Der Arbeitsalltag von Karl-Heinz Koch, Sebastian Geng und Enrico Krause (von links) bei der Stadtreinigung Nagold hat sich seit Corona ganz schön verändert. Foto: Fritsch

Die Politiker nennen sie systemrelevant. Dabei sind sie vor allem eines: unsere Helden in Corona-Zeiten, die durch ihre Arbeit das gesellschaftliche Leben aufrecht halten.

Aktuelle Informationen zur Corona-Lage in unserem Newsblog

Nagold - Wie zum Beispiel Karl-Heinz Koch (60), Sebastian Geng (52) und Enrico Krause (39) von der Stadtreinigung. Wir haben bei ihnen nachgefragt.

Wie sieht Ihr Alltag in Corona-Zeiten aus?

Alle: Der Ablauf unserer Tätigkeit hat sich nicht geändert nur das Drumherum ist Corona-bedingt anders. Krause: In der ersten Welle hatten wir Schichtdienst wegen Corona. Wir waren im Wechsel eine Woche zuhause, eine Woche haben wir gearbeitet. Nach einer Woche Abwesenheit alle Rückstände wieder aufzuholen war schon heftig.Geng: Wir hatten einen versetzten Arbeitsbeginn, um Kontakte mit den Kollegen zu vermeiden. Damit fielen soziale Kontakte und der Austausch völlig flach. Koch: Wenn Kollegen wegen Krankheit ausgefallen sind, haben sie 14 Tage lang gefehlt. Diese Arbeit muss mit erledigt werden, somit haben wir schon erheblich mehr zu tun.Alle: Während der ersten Welle war eine starke Zunahme von Müll in den Mülleimern sehr deutlich spürbar.

Was ist seit Beginn der Pandemie anders geworden?

Koch: Menschen machen einen Bogen um einen herum, um Abstand einzuhalten. Das Arbeiten mit Mund-Nasen-Maske ist nicht immer einfach. Das höhere Müllaufkommen in der Innenstadt ist nach wie vor vorhanden. Geng: Zudem wird sehr viel wilder Müll einfach in der Innenstadt entsorgt. Ausschlaggebend hierfür war zum Beispiel, dass eine Zeitlang keine Deponie offen hatte.

Bekommen Sie von anderen Menschen Lob für Ihren Einsatz?

Alle: Wir werden immer wieder angesprochen. Es wird uns gesagt, dass die Stadt sauber ist und das Dank unserer Leistung.Krause: Bürger sehen, was wir machen: Mülleimer leeren und mit der Zange Müll aufsammeln, die kleine und große Kehrmaschinen fahren. Dies wird oft positiv angesprochen. Koch: Viele Menschen sprechen uns an und teilen uns mit, dass Sie Respekt haben für das, was wir leisten.Geng: Etliche melden sich auch wegen zu viel Müll direkt bei uns.

Das schönste Lob war...

Koch: Es passiert manchmal, dass Bürger an einem vorbeilaufen und sich dann spontan umdrehen und Danke sagen. Das ist etwas, das uns den Alltag verschönert.

Was gibt Ihnen besonders Kraft in diesen Zeiten?

Alle: Der Zusammenhalt unter den Kollegen auf dem Baubetriebshof Nagold und die gemeinsamen Aktionen. Wenn die Arbeit zu viel wird, haben wir die Möglichkeit, auf Kollegen zuzugehen, sie helfen dann, den Müll zu beseitigen, obwohl sie in ihrem Bereich auch genug zu tun haben. Krause: Und natürlich die positiven Rückmeldungen von Bürgern.

Und was nervt sie am meisten?

Alle: Wilder Müll: Betten, Kühlschränke, Essensreste. Wenn etwas regelkonform entsorgt wird, ist es ja unser Job, den Müll einzusammeln und zu verarbeiten und zu entsorgen. Aber, wenn etwas einfach so weggeworfen wird, ohne Sinn, das ist ärgerlich. Zum Beispiel zerbrochene Flaschen sinnlos wegzuwerfen. Es ist zeitintensiv, die Scherben aufzulesen.Geng: Wild weggeworfene oder sinnlos abgestellte Hundekotbeutel sind auch ein Thema. Für sie gibt es genügend Entsorgungsmöglichkeiten, dennoch wird es fallen gelassen oder zum Beispiel auf Bänken und Nutzflächen ablegt.

Können Sie diesen Zeiten auch etwas Positives abgewinnen?

Krause: Die Situation bringt es mit sich, dass wir mehr im Kreise der Familie sind und somit dieses intensiver genießen können.Alle: Was unseren Arbeitsbereich anbelangt, gibt’s ansonsten nichts Positives, denn Müll gibt’s immer.

Gehen Sie mit der Politik im Umgang mit dieser Pandemie einig oder hätten Sie etwas anders gemacht?

Alle: Die Reaktion auf die Corona-Vorfälle ist aus unserer Sicht völlig regelkonform. Die Politik kann nichts gegen die Verstöße einzelner, nur aus unserer Sicht ist die Häufigkeit der Änderungen und die Aufklärung etwas dürftig. Man könnte aus unserer Sicht besser und komprimierter Handeln.Koch: Man kommt ja nicht mehr nach mit dem ganzen Informationsfluss. Viele Probleme auf dieser Welt werden durch Corona nicht mehr betrachtet, vieles gerät in den Hintergrund, weil nur noch das eine Thema zählt. Krause: Wir hätten den Lockdown früher gemacht. Der Lockdown light war nicht wirksam. Geng: Tägliche neue Regeln bringen alle nur durcheinander, gezielter wäre besser.

Werden Sie sich impfen lassen?

Krause: nein Koch: vermutlich Geng: vermutlichAlle: Sollte aber ein besonderer Einzelfall eintreten, sieht die Sachlage immer anders aus. Wenn ich nur durch eine Impfung bei meiner kranken Mutter oder Kind sein kann, dann ist die Antwort klar.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten...

Krause: Mit Freunden und Familie wieder unbeschwert feiern.Geng: Dass die Maßnahmen wirken und wir wieder ein Normalzustand haben können. Frei und ungezwungen sich zu bewegen und kulturelle Veranstaltungen besuchen.Koch: Dass die Gruppen zum Beispiel die Gastronomie, die besonders hart betroffen sind, sich wieder erholen können und die Existenzen vieler nicht weiter gefährdet sind.

 Karl-Heinz Koch: 60 Jahre, seit 2010 bei der Stadt; Mitarbeiter bei der Stadtreinigung (Handstrecke)

Sebastian Geng: 52 Jahre, seit 2011 bei der Stadt; Mitarbeiter bei der Stadtreinigung (Handstrecke)

Enrico Krause: 39 Jahre, seit 2010 bei der Stadt; Mitarbeiter (Teamleiter Kleine Kehrmaschine) bei der Stadtreinigung