Das Foto aus der Sammlung von Corinna und Peter Aschauer zeigt Arbeiter des Windhof-Sägewerks um 1928, die zehn Jahre später ihren angestammten Arbeitsplatz verloren haben. Foto: Digitalarchiv Schabert

Ein Großbrand hatte dort, wo heute an der Kernerstraße der Kurpark endet, am 18. Mai 1938 in knapp zwei Stunden das Windhof-Sägewerk in Schutt und Asche gelegt. Die Große Enz hatte es an dieser Stelle mehr als 400 Jahre lang angetrieben.

Bad Wildbad - Kaum zehn Monate später berichtete der "Enztäler" in einer vierseitigen Sonderbeilage vom Februar/März 1939 mit dem Titel "Das neue Lautenhof-Sägewerk Treiber & Bossert, Wildbad" über den Wiederaufbau an neuem Standort, wo es bis vor etwa 40 Jahren in Betrieb war.

Aushub dauert vier Wochen

In der Sonderbeilage heißt es: "Das ausgebaggerte Material wurde durch eine sinnvoll angelegte Rollbahn-Anlage mittelst Diesel-Lokomotive zur Auffüllung der neu anzulegenden Hauptzufahrtstraße und als beiderseitiger Schutzdamm für den künstlich angelegten Oberkanal verwendet. Es war eine Lust, sich diesen Rangierbetrieb im Kleinen mal anzusehen." Vier Wochen dauerten die Aushubarbeiten für Baugrube, Kanal und Rohplanie. Bei der Beseitigung von Felsen halfen Pioniere aus Neu-Ulm, die mit entsprechendem Gerät und Sprengstoff anrückten.

Geräumiges Gebäude

Hell und geräumig gestaltet sei das 41 Meter lange und 14 Meter breite Sägewerksgebäude, schreibt der Berichterstatter. "Man kann, wie der Säger zu sagen pflegt, mit den dicksten und längsten ›Dingern‹ umgehen, was im gesamten Arbeitsvorgang von Vorteil ist", stellt er weiter fest. Neben der Sägehalle befanden sich die "Sägenschleifkammer und der Gefolgschaftsraum". Letzterer wird auch als Treffpunkt beschrieben, an dem sich "an Regentagen oder über den Winter gerne die von der Arbeit beurlaubten Männer ein Stelldichein" gaben. Offensichtlich konzentrierten sich die Handwerksbetriebe aus der ganzen Stadt und Umgebung auf das Neubau-Objekt.

Fachmänner am Werk

Im Anzeigenteil der Beilage sind allein vier Zimmerbetriebe – Albert Proß, Louis Kuch, Robert Maier und Karl Schlüter – mit Annoncen vertreten. Baumeister Richard Schill aus Wildbad – dem laut redaktionellem Text auch die Bauleitung oblag – wirbt für Bauberatung und Bauplanung, während Wilhelm Schill sich als Hoch- und Tiefbauunternehmen anbietet. Karl Wendel bietet an: "Fachmännische Ausführung sämtlicher Flaschner- u. Installationsarbeiten". Älteren Wildbadern sagen vielleicht noch Namen wie Glaserei Robert Vollmer, Schlosser Eugen Lipps, Malermeister Karl Batt oder Schreinerei Karl Günthner etwas. Als Bauschreinerei und Möbelwerkstätte hatte Hermann Brachhold Werbung geschaltet. Für Leitungsverlegungen war offensichtlich das – wie fast alle genannten Betriebe – inzwischen längst verschwundene "Elektro- und Rundfunkhaus Philipp" aus Wildbad zuständig. Für allerlei "Gas- und Elektrizitätsgeräte" warben die "Städt. Betriebswerke Wildbad".

Viele Erinnerungen

"Ein alter Sägmüller erzählt", ist ein Abschnitt der Beilage überschrieben, der so beginnt: "Christian Kallfass ist einer der ältesten, noch lebenden Sägmüller im Enztal und werkt seit 55 Jahren im Windhofsägewerk". An die Treiber‘sche Sägemühle – wie die Windhofsägemühle auch genannt wurde – knüpften sich für den noch im Einsatz befindlichen, vitalen 70-Jährigen viele Erinnerungen. Die an der Historie interessierten Wildbader Corinna und Peter Aschauer wissen, dass der Interviewte ein Großonkel der Frau war. Er erlebte noch die Zeit der Holzflößerei, in der sich gelegentlich Flößer und Säger nicht grün waren, wie er erzählte.

Es wurde 15 bis 16 Stunden gearbeitet

In wasserarmen Zeiten habe es oft geheißen: "Christian guck nach Wasser". Er habe dann zum Wehr gehen müssen, um nachzuschauen, ob nicht Unbefugt oder, um einen Streich zu spielen, verärgerte Flößer die Wehrtafel hochgezogen hatten. Denn oftmals ließ der Chef diese für ein angekündigtes Floß nicht hochziehen, was zu Retourkutschen durch die später schimpfend auf dem Wasser am Sägewerk Vorbeiziehenden geführt habe. In der Beilage berichtet Kallfass auch vom großen Wasserrad, das bis 1889 am Windhof die Kraft der Enz auf das Sägewerk übertrug. Über die alten Zeiten meinte er vor 83 Jahren: "Und die Plackerei war eine andere als heuer, wo alles so praktisch eingerichtet ist. Es wurde damals auch 15 bis 16 Stunden gearbeitet."