Da geht’s lang: VfB-Mittelfeldspieler William Kvist gibt die Richtung vor – der Däne will an diesem Donnerstag gegen den FC Kopenhagen einen Dreier einfahren. Foto: Pressefoto Baumann

Der VfB Stuttgart ist in der Europa League noch ohne Sieg und steht am Donnerstagabend gegen den FC Kopenhagen unter Druck. „Wir wollen uns nach oben orientieren“, sagt der Däne William Kvist vor dem Duell mit seinem Ex-Club.

Der VfB Stuttgart ist in der Europa League noch ohne Sieg und steht an diesem Donnerstag gegen den FC Kopenhagen (21.05 Uhr/Sky) unter Druck. „Wir wollen uns nach oben orientieren“, sagt der Däne William Kvist vor dem Duell mit seinem Ex-Club.

Herr Kvist, nennen Sie uns doch mal drei Dinge, die in Stuttgart schöner sind als in Kopenhagen.
Schöner? (Grinst) Die Journalisten.

Und im Ernst?
Was auf jeden Fall deutlich besser ist, ist das Wetter, das ist ein richtig großer Unterschied. Dann die Autos – sie sind in Dänemark dreimal so teuer wie hier. Deswegen bin ich in Kopenhagen auch Fahrrad gefahren (lacht).

Und drittens?
Die Landschaft mit den vielen Hügeln, die Natur, das finde ich hier sehr schön.

Was hat Kopenhagen mehr zu bieten?
Die Stadt ist größer und ein bisschen internationaler. Außerdem haben wir dort das weltbeste Restaurant und eine Bewegung, die nordische Kochkunst fördert. Das ist richtig lecker.

An diesem Donnerstag treffen Sie die alten Kollegen vom FC Kopenhagen. Wie groß ist die Vorfreude?
Sehr groß natürlich. Von den etwa 25 Spielern im Kader kenne ich bestimmt 20, ich kenne den Zeugwart, den Manager, die Jugendtrainer – ich kenne einfach fast alles, schließlich habe ich in diesem Verein gespielt, seit ich acht Jahre alt war. Das ist mein Club, meine Stadt, ich freue mich wirklich. Aber ich weiß auch: Wir müssen gewinnen.

Sie müssten wissen, wie das funktioniert.
Im Moment hat der FC Kopenhagen einen guten Lauf, sie haben viel Selbstvertrauen. In der vergangenen Saison hatten sie noch ein bisschen Probleme, nun wissen wieder alle, was sie zu tun haben.

Wer Selbstvertrauen hat, spielt nach vorne – oder nicht?
Die jungen Spieler spielen in der Offensive tatsächlich sehr gut, aber ich denke, dass die Mannschaft hier in Stuttgart ein bisschen tiefer stehen wird, sehr kompakt.

„Jeder weiß immer, was zu tun ist“

In der dänischen Liga tritt das Team aber doch meist dominant auf.
Ja, da haben sie meistens 60, 65 Prozent Ballbesitz. Aber der FC Kopenhagen ist es gewohnt, auch etwas anders zu spielen. Sie machen gut die Räume eng und spielen mit ihren schnellen und klugen Spielern richtig guten Fußball.

Sie kennen den neuen Trainer nicht. Können Sie Bruno Labbadia dennoch einige Tipps zur Spielweise Ihres Ex-Clubs geben?
Ich kenne ja noch viele Spieler – und vor allem: den Sportdirektor. Er hat über mehrere Jahre ein Konzept aufgebaut, die Trainer sucht er danach aus, ob sie zu diesem Konzept passen. Ich weiß also ungefähr, was auf uns zukommt.

Was denn?
Sie spielen immer ein 4-4-2-System, jeder weiß immer, was zu tun ist, und sie können ohne Probleme zwischen einer offensiveren und einer defensiveren Ausrichtung wechseln. Außerdem bekommt man beim FC Kopenhagen eine gewisse Siegermentalität – dort ist man es gewohnt zu gewinnen.

Was droht Ihnen , wenn der VfB nicht gewinnt?
Einerseits fehlen uns dann natürlich die drei Punkte in der Europa League. Außerdem würde ich dann natürlich ganz viele SMS und E-Mails bekommen. Ich bin schließlich nach Stuttgart gewechselt, um einen Schritt nach vorn zu machen. Nun muss ich zeigen, dass der VfB dafür der richtige Club war.

Ihre Mitspieler wissen also, was auf dem Spiel steht – oder müssen Sie da noch einmal deutlich werden?
(Lacht) Ich werde es vielleicht sicherheitshalber noch einmal ansprechen. Aber nein, ich denke, bei uns ist allen klar, dass wir das Spiel gewinnen müssen. Wir brauchen die Punkte, wenn wir weiterkommen wollen. Es ist zwar in etwa ein Duell auf Augenhöhe, aber die Bundesliga hat ein besseres Niveau als die Superliga in Dänemark, wir haben die besseren Einzelspieler, das müssen wir beweisen. Vielleicht ist es ja ganz gut, dass wir bisher nur einen Punkt geholt haben, dann sind jetzt alle richtig heiß. Wir sind bereit – ich vielleicht sogar noch einmal fünf Prozent mehr als die anderen.

Sind es für Sie die wichtigsten Spiele der Saison?
Nein, überhaupt nicht. Vor allem werden mir diese Spiele viel Spaß machen, da ich nach wie vor Kontakt mit einigen Spielern und Trainern habe. Wir haben dort sehr viel miteinander erlebt.

Dann ging es nach Stuttgart. Haben sich hier alle Wünsche und Vorstellungen erfüllt?
Ja, bisher schon. Die vergangene Saison war für den Verein und auch für mich eine gute. Ich habe einen Schritt nach vorne gemacht, also war es der richtige Schritt für meine Entwicklung – in Kopenhagen gab es für mich ja nichts mehr zu erleben. Ich war Meister, Pokalsieger, habe mit dem Club in der Champions League gespielt.

Mit dem VfB ist da noch Luft nach oben.
Ja. Die Bundesliga ist eine der besten Ligen der Welt – und wir wollen uns nach oben orientieren.

„Über womöglich fehlende Kraft mache ich mir überhaupt keine Gedanken“

Die Begeisterung der VfB-Fans für die Europa League hält sich noch in Grenzen, in Kopenhagen waren das die Highlights, oder?
Absolut. Deshalb ist es jetzt auch eine Umstellung. In Kopenhagen waren die internationalen Spiele immer größer als die Partien in der dänischen Superliga. Die Stimmung war immer viel besser, als wenn wir gegen Aalborg oder Aarhus gespielt haben. Hier kommen fast 60.000 Zuschauer gegen Düsseldorf, aber nur gut 17.000 gegen Bukarest.

Welchen Stellenwert hat die Europa League für Sie?
Einen sehr hohen, denn ich bin es gewohnt, international zu spielen. Ich finde es immer schön, auch gegen andere Mannschaften und andere taktische Konzepte zu spielen. Außerdem sollte ein Verein wie der VfB in der Europa League einfach weiterkommen. Für mich jedenfalls ist das sehr wichtig.

Derzeit wirkt der Drei-Tages-Rhythmus aber eher wie eine Belastung, auch wegen der zahlreichen Verletzungen im Kader.
Diese Verletzungen sind schade, aber was die körperliche Verfassung angeht, die Fitness, da sind wir absolut im grünen Bereich. Über womöglich fehlende Kraft mache ich mir überhaupt keine Gedanken.

Sie spielen seit einigen Spielen als alleiniger defensiver Mittelfeldspieler. Die neue Rolle scheint Ihnen zu liegen.
Zuletzt hatten wir öfters zu wenig Stabilität, das hat jeden Spieler ein wenig schlechter gemacht. Meine Aufgabe ist es, für diese Stabilität zu sorgen, und ich kann in der neuen Rolle noch mehr mit meinen Vorderleuten Raphael Holzhauser und Christian Gentner kommunizieren.

Aber es bedeutet doch mehr Arbeit in der Defensive, oder?
Nein, denn es ist doch so: Wenn wir alle richtig stehen, dann müssen wir alle weniger laufen. Im Moment stellen wir die Außenpositionen gut zu, schließen so seitlich die Lücken, und ich kann in der Mitte bleiben.

Fassen wir zusammen: Sie dirigieren – und haben ein gemütliches Spiel.
(Lacht) Ja, fast.

In der Nationalelf haben Sie zuletzt Ihren Torriecher bewiesen, gegen Italien haben Sie zum ersten Mal getroffen. Wann klappt’s beim VfB? Vielleicht ausgerechnet gegen Kopenhagen?
Sie können ja mal den Trainer fragen, schon im Training vor dem Spiel in Hamburg war ich heiß aufs Toreschießen. Ich hoffe, es klappt bald. Aber ich muss auch sagen: In der Nationalmannschaft habe ich an meiner Seite einen noch defensiveren Sechser gehabt. (Lacht) Ich weiß zwar nicht, ob es noch defensiver geht, aber es war tatsächlich so. Deswegen hatte ich ein wenig mehr Möglichkeiten nach vorne. In Stuttgart ist meine Rolle ein wenig anders.

Würden Sie ein Tor gegen Kopenhagen feiern?
Das weiß ich nicht. Ich denke, ich wäre viel zu überrascht, als dass ich jetzt schon sagen könnte, was dann passieren würde.