Sorgen für Verdruss: Die geplanten Windräder auf dem Schurwald. Foto: dpa

Der Empfang war stürmisch: Agrarminister Alexander Bonde ist mit einem Pfeifkonzert auf dem Schurwald empfangen worden. Der Grüne präsentierte die Pläne für den Ausbau der Windkraft – und erntete nur wütenden Protest.

Der Empfang war stürmisch: Agrarminister Alexander Bonde ist mit einem Pfeifkonzert auf dem Schurwald empfangen worden. Der Grüne präsentierte die Pläne für den Ausbau der Windkraft – und erntete nur wütenden Protest.

Schorndorf - Anlass für den Besuch aus der Landeshauptstadt war die Übergabe des sogenannten Gestattungsvertrags durch Bonde an ein Konsortium – nämlich an eine Bietergemeinschaft, bestehend aus den Stadtwerken Schorndorf, Fellbach und Tübingen sowie der Energieversorgung Filstal. Das Quartett hatte sich im Rennen um die Verpachtung des Staatswalds beim ehemaligen Bundeswehrdepot zwischen Schorndorf und Göppingen gegen fünf Mitbewerber durchgesetzt. Die Unternehmenskooperation hat nun die Gelegenheit, weitere Untersuchungen zur Errichtung von bis zu sechs Windkraftanlagen anzustellen. Innerhalb von 24 Monaten muss sich zeigen, ob der Bau eines Windparks mit einem Investitionsvolumen von 25 Millionen Euro technisch und wirtschaftlich möglich ist und ob zudem alle Auflagen des Umwelt- und Naturschutzes erfüllt werden können.

Wie umstritten derartige Vorhaben allerdings sind, wird am Dienstag erneut recht deutlich: An die 100 Protestanten haben sich auf dem Areal südlich des Schorndorfer Teilorts Unterberken versammelt. Vorwiegend Bewohner aus den umliegenden Dörfern, die Bürgerinitiativen wie die BI Berken oder BI Adelberg gegründet haben. Aber auch Windkraftgegner aus dem Limpurger Land rund um Gaildorf sind angereist.

Windräder-Naben als Totenköpfe

Als Bonde aus seinem Dienstwagen steigt, wird er zum einen von Schorndorfs Oberbürgermeister Matthias Klopfer, insbesondere aber von einem gellenden Pfeifkonzert empfangen. Die Aktivisten recken ihre Plakate in die Höhe. „Schurwald aufwachen!“, steht da, oder „Grün macht’s tödlich!“ Auf einem Transparent sehen die Naben der Windräder aus wie Totenköpfe.

Gut, dass vorsorglich Mikrofon und Lautsprecher herbeigeschafft wurden. Doch auch mit Verstärkung kann Klopfer (SPD) bei seiner Begrüßung kaum einen Satz ungestört loswerden. „Für uns ist das heute ein sehr wichtiger Tag, um die Energiewende voranzutreiben“, sagt er – und erntet Trillerpfeifenprotest. „Mein Wunsch ist, dass wir 2016 die Windkraftanlage hier offiziell ans Netz nehmen können“. Es gehe schließlich um die Stromproduktion für 10 000 Haushalte.

Er spricht von der „vorbildlichen Bürgerbeteiligung im Jahr 2013“, aus der „dieser Standort, wo wir jetzt stehen, als der unumstrittenste hervorgegangen ist“. Und Klopfer verweist auf die große Infoveranstaltung in der Schorndorfer Barbara-Künkelin-Halle – „wo Sie uns lächerlich gemacht haben“, schmettert ein Bürger über den Platz.

Auch Bonde hat Mühe, seine Argumente loszuwerden. Es sei gut, dass der Landesbetrieb Forst BW mit der Vermarktung geeigneter Flächen im Staatswald die Windkraftnutzung vorantreibe. Insgesamt 25 Standorte, auf denen nach aktueller Planung mehr als 120 Windkraftanlagen errichtet werden können, habe Forst BW mittlerweile verpachtet. „Naturschutz ist vereinbar mit dem Ausbau der Windkraft“, sagt Bonde.

"Wie weit wohnen Sie weg von hier?“

Mittlerweile ist auch der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) eingetroffen, der ebenso lautstark die Beteiligung seiner Stadtwerke an dem Projekt verteidigt. „Wie weit wohnen Sie weg von hier?“, will er von einem protestierenden Unterberkener wissen. 1,5 Kilometer. „Dann werden Sie nichts von dem Windrad hören“, sagt der Sohn des einstigen Remstalrebellen Helmut Palmer und schiebt nach weiteren Vorhaltungen hinterher: „Mein Vater hat früher gegen Atomkraftwerke demonstriert.“

Sein Amtskollege Klopfer ruft noch: „Ich rate allen zu etwas mehr Gelassenheit.“ Doch davon ist die Stimmung an diesem Nachmittag auf den Schurwaldhöhen weit entfernt. Klopfer lädt dann die Bürger noch zum Meinungsaustausch bei Schorndorfer Apfelsaft und Salzgebäck ein. Spontane Reaktion einer erbosten Bürgerin: „Wir wollen Antworten, keine Schnittchen.“