Ettenheim war Gastgeber für den Regionaltag des bundesweit tätigen „Verein für naturnahe Garten- und Landschaftsgestaltung“. Nicht zufällig war die Wahl auf die Barockstadt als Treffpunkt gefallen. Denn Ettenheim ist Vorbild in Sachen städtisches Grün.
Das Tagesseminar des Vereins in Ettenheim wurde von 50 kommunalen Mitarbeitern, Planern, Garten- und Landschaftsbauern aus ganz Baden-Württemberg besucht. Der Grund für die Wahl Ettenheims: Zum einen wurde sie 2018 vom Nabu-Landesverband und Stuttgarter Umweltministerium als als eine von 13 Kommunen zur Projektgemeinde erkoren. Das Motto: „Natur nah dran“. Zum anderen bietet Ettenheim in dieser Richtung beachtliche Fortschritte. Die wurden nach vorangegangenen Referaten und Diskussionen dann den Seminaristen im Fußrundgang durch die Kernstadt an ausgewählten Punkten vorgeführt.
Zunächst moderierte Birgit Helbig vom „Verein für naturnahe Landschafts- und Gartengestaltung“ den theoretischen Tagungsteil. Martin Klatt, Nabu-Projektleiter von „Natur nach dran“ erläuterte die Zielrichtung: in Kooperation mit Gemeinden mehr Biodiversität für öffentliches Grün zu schaffen. Denn: „Es zählt jeder Quadratmeter heimischer Wildpflanzen!“
Wo man deren Saatgut her bekommt, erläuterte dann Helbig selbst. Biologe Reinhard Witt berichtete von nachhaltigen heimischen Blumenwiesen und einjährigen exotischen Blühmischungen im konkreten Modell-Praxisvergleich samt Umwandlung und Pflege.
Wildblumen dienen als Nahrungsquelle für Insekten
Der städtische Bauhofleiter Markus Ohnemus betonte, dass man schon 2013 in Ettenheim begonnen habe, „mehr Natur im Siedlungsgrün“ zu verbreiten. Nämlich indem man städtische Flächen von Rasen und bunten Blumenbeeten hin zu klimatisch resistenterem Bewuchs umgewandelt hatte. Das hätte manche Bürger nicht gleich überzeugt, die das übliche Kurzrasengrün und gewohnt knallig Buntes schöner fanden. Jedoch: Man müsse dabei besonders auch an nützlichere Nahrungsquellen für allerlei Insekten wie Bienen denken.
Hitzeresistenz der Pflanzen wird immer wichtiger
Außerdem werde die Hitzeresistenz der Pflanzen immer wichtiger. Schon rein technisch könne der Bauhof bei künftigen Dürreperioden nicht mehr sämtliche öffentliche Grünflächen komplett bewässern, geschweige denn die dort mehrfach jährlich verdorrte Bepflanzungen wechseln. Eine Alternative seien saisonunabhängigere und hitzebeständigere Wildblumen-Aussaaten etwa an Straßenrändern und auf Verkehrsinseln. Ein Nebeneffekt: Sie sind auch resistenter gegen Winter-Straßenstreusalz. Ohnemus räumt ein: „Das sieht halt weniger ordentlich aus!“ Doch die Seminarteilnehmer waren sich komplett einig: Nachhaltig ökologische öffentliche Bepflanzung samt hoher Biodiversität funktioniere nun mal nicht „nur für‘s Auge“. Und englischer Rasen bringe Insekten halt schon mal gar nichts.
Im Kernstadt-Rundgang überzeugten sich die Teilnehmer von bisher erfolgreichen pflanzlichen Umstrukturierungsmaßnahmen, etwa einer Umgestaltung der Espen-Umfahrung Am Bauhofgelände selbst war das neue Konzept ebenfalls schon erfolgreich ausprobiert worden, beispielsweise mit zusätzlichen „Initialstauden“. Zu diesen zählen etwa Schwarze Flockenblume, breitblättriges Laserkraut oder Alpen-Schuppenkorf, dazu kommen eingesetzte Blumenzwiebeln etwa von Balkan-Windröschen, Nickendem Milchstern und Weinberg-Lauch.
Zwölf weitere Flächen werden umgestaltet
Seit 2018 war der Bauhof mit mit Uwe Kuch und Jörg Himmelsbach als bewährtem Gärtnerteam besonders aktiv geworden, übrigens nach entsprechenden Anregungen einer damaligen „Bürgerwerkstatt“. So wurden schon 2018/19 gleich 30 Grünflächen mitsamt zehn Kübeln auf insgesamt knapp 2000 Quadratmetern naturnäher bepflanzt. In aktueller Umgestaltungsplanung sind derzeit weitere zwölf städtische Flächen samt ebenso vielen Kübeln auf 386 Quadratmetern, darunter etwa in der Otto-Stoelcker-Straße, am städtischen Gymnasium und im Prinzengarten. So wird Ettenheim weiterhin zu den naturgrünen Vorzeige-Gemeinden in Baden-Württemberg gehören.