Erstaunlich viel Symbolik verbirgt sich hinter diesem Bild mit Blick auf die Stimmung in Bösingen. Foto: Pfannes

Wenn die Projekte Norma und Windkraftanlagen im Bösinger Gemeinderat zur Sprache kommen, dann sind Spannungen vorprogrammiert.

Bösingen - Eigentlich lässt sich Gemeinderatsberichterstattung nicht mit der Interpretation eines Bildes in Verbindung bringen, wie es in Seminaren einer kunstgeschichtlichen Fakultät an der Tagesordnung ist, doch beim Betrachten des nebenstehenden Fotos, das das Gelände in den Abendstunden zeigt, auf dem ein Markendiscounter seine "Norma"-Filiale hinstellen will und das gewaltig aufgefüllt werden soll, lassen sich ohne weiteres Analogien ziehen zu Befindlichkeiten in der Gesamtgemeinde.

Eine Bilanz seit 2015

Dunkle Wolken ziehen auf. Sie künden Stürme an. Wer im Regen steht, wird sich möglicherweise nach der Bürgermeisterwahl im Oktober herausstellen. Es geht bei den Befindlichkeiten eben nicht nur um die oben angesprochenen Großprojekte, sondern auch um eine Bilanz der siebeneinhalbjährigen Amtszeit von Johannes Blepp. Derzeit ist es um den Gemeindefrieden nicht zum besten bestellt, ein strahlend-blauer Himmel selten auszumachen.

Nicht das erste Mal garantiert der Bau der drei Mega-Windkraftanlagen auf Herrenzimmerner Gemarkung reichlich Gegenwind, wie bei den Bürgerfragen zu hören und zu spüren ist.

Fragen der Bürger

Andreas Schuhmacher thematisiert – nach seiner Frage Mitte Dezember im Gemeinderat – ein zweites Mal die Wertminderung von Immobilien, weil er die Antwort, im März von Bürgermeister Johannes Blepp erhalten, als unvollständig empfindet.

Armin Hattler spricht neben anderen Punkten den Lärm an, den Stuttgart 21-Lastkraftwagen machen, wenn sie ihre Fracht zu später Stunde zum Auffüllen von Gelände in Bösingen durch Herrenzimmern jagen und dokumentiert diesen mit einem Video. Wann sei hier mit Abhilfe zu rechnen, will er vom Schultes wissen.

Er vermisst weiterhin den Bau von Photovoltaikanlagen auf gemeindeeigenen Dächern und kritisiert das Windkraftanlagen-Vorhaben – vor allem mit Blick auf Lärm und Schattenwurf.

Informationspolitik

Günther Hattler geht erneut auf die Entstehungsgeschichte ein, die im Beschluss des Gemeinderats vom 23. September gipfelte, als sich eine Mehrheit für drei statt zwei Windkraftanlagen ausgesprochen hat. Er hinterfragt die Informationspolitik – so zwischen Schultes und Gemeinderat mit Blick auf ein Windkraft ablehnendes Schreiben des Villingendorfer Bürgermeisters und die Folgen bei der später erfolgten Abstimmung im Gemeinderat.

Auch die Informationsfahrt zum Windpark Hohenlochen hätte zu einem früheren Zeitpunkt vor einer Abstimmung im Gemeinderat mit umfassenderen Besichtigungsmöglichkeiten mehr Sinn gehabt.

Höhe der Auffüllung

Doch nicht nur die auf dem Foto zu sehenden Wolken gilt es zu beachten, sondern ganz praktisch das Gelände, das zum zweiten Großprojekt führt, welches Bösinger Bürger irritiert: Norma und Geländeauffüllung. Wie Anlieger Arno Hezel während der Bürgerfragestunde bittet, solle doch geprüft werden, ob denn die im Baugesuch zu entnehmende 3,61 Meter Höhe, sichtbar gemacht an seiner Grundstücksgrenze durch Längs- und Querlatte, nicht reduziert werden könnte.

Neben anderen Gesichtspunkten ebenso wegen des Komplexes Starkregenwasser und Böschung, die dann sein landwirtschaftliches Anwesen und darauf Lagerndes in Mitleidenschaft ziehen würde.

Gemeinsames Schauen

Auf der einen Seite liegt also für die Entscheidungsträger im Gemeinderat die Latte hoch, als sie zu späterer Stunde über das Baugesuch Norma zu entscheiden haben, auf der anderen Seite mahnt die Farbe, die ins Lila reicht, dass Vorsicht geboten ist, bevor es kommunalpolitisch dunkelrot wird.

Doch diese Farbensymbolik ist bei der Abstimmung die kleinste Sorge. Bevor die Hände nach oben gehen, will sich die Mehrzahl der elf anwesenden Gemeinderäte – es fehlen Gudrun Müller, Thomas Hoppe und Rainer Hezel – erst einmal an Hand der Unterlagen ein Bild machen. Deshalb wird gemeinsam am Ratstisch der Plan studiert, und es werden Erläuterungen vorgelesen. Schließlich will man ja wissen, warum der Planer zu einer solchen Auffüllungshöhe gekommen ist.

Ob dies an der Verlagerung des Verflüssigers aus Lärmschutzgründen liege, wie zuerst der Schultes in die Diskussion einbringt. Oder ob es mit der Einfahrt und der Anpassung zur Straße zu tun habe, wie Simon Koschnike herausfindet. Beim genauen Betrachten kommt dann sogar heraus, dass man künftig trotz der vorgesehenen Auffüllung sechs Prozent hinunterfahren werde und nicht sechs Prozent hinauf, wie auch zeitweise spekuliert wird.

Drei nicht d’accord

Diese Zahlen und Höhen erstaunen. Beim bloßen Betrachten des Geländes wären jene nur den wenigsten in den Sinn gekommen. Die Bitte um Prüfung, die Gotthard Mei äußert, ob auch etwas weniger möglich wäre, schlägt sich dann nicht im Verlauf der Sitzung nieder. Es wird abgestimmt. Das Baugesuch erhält mehrheitlich Zustimmung. Dagegen votieren Bernadette Stritt und Claudia Hirt, der Stimme enthält sich Nadine Fischinger.

Die Probleme und Befürchtungen, die andere Auffüllungen im Gewerbegebiet Pfarrbrühl verursachen, so zum Beispiel solche, die mit Blick auf bereits im Zusammenhang mit der Wasserzufuhr zum Grabenwaldsee angesprochen wurden, sind lediglich am Rande der Sitzung zu hören.

Grün: Farbe der Hoffnung

Doch es gibt natürlich nicht nur einen aufziehenden Regen auf obigem Bild zu sehen, der dann zu späterer Stunde Bösingen erfrischt, sondern auch Grün, die Farbe der Hoffnung. Hoffnung vielfältiger Art und unterschiedlicher Deutung.

Da ist sicher die Hoffnung auf Verständnis, wenn Gotthard Mei über seine Ausflüge zum Windpark Prechtaler Schanze berichtet. Keinen Lärm hätten diese Anlagen gemacht, dafür viel Lärm der Straßenverkehr. Diese Fahrten hätten ihm mehr Erkenntnisse gebracht, deshalb sei er nicht mit dem Gemeindebus zu einer sich nicht drehenden Anlage mitgefahren.

Voba für KSK-Kunden

Eine andere Hoffnung hegt Bürgermeister Johannes Blepp. Er berichtet, dass die Kreissparkasse mitgeteilt habe, dass KSK-Kunden künftig kostenfrei die Automaten der örtlichen Volksbank-Filiale nutzen könnten. Die Dependance in der Epfendorfer Straße 1 werde geschlossen. Eine Botschaft, die KSK-Kundin Bernadette Stritt als "Armutszeugnis des Geldinstituts" wertet. Sie überlege sich, zu wechseln. Schließlich gehe der Personalaufwand der Kreissparkasse für die Wartung der Gerätschaften gegen Null. In die frei werdenden Räumlichkeiten könnte Kunst einziehen. Es existiere die Idee, Ausstellungsräumlichkeiten für Künstler aus der Region zu ermöglichen, berichtet Johannes Blepp.

Warten auf Kundschaft

Eine weitere Hoffnung hegen Gemeinderäte mit Blick auf die Geschwindigkeitsmessgeräte in Bösingen-Ort. Zwar warte jenes in der Epfendorfer Straße derzeit auf Kundschaft (da die Straße gesperrt ist), doch da es stationären Charakter habe, wie Gotthard Mei auf Nachfrage vom Bürgermeister erfährt, diene es nicht als Stoff für die Fasnet. Jenes, welches derzeit in der Kurve der Beffendorfer Straße seinen Dienst tut, vielleicht schon. Hier erklärt sich der Schultes als zuständig für die Standortwahl. Die Hoffnung, dass zu schneller innerörtlicher Verkehr gezähmt wird, bleibt.

Breites Mulchen

Ebenso auf eine Antwort im Zusammenhang mit dem Mulchen eines Wanderweges auf privatem Grund, der wegen der nun sichtbaren Breite von etwa 3,50 Meter den Charakter einer offiziellen Fahrbahn erhalten habe. Gründe und Motivation interessieren. Wenn es keine geben sollte, lohnt sich vielleicht ein letzter Blick auf das obige Bild und auf die vom Grün ins Strohfarbene gewechselten Stellen.

Das Dorffest lockt

Eine Farbe, die durchaus mit einem kühlen Getränk in Verbindung gebracht werden könnte, das nach dem Fassanstich und der Eröffnung des Bösinger Dorffestes einfach zu erwerben ist, um mögliche Diskussionen, die sich um Kommunalpolitik drehen, erkenntnisreicher zu gestalten.

Die "harten Fakten" des Abends – Zusammenlegung beider Kläranlagen, Gerätewagen Logistik 2 für die Feuerwehr und Salzstreuer für den Winterdienst – sind in der Regel etwas für Wasser und trockenes Brot.