Kurze Pause vom Protokoll: Kate und William vor Uluru, einem Wahrzeichen Australiens Foto:  

Der Staatsbesuch von Prinz William, seiner Frau Kate und Sohn George hat die Begeisterung in Australien und Neuseeland für das englische Königshaus neu entfacht. Doch viele Briten fanden die Vorstellung von William und Kate spießig.

London - In den vergangenen drei Wochen verging praktisch kein Tag, ohne dass die britischen Zeitungen gepflastert waren mit Bildern von Prinz William, seiner Frau Kate und dem kleinen Prinzen George – beim Cricket, bei der Segelregatta, beim Händeschütteln, am DJ-Pult, bei Gedenkveranstaltungen. Die Reise in die Commonwealth-Länder Neuseeland und Australien kann als großer Erfolg verbucht werden. Es war eine Werbeveranstaltung für das Königreich, die mehr als aufging. Die Begeisterung der Australier und Neuseeländer für die Monarchie wurde neu entfacht. Eine Emanzipation vom Königshaus scheint so weit weg wie lange nicht mehr, die Frage der Schaffung einer Republik wurde in der ehemaligen Kronkolonie erst einmal verschoben. Vielmehr säumten täglich Tausende Fans die Straßen und feierten die Royals wie Superstars.

In Großbritannien schienen vor allem Ausführungen zur Kleiderwahl der modebewussten Herzogin alle anderen Weltthemen zu überlagern. Ein weißes Etuikleid mit aufgedruckten Mohnblumen beim Bäumepflanzen im Gedenkgarten eines Armeestützpunktes? Perfekte Wahl. Ein leuchtend rotes Outfit bei der Ankunft der Familie? Besser geht es nicht. Ein schwarzes Cocktailkleid, bestickt mit silbernen Federn, dem Landesemblem, bei einem Empfang in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington? Ohne Worte. Kate sorgte dafür, dass alle Kleider, die sie trug, binnen Stunden in den entsprechenden Läden ausverkauft waren. Alles war perfekt einstudiert, jeder Auftritt saß und erinnerte an ein Hochglanzmagazin in bewegten Bildern. Im Grunde wurde den Menschen mit der Reise eine Home-Story geliefert, die sagen sollte: Seht her, wir sind alle eine große Familie. Und die vor allem viele Fotos für den Heimatmarkt liefern sollte.

William hält große Reden, Kate kümmert sich um den Kleinen

Das könnte man auch als eine Art Wiedergutmachung deuten, denn die britische Presse lechzte geradezu nach Bildern, nachdem Kate Middleton nach der Geburt ihres Sohnes George monatelang untergetaucht war. Ihr Verschwinden von der royalen Bühne löste damals harsche Kritik aus. Kurz vor der Abreise vor drei Wochen gab es dann einen Vorgeschmack auf die kommende Zeit. Das vor Spießigkeit triefende Bild der Kleinfamilie, das am Fenster des Kensington-Palastes in einem Foto festgehalten wurde, bestätigte sich während des Trips. „Konservativ“ blieb das Stichwort – ob bei der Kleiderwahl oder in der Präsentation der Kleinfamilie. In der britischen Heimat wurde das klassische Rollenbild, das von William und Kate dargestellt wurde, zum Teil argwöhnisch betrachtet. Sie hält den acht Monate alten George im Arm bei der Ankunft am Flughafen in Neuseeland und spielt mit den Kindern in der Krabbelgruppe. Und William? Er hält die großen Reden und trifft die wichtigen Politiker. Immerhin ist der 31-Jährige der zukünftige König von Großbritannien. „Es wird Zeit, dass die Elternrolle der Windsors nicht länger halbgar bleibt“, schrieb der britische „Guardian“. Denn hatten sich viele Beobachter mit dem jungen Paar einen Wandel zu einem modernen Königshaus erhofft, werden sie zunehmend enttäuscht.

Zahlreiche Bilder von der Reise, die am Freitag zu Ende ging, waren exakt dieselben, wie sie bereits von Prinz Charles und Diana vor 31 Jahren geschossen wurden. Nun fragen sich viele Beobachter, ob der traditionelle, aber doch geschmackvoll inszenierte Werbefeldzug in den Süden tatsächlich die Realität widerspiegelt? Wahrscheinlich nicht, viel zu sehr ist die Kleinfamilie im höfischen Protokoll gefangen. Ein wenig mehr Menschlichkeit hätten sich die Briten dennoch gewünscht. Einmal blitzte sie kurz durch – bei einem kurzen Spaziergang am Uluru im Outback Australiens hatten sie einen Moment der Zweisamkeit und schüttelten die Anspannung der vielen Termine ab. Die Presse war entzückt. Schon fragen sich manche, ob der Augenblick zur Inszenierung dazugehörte.