Die Windparkanlage in Straubenhardt (Foto) wurde im Vorfeld der Entscheidung über einen Windpark vom Rottenburger Gemeinderat und von Bürgern besucht, es gab Gespräche mit den Verantwortlichen und mit Straubenhardter Bürgern. Foto: Baum

Die Rottenburger Stadtverwaltung stellte sich in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung den Fragen und Zweifeln der Bürger zum geplanten Windpark. Anschließend fiel die Entscheidung über das Projekt.

Rottenburg - Bereits in der Bürgerfragestunde, die der umfangreichen Mammutsitzung des Gemeinderates vorausging, meldeten sich Bürger zum Thema Windkraft und zum geplanten Windpark auf Rottenburger Markung zu Wort. Der Gemeinderat hatte anschließend das Wort, traf seine Entscheidung aber nichtöffentlich. In der Gemeinderatsitzung wurden aber die einzelnen Sichtweisen der Fraktionen ausgetauscht – einig war man sich über die Notwendigkeit der Nutzung erneuerbarer Energien, dazu zählt auch und gerade die Windkraft.

Viele Fragen in Bürgerfragestunde

In der Bürgerfragestunde schlugen die Wogen allerdings hoch – viele der Bürger wollen keinen Windpark vor der Haustüre auf Rottenburger Gemarkung. Oberbürgermeister Stephan Neher ließ die angesetzte halbe Stunde laufen, ermahnte aber immer wieder, dass es um Fragen und nicht um Statements der Bürger gehe. Ein Bürger etwa meinte, er sei für Atomkraft, wähle CDU und der Abend sei auch eine Abstimmung über die Wählbarkeit von Ratsmitgliedern - er komme aus Oberndorf, und frage sich, inwieweit er bei der nächsten Kommunalwahl wen wählen werde. Beim geplanten Windpark gehe es um Millionen.

OB äußert sich

OB Neher erklärte daraufhin, dass Politiker nicht immer nur "Politik betreiben hinsichtlich der nächsten Wahlen", "wir werden unsere Entscheidungen auch nicht aufgrund von Umfragewerten treffen". Man müsse in der Kommunalpolitik "immer Entscheidungen zum Wohle aller und der Gesellschaft treffen". Die Allgemeinheit brauche Abwägungen, in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen – sei es im Sport, beim Straßenbau, beim Thema Schulen und Kinderbetreuung, und auch beim Windpark. "Alles gleichzeitig geht aber nicht", betonte Neher, "einfach weil das Geld dafür nicht ausreicht".

Der Ausstieg aus der Atomkraft sei wichtig und Konsens in der Politik. "Wir müssen an jeder sinnvollen Stelle den Mix aus erneuerbaren Energien nutzen – dazu zählen Wasserkraft, Biomasse, Photovoltaik, und es gehöre auch der Faktor Windkraft dazu. Es braucht viele erneuerbare Energien, um sie nutzbar machen zu können. Wir bestätigen die Entscheidung der Ortschaftsräte in den Ortschaften."

Behauptung: Verfahren sei "rechtswidrig"

Eine weitere Frage eines anderen Bürgers drehte sich um Entscheidungen zur Windkraft und zum Windpark in nichtöffentlichen Sitzungen der Gremien und um die Öffentlichkeitsbeteiligung. Der Fragende meinte, dass das Verfahren zum Windpark "rechtswidrig" sei, "die Öffentlichkeit war und ist nicht beteiligt". Auch fragte er, wann die Daten von Windmessungen veröffentlicht werden und er betonte, dass derzeit nur "Rohdaten" verfügbar seien.

Das Mitglied der Bürgerinitiative Gegenwind wollte wissen, ob der Windpark aus maximal acht Windrädern bestehen wird und ob dies vertraglich fixiert sei. OB Neher betonte, dass Gremien bei Pachtverträgen und bestimmten Entscheidungen über Gegenstände oder über Interessen Einzelner nichtöffentlich verhandeln und abstimmen dürfen. Es müsse in diesem Fall sogar nichtöffentlich verhandelt werden – die Kalkulation werde nichtöffentlich verhandelt, ebenso berechtigte Geschäftsinteressen der eventuell künftigen Windparkbetreiber. Im Nachgang zur Entscheidung über den Windpark könnten erst teure und hochpreisige Gutachten in Auftrag gegeben werden. Die Anzahl der Anlagen betrage maximal acht Windräder, "von eins bis zu acht". Aber da Seebronn dagegen votiert habe, würden es aller Voraussicht nach nur sieben, unter Umständen vielleicht sogar weniger, so der OB.

Gutachten werden veröffentlicht

Die Gutachten zur Windstärke, Windmessungen und dergleichen mehr würden dann später öffentlich zugänglich gemacht. Ein anderer Bürger hakte nach, weshalb über den Windpark verhandelt wird, "wenn nicht einmal Windmessungen vorhanden sind". Deutschland stehe heute "vor den Scherben seiner Energiepolitik". Neher betonte, dass die Stadtwerke und die Firma Altus die Windräder bauen wollen. "Wir brauchen kein Prestigeprojekt, aber wir benötigen auf vielen Flächen Anlagen mit erneuerbaren Energien, um nutzbare wirtschaftliche Erfolge damit zu erzielen." Die Untersuchungen und Gutachten seien "nicht günstig", daher werde zuerst eine Entscheidung getroffen, dann werde die Fläche vergeben, danach werde geplant und untersucht. "Man lässt ja auch keinen Architekten ein Haus planen und investiert für die Planungen sehr viel Geld, bevor man nicht einen Bauplatz hat."

Eingemeindungsvertrag zitiert

Eine Bürgerin aus Oberndorf zitierte den Eingemeindungsvertrag – hier sei schriftlich fixiert, dass es dort keine "belästigenden Bauten" geben dürfe. Der OB betonte, dass dies auch weiterhin gilt, "der eine mag sensibler reagieren, etwa auf Emissionen, wir halten aber alle Abstände und Grenzwerte ein – auch beim Lärm". Der Windpark werde nach "gesetzlichen Grenzwerten bewertet". Er wolle aber das Thema Infraschall nicht in Abrede stellen.

Bei der Frage nach betroffenen Biotopen, dem Wasserschutz, EU-rechtlich geschützten Gewässern wie dem Arbach oder Fledermäusen ordnete Erster Bürgermeister Thomas Weigel die Diskussion der Bürger ein. "Für Deutschland gibt es einen Windatlas, da sind auch für Rottenburg Flächen dargestellt." Der Windpark sei als Gebiet mit besonderer Windhäufigkeit dargestellt.

Verpflichtung zur Windkraft

Bürgermeister Hendrik Bednarz warnte, dass Flächen mittlerweile auch für die Nutzung von Windkraft eingezogen werden könnten. "Wir sind verpflichtet, zwei Prozent unserer kommunalen Fläche für Windkraft zur Verfügung zu stellen – mit dem Windpark sind wir auf der sicheren Seite und haben dies getan." Ein Windpark im Rammert sei geprüft worden, dies gehe aber aus verschiedenen Gründen nicht. Bednarz erklärte beim Statementaustausch der Fraktionen, dass endlich ein "Schlussstrich zur Windkraftdebatte auf Rottenburger Gemarkung" gezogen werde. Alle Fraktionen befürworteten übrigens den Windpark, eine der Fraktionen meinte jedoch, es sei bei ihnen "zwar nur mehrheitlich Konsens, aber wir sind dafür."

Das Ergebnis

Am Mittwoch teilt die Stadt das Abstimmungsergebnis aus der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats mit: "Der Gemeinderat der Stadt Rottenburg am Neckar hat mit 29 Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und einer Enthaltung in nicht-öffentlicher Sitzung für die Verpachtung städtischer Flächen in Hailfingen, Oberndorf und Wendelsheim gestimmt."