenwänden. Diese Feuchtigkeit machte alles im Inneren klamm und verrottete die Sperrholzaufbauten. Gefährlich war außerdem der Sauerstoffverbrauch der Öfen – das konnte leicht in ein Wegdämmern in den ewigen Schlaf münden. Aber all das konnte die Pioniere nicht schrecken.

Hans und Lina Seitz nutzen den Rekordwinter 1939/40 zum Langzeit-Test: Wochenlang lebten sie ausschließlich in ihrem „Immer daheim“, den sie mit einem Holz-Brikett-Ofen heizten. Akribisch führten sie Buch über ihre Temperatur- und Feuchtigkeitsmessungen. Dann kommt der Weltkrieg, erst in den 50-er Jahren haben die Deutschen wieder Zeit und Geld für Urlaube mit dem Caravan. Und sie steigen fast wieder auf Vorkriegslevel ein, vor allem im Wintercamping. „Noch in den 60-er Jahren war Camping eine recht primitive Angelegenheit“, zitiert das Museum Philipp Kreis, den Gründer der Münchner Firma Truma. 1961 brachte Truma die erste Gas-Wohnwagenheizung auf den Markt, der Durchbruch für das Wintercamping. Mittlerweile haben die Ingenieure vieles ersonnen bis zu Kombinationsheizungen, die Wärme und Heißwasser in einem Gerät bieten. Wintercamping ist so bequem geworden, dass die Pioniere wohl das Abenteuerliche vermissen würden. Infos: Hymer-Museum, Robert-Bosch-Straße 7, Bad Waldsee. Täglich 10-18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr geöffnet, nicht am 24. und 31.12.. Eintritt: 9,50 Euro, ermäßigt 4,50 Euro. www.erwin-hymer-museum.de