Die Vergabe des Deutschen Dokumentarfilmpreises, darunter der Ehrenpreis an den Regiestar Wim Wenders, hat viel Filmprominenz ins Stuttgarter Kino Gloria gezogen.
Prominenz hat sich eingefunden im Stuttgarter Kino Gloria 2 am Freitagabend zum Abschluss des SWR Doku Festivals: Wim Wenders wird mit dem Ehrenpreis des Deutschen Dokumentarfilms 2023 ausgezeichnet; Volker Schlöndorff hält die Laudatio. Zu den Gästen gehören Nastassja Kinski und die Liedermacherin Bettina Wegner.
Grenzen zwischen Genres lösen sich auf
Wegner tritt auf die Bühne, als der Gewinner des mit 5000 Euro dotierten SWR-Musikfilmpreises bekannt gegeben wird. Er geht an „Bettina“, den Film, der die Lebensgeschichte der ikonischen Liedermacherin („Kinder“, 1976) erzählt. Lutz Pehnert, Sohn eines früheren DDR-Kulturministers, hat ihn gedreht; gemeinsam mit Bettina Wegner nimmt er den Preis entgegen. „Ich bin nun 75. Ich habe die Hälfte meines Lebens in diesem Land gelebt“, sagt Wegner, meint die DDR. „Ich habe nicht die Regierung, aber ich habe die Menschen geliebt.“
Volker Schlöndorff spricht als Laudator von der besonderen Herangehensweise des Ehrenpreisträgers Wim Wenders, von seiner großen Affinität zu Drehorten und ihren Möglichkeiten, von den Grenzen zwischen Spielfilm und Dokumentation, die sich dabei verlieren: „Wenn der Wim das filmt, dann ist das einfach Kino und entzieht sich den Kategorien.“
Für Wim Wenders selbst steht der Dokumentarfilm jenseits aller Genres, als ein Film, der keine Sprache a priori besitzt, sie immer erst suchen muss: „Die Form ist enthalten im Sujet, in der Person vor der Kamera. Erst wenn ich mich vergesse, weiß ich, was ich zu tun habe. Wenn das Sujet zur Sprache wird, dann ist das etwas Herrliches. Der Dokumentarfilm taucht ein in die Welt.“
Taubenzüchter in Beirut
In besonderem Maße gelungen ist dies, nach Ansicht der Jury des Deutschen Dokumentarfilmpreises, der libanesisch-deutschen Filmemacherin Lea Najjar, die in ihrem Film „Kash Kash – Without Feathers We Can’t Live“ Taubenzüchter in Beirut beobachtet, sowie dem ukrainisch-deutschen Regieteam Mila Teshaieva und Marcus Lenz, das in „When Spring Came To Bucha“ das Leben in einer vom russischen Angriffskrieg zerstörten Stadt der Ukraine porträtiert. Sie teilen sich den mit insgesamt 20 000 Euro dotierten Hauptpreis.
Ole Jacobs und Arne Büttner folgen in „Nasim“ einer afghanischen Frau, die den Brand des Flüchtlingslagers Moira auf Lesbos erlebte, und erhalten den mit 3000 Euro dotierten Förderpreis des Hauses des Deutschen Dokumentarfilms. Den Publikumspreis, dotiert mit ebenfalls 3000 Euro, erhält „Generation Euromaidan“ von Kristof Gerega, der vom Ringen um Demokratie in der Ukraine erzählt.
Wim Wenders: „Bitte, bitte, weiter so!“
Die Regisseurinnen und Regisseure können sich auch des Applauses der Filmlegende Wim Wenders sicher sein: „Je mehr junge Leute von diesen Filmen auch leben, sich darauf einlassen können, ohne nur Blut, Schweiß und Tränen zu ernten, desto besser“, sagt er. Und: „Bitte, bitte, weiter so!“
Kai Gniffke, Intendant des SWR, hat zur Finanzierung des Dokumentarfilms früh am Abend im Gespräch mit Moderator Michael Steinbrecher sein vieldeutiges Wort schon gesagt: „Wir werden versuchen, unsere Leidenschaft für die Wirklichkeit und unsere Leidenschaft für den Dokumentarfilm in eine Balance zu bringen.“