Ein Windpark auf der Schwäbischen Alb: Künftig sollen neue Windkraftanlagen in Baden-Württemberg schneller genehmigt werden. Foto: imago/Arnulf Hettrich

Oft dauert es viele Monate, bis eine neue Windkraftanlage genehmigt ist. Die Genehmigungsverfahren sollen nach dem Willen der baden-württembergischen Umweltministerin künftig aber deutlich schneller gehen. Wie das klappen soll – und was das für den Artenschutz bedeutet.

Stuttgart - Ende Oktober wurde sie von der Landesregierung ins Leben gerufen, nun hat die „Task Force“ erste Maßnahmen zum schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien im Südwesten vorgestellt. Ziel sei es, Genehmigungsverfahren etwa für neue Windkraftanlagen zu beschleunigen und Fristen zu verkürzen, sagte Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) am Dienstag.

So sollen Unterlagen zur Genehmigung von Windkraftanlagen künftig digital eingereicht werden – „damit man nicht mehr mit dem Kleinlaster zum Amt fahren muss“, wie die Umweltministerin sagte. Binnen eines Monats soll dann überprüft werden, ob die Antragsunterlagen vollständig sind. Die Regierungspräsidien im Land werden bei den Genehmigungsprozessen eine stärkere Steuerungsfunktion übernehmen. Verzögere sich bei den Verfahren etwas, könne künftig direkt nachgehakt werden. Eine Zeitersparnis soll laut Walker auch die Abschaffung des Wiederspruchverfahrens bringen – wenn geklagt werde, gehe dies in Zukunft direkt an den Verwaltungsgerichtshof.

Ziel ist der Schutz von Populationen – nicht von einzelnen Tieren

Durch die Maßnahmen soll es vom Einreichen der Unterlagen bis zur Genehmigung einer Windkraftanlage künftig halb so lange dauern wie bisher mit durchschnittlich 18 Monaten. „Alles andere als eine Halbierung der Zeit werde ich nicht akzeptieren“, betonte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

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Walker erwartet eine Umsetzung der Maßnahmen im ersten Quartal des neuen Jahres. Im Staatswald seien erste Flächen für bis zu 90 Windräder identifiziert worden, im Frühjahr sollen weitere hinzukommen. Zudem setzt sie sich beim Bund für die Möglichkeit ein, auch Landschaftsschutzgebiete für Anlagen nutzen zu können. Eine Klärung auf Bundesebene erhofft sich Walker auch für artenschutzrechtliche Ausnahmen, sodass Windkraftanlagen vermehrt auch in Bereichen errichtet werden können, in denen sich Konflikte mit dem Artenschutz nicht vermeiden lassen: „Ziel ist es, Populationen zu schützen, nicht einzelne Tiere“, betonte Walker.

Vorrang für Rotmilan oder Mopsfledermaus auf bestimmten Flächen

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) Baden-Württemberg lobt, dass die Landesregierung den Ausbau der Erneuerbaren Energien angeht: „Hut ab, dass nach so kurzer Zeit schon ein Zwischenbericht der Task Force vorliegt“, kommentierte die Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch am Dienstag. „Das zeigt, dass die Landesregierung es ernst meint mit einem schnelleren Ausbau von Windenergie und Photovoltaik.“ Ohne eine starke Beschleunigung in allen Bereichen werde es nicht möglich sein, die Klimaschutzziele zu erreichen. Dabei dürfe der Klimaschutz nicht gegen den Artenschutz ausgespielt werden: beides müsse und könne zusammen gelingen, sagte Pilarsky-Grosch. „Auch sollte zum Beispiel der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Landschaftsschutzgebieten nur möglich sein, wenn er mit den Zielen des Naturschutzes vereinbar ist.“

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Auch der Naturschutzbund Baden-Württemberg hält eine Beschleunigung des Ausbaus für richtig. „Wichtig ist uns als Naturschutzverband, dass beim Beschleunigen nicht alle roten Ampeln missachtet werden und der Natur- und Artenschutz unter die Räder kommt“, sagte der Nabu-Landesvorsitzende Johannes Enssle. Eine Beschleunigung könne nur gelingen, wenn beides seinen Platz finde. „Wir brauchen Flächen, auf denen Windräder Vorrang haben und solche, auf denen Arten wie der Rotmilan und die Mopsfledermaus Priorität haben.“ Begleitet werden müsse dieses Verfahren durch wirksame Programme zum Schutz und zur Förderung windenergiesensibler Arten – und das koste Geld, erfordere Personal und Flächen. Der Nabu geht von einem zweistelligen Millionenbetrag aus, der jährlich in die Artenhilfsprogramme investiert werden müsste.