Tränen zum Abschied: Sabine Lisicki nach ihrer Halbfinal-Niederlage in Wimbledon Foto: AP

Sabine Lisicki verliert Halbfinale gegen Turnierfavoritin Maria Scharapowa in zwei Sätzen.

London - Die wundersame Wimbledon-Reise von Sabine Lisicki ist zu Ende. Die Berlinerin unterlag im Halbfinale der Turnierfavoritin Maria Scharapowa in zwei Sätzen. Grämen muss sich Lisicki aber keineswegs. Ihr bleibt das Wissen, künftig zur erweiterten Weltspitze zu zählen.

Erst verteilte sie ein letztes Mal Küsschen ins Publikum, dann hielt sie sich das Handtuch vors Gesicht: Dem Wimbledon-Märchen der deutschen Himmelsstürmerin Sabine Lisicki bliebt das Happy End verwehrt. 15 Jahre nach Steffis Grafs letztem Turniersieg auf dem Heiligen Rasen verpasste die 21-Jährige gestern durch das 4:6, 3:6 gegen Maria Scharapowa das Finale der All England Championships. "Sabine spielte wirklich gut. Es war hart", lobte die Russin ihre geschlagene Kontrahentin.

"Großer Tag für Tennis-Deutschland"

Über das Ende ihres fantastischen Turniers muss sich Lisicki aber nicht lange grämen. Die Aufsteigerin des Jahres hat an der Church Road bewiesen, dass sie im Tennis-Konzert der Großen mitspielen kann. Der Vorstoß von Rang 100 auf Platz 27 binnen vier Wochen zeugt davon, zudem kann sich die Wild-Card-Inhaberin mit einem Preisgeld von gut 307.000 Euro - dem höchsten in ihrer Karriere - trösten. Im Finale trifft Scharapowa sieben Jahre nach ihrem ersten Wimbledon-Sieg morgen auf die tschechische Weltranglisten-Achte Petra Kvitova, die im ersten Halbfinale die Weißrussin Victoria Asarenka mit 6:1, 3:6, 6:2 bezwungen hatte und nun vor dem bisher größten Match ihrer Karriere steht.

Um 15.04 Uhr Londoner Zeit betraten Lisicki und Scharapowa an einem "großen Tag für Tennis-Deutschland", so Boris Becker, bei strahlendem Sonnenschein den Centre Court. Und Lisicki, beflügelt von der imposanten Kulisse von 15.000 Zuschauern, zeigte sich sofort hellwach. Problemlos brachte die Weltranglisten-62. ihre erstes Service-Spiel durch, im Anschluss nahm sie der Russin zu Null den Aufschlag ab.

"Mit ihrem gewaltigen Aufschlag wird Lisicki für Scharapowa eine echte Gefahr sein", hatte Becker prophezeit. Und der dreimalige Champion schien anfangs recht zu behalten. Die erste deutsche Grand-Slam-Halbfinalisten seit Grafs letztem Auftritt an der Church Road 1999 spielte unbeschwert auf, demonstrierte bis zur 3:0-Führung Power-Tennis vom Allerfeinsten.

Ohne Satzverlust ins Finale

Gegen ihre dritte Top-Ten-Gegnerin bei diesem Turnier jagte die Berlinerin ihre Aufschläge mit bis zu 200 Kilometern pro Stunde übers Netz, immer wieder schlug Lisickis krachende Vorhand direkt vor der Grundlinie ein. Und Scharapowa war sichtlich beeindruckt, leistete sich vier Doppelfehler allein in den ersten beiden Aufschlagsspielen. Doch dann brachte Lisicki die dreifache Grand-Slam-Siegerin mit leichten Fehlern wieder ins Spiel. Statt den Breakball zum 4:0 zu nutzen, stand es plötzlich 3:3 - es war der Knackpunkt der Partie, die sich nun zugunsten Scharapowas drehte. Sie steigerte sich parallel zu ihrem lauter werdenden Gequieke, nahm Lisicki zum 5:4 den Aufschlag ab und holte sich mit ihrem ersten Ass nach 43 Minuten die Satzführung.

Im zweiten Durchgang gelangen der Russin, die sich ohne Satzverlust ins Finale spielte, zwei frühe Breaks zum 1:0 und 3:0. Es war die Vorentscheidung. Nun war Lisickis Widerstand weitgehend gebrochen, die wiedererstarkte Berlinerin konnte vor den Augen von Wimbledon-Rekordsiegerin Martina Navratilova nicht nochmals ein Comeback starten. Nach elf Siegen auf Rasen in Serie musste Lisicki einsehen, dass Scharapowa in der aktuellen Form noch ein zu großes Kaliber ist. Bald kann dies aber schon anders aussehen.