Das Stuttgarter Landgericht versucht, im zweiten Verfahren die Umstände des rechtsextremen Anschlags von Winterbach zu klären.
Stuttgart/Winterbach - Mit dem Geständnis eines Angeklagten hat der zweite Prozess um den Anschlag eines rechtsextremen Mobs auf Migranten in Winterbach (Rems-Murr-Kreis) begonnen. Der 24-Jährige gab am Mittwoch vor dem Stuttgarter Landgericht zu, eines der Opfer mit Tritten übel zugerichtet zu haben. „Ich war selber im Wutrausch“, sagte der erste der insgesamt zwölf Angeklagten.
Als Teilnehmer eines Grillfests der rechten Szene sei er am 10. April 2011 mit gut zehn weiteren Männern auf mehrere Männer türkischer und italienischer Herkunft losgegangen. Bei der Jagd ging eine Gartenhütte in Flammen auf, in die sich fünf Opfer geflüchtet hatten. Nur nach gutem Zureden eines Polizisten am Telefon hatten sich die Männer schließlich aus der brennenden Hütte getraut. Wie es zu dem Brand kam, habe er nicht gesehen, sagte der Angeklagte.
Er sei wütend gewesen wegen eines Streits im Vorfeld, schilderte der 24-Jährige, der sich selbst als Faschist bezeichnet. Teilnehmer der anderen Grillparty hätten ihn auf italienisch beschimpft und ihm einen Schlag aufs linke Auge verpasst. „Ich wollte es zurückzahlen, weil ich ohne Grund geschlagen wurde.“ Zudem gestand er, bei seiner Aussage im ersten Verfahren „komplett gelogen“ zu haben. Damals hatte er von einem Filmriss gesprochen. Jetzt beteuerte er: „Ich stehe zu meinem Fehler, den ich gemacht habe. Es tut mir leid, was geschehen ist.“ Neue Namen von Tatbeteiligten nannte er im Verfahren nicht.
Staatsanwaltschaft hegt wenig Hoffnung, die Brandstiftung aufzuklären
Insgesamt müssen sich im zweiten Winterbach-Prozess elf Männer und eine Frau verantworten. Vorgeworfen wird den 18- bis 37-Jährigen unter anderem gefährliche Körperverletzung, Falschaussage oder auch Strafvereitelung. Zwei von ihnen stehen zudem wegen Anstiftung zu der Hatz vor Gericht.
In einem ersten Verfahren hatte das Landgericht zwei Männer wegen gefährlicher Körperverletzung zu je zwei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt. Sie hatten bei Vernehmungen eingeräumt, in der Nähe der Hütte gewesen zu sein. Brandstiftung konnte ihnen nicht nachgewiesen werden. Viele der jetzt Angeklagten waren damals als Zeugen geladen und hatten dem Gericht zum Teil abenteuerliche Versionen aufgetischt. „Es ist verschleiert, gemauert und gelogen worden, bis sich die Balken biegen“, sagte der Vorsitzende Richter damals.
Auch im zweiten Verfahren hegt Staatsanwalt Marcus Höschele nur wenig Hoffnung, die Brandstiftung aufklären zu können. Es sei schwierig, weil es keine neutralen Zeugen gebe, machte er in einer Pause deutlich. Die Opfer selbst hatten schon im ersten Prozess wenig Angaben zu den Angreifern gemacht. Sie leiden nach Angaben ihrer Anwälte bis heute psychisch unter den Folgen der Tat.
Vor Prozessbeginn hatte eine kleine Gruppe Demonstranten vor dem Gericht Flagge gegen Rechts gezeigt. Die Organisatoren von „Rems-Murr Nazifrei!“ forderten „Keine Macht den rechten Umtrieben“ und verlangten bedingungslose Aufklärung.