Die Obduktion des toten Eisbären brachte viel Plastik zum Vorschein Foto: Wilhelma

Gleich mehrere Gegenstände in Antons Bauch hatten die schweren Verletzungen und Entzündungen seines Darms ausgelöst. Dass Sachen ins Gehege gelangen, könne man nicht vollständig verhindern, räumt der Vorsitzende des Tierpark-Verbands ein.

Stuttgart - Die Umstände um den Tod des Eisbären Anton in der Nacht auf Montag bleiben weiter ungeklärt. Bei einer Sektion kam allerdings die Todesursache zum Vorschein: Der Eisbär hatte eine Jacke, einen Rucksack und eine Stoffpuppe im Bauch. Diese hatten die schweren Verletzungen und Entzündungen des Darms verursacht, an denen das Tier gestorben war. Aber warum er die Sachen gefressen hat, können sich die Wilhelma-Mitarbeiter nicht erklären. Vermutlich trug er die tödlichen Fremdkörper bereits seit Anfang Januar in sich.

Am 11. Januar entdeckten Tierpfleger im Eisbären-Gehege Teile eines größeren Rucksacks. Nichts deutete darauf hin, dass Anton etwas verschluckt hätte; nie zuvor hatte das Tier so etwas getan. Das entspricht dem natürlichen Verhalten der Eisbären. „Im Gehege stehen auch Plastiktonnen, mit denen die Eisbären spielen können“, sagt Karin Herczog von der Wilhelma. „Die Tiere zerlegen das Spielzeug zwar in seine Einzelteile, aber das Plastik fressen sie nicht.“ In dem größeren Rucksack vom 11. Januar hatten sich vermutlich ein kleinerer Beutel, besagte Jacke und ein Stofftier befunden. Diese hatte das Eisbärmännchen verschluckt. „Aber wieso er das gemacht hat, wissen wir nicht“, sagt Karin Herczog.

Die Wilhelma vermutet, dass in der Jacke etwas zu essen war, auf das es das Eisbärenmännchen abgesehen hatte – mit Gewissheit könne man das aber nicht sagen. „Wie es im Moment aussieht, war das eine Verkettung unglücklicher Zufälle“, sagt Herczog.

Ganz verhindern ließen sich solche Zwischenfälle nicht, meint die Wilhelma-Mitarbeiterin. Trotz der Sicherheitsvorkehrungen an den Gehegen könne es ab und zu vorkommen, dass Teile auf der falschen Seite der Absperrung landen. Dem schließt sich der Tierpark-Verband an. Der Präsident des Verbandes, Gert Emmrich, sagt: „Wir können aus dem Zoo keinen Hochsicherheitstrakt machen.“ So etwas könne „in jedem Zoo passieren“. Um solche Vorfälle zu vermeiden, könne man nur an die Vernunft der Besucher appellieren. Sie sollten darauf achten, nichts ins Gehege fallen zu lassen.

„Wir wollen niemandem die Schuld an Antons Tod geben“, so Wilhelma-Sprecherin Herczog. „Aber wenn Besucher so etwas mitbekommen, müssen sie uns den Zwischenfall melden.“ Auch in der Vergangenheit ist es öfters dazu gekommen, dass Tiere Kunststoffteile verschluckt haben. „Früher durften die Besucher noch die Elefanten füttern“, sagt Karin Herczog. „Die haben sich auch einiges in den Mund gesteckt. Ein Elefant hat sogar einmal eine Kamera verschluckt.“ Geschadet hat das den Dickhäutern aber nicht. „Wir haben einfach gewartet. Irgendwann ist die Kamera wieder zum Vorschein gekommen.“

Dabei wissen Tiere eigentlich instinktiv, was für sie als Futter geeignet ist, und was nicht. „Durch ihren Instinkt sind die Tiere natürlich geschützt“, erklärt Herczog, „aber oft verschlucken sie Plastik aus Versehen. Das passiert dann aus der Situation heraus, wenn sie damit spielen.“ Viele Tiere würden die Teile wie kleine Kinder in den Mund stecken. Und wie bei Kindern könne es dann vorkommen, dass mal ein Plastikteil versehentlich geschluckt wird.

Nicht nur für Wilhelma-Tiere sind Plastikteile gefährlich. Besonders in den Meeren auf der ganzen Welt sind Wildtiere durch Abfälle gefährdet. „Meeresschildkröten verwechseln oft Plastiktüten mit Quallen“, sagt Karin Herczog. „Wenn sie die Tüten fressen, endet das in der Regel auch tödlich.“ In freier Wildbahn komme so etwas ständig vor, meint die Wilhelma-Sprecherin. „Es kann auch den Fall geben, dass Tiere jahrelang mit Plastik im Magen normal weiter leben.“ Darauf will man es in der Wilhelma aber nicht anlegen. Hier gilt weiterhin: Wer Fremdkörper im Gehege sieht, muss es melden.