Hat vorbildlich reagiert: Magnus Weinhardt (Mitte) mit seinen Schwestern Leni und Loana sowie seiner Mutter Andrea. Foto: Biermayer

Viktor Haar stürzt bei Arbeiten am Haus von Leiter. Nachbarsjunge setzt Rettungskette in Gang.

Wildberg-Gültlingen - Unfälle passieren immer wieder, die meisten davon statistisch gesehen im eigenen Haushalt. Wenn so etwas vorfällt, ist es gut, wenn möglichst schnell Hilfe vor Ort ist. Ein kleiner Junge aus Gültigen tat genau dies. Geistesgegenwärtig setzte er die Rettungskette in Gang.

Es war ein normaler Donnerstagnachmittag "am Gänswein" in Gültlingen. Das Wetter war gut. Die Kinder spielten auf der Straße. Plötzlich war ein seltsames Geräusch zu hören. "Es klang so, als ob ein Werkzeugkasten umgefallen ist", erinnert sich Andrea Weinhardt. Gemeinsam mit Nachbarn beaufsichtige sie die spielenden Kinder. Sie habe sich erstmal nichts weiter bei dem Geräusch gedacht, fügt sie hinzu.

Ihr Sohn, der vierjährige Magnus, fuhr mit seinem Fahrrad die Straße auf und ab. Die Mutter sah aus der Ferne, wie er plötzlich vor einem Grundstück anhielt. "Das ist ja eigentlich erstmal nichts Ungewöhnliches", erzählt sie.

Doch Magnus hatte etwas bemerkt. Auf dem Grundstück lag ein Mann auf dem Boden und blutete. "Ich hab mich nach einer Weile gewundert, warum Magnus nicht weiterfährt", so Weinhardt. "Hilfe! Wir brauchen Hilfe", rief der Junge laut in Richtung der Eltern. Da seien die Erwachsenen natürlich gleich zu ihm gerannt, berichtet seine Mutter.

"Helfer vor Ort" sind schnell zur Stelle

Dort sahen sie dann auch was passiert war. Ihr Nachbar Viktor Haar war bei Reparaturarbeiten an dem Dach seiner Garage von der Leiter gestürzt. "Das Dach war undicht, und ich wollte das in Ordnung bringen", erzählt der 73-Jährige. Als er nach einem Werkzeug griff, passierte es: Er verlor den Halt, rutschte auf der Leiter aus und stürzte auf den Boden.

"Als wir dazu kamen, lag er mit einer Wunde am Kopf und bewusstlos da", erinnert sich Andrea Weinhardt. Die Eltern hätten sofort den Notruf gewählt, die Kinder weggeschickt und sich um den Verunfallten gekümmert. Auch dessen Lebensgefährtin sei gleich aus dem Haus gekommen. Gemeinsam hätten sie versucht den Kopf zu stabilisieren. Langsam sei der Nachbar wieder zu sich gekommen.

"Er wollte immer aufstehen, aber wir haben versucht, ihm das auszureden", so Weinhardt. Man wisse bei solchen Situationen ja nie, ob man durch eine irgendeine Bewegung nicht noch mehr Schaden anrichte. Mit einer Schaumstoffmatte probierten die Ersthelfer zumindest, den Kopf etwas angenehmer zu lagern.

Die ehrenamtlichen Wildberger "Helfer vor Ort" waren schnell zur Stelle und übernahmen die weitere Versorgung des Gestürzten. Schließlich kamen noch ein Rettungswagen und ein Notarzt. Sogar ein Helikopter wurde benachrichtigt. Dieser landete wenig später auf dem Gültlinger Sportplatz. Haar wurde schließlich in das Stuttgarter Katharinenhospital gebracht.

Dort kam er für einen Tag auf die Intensivstation. Später stellte sich heraus, dass er Glück ihm Unglück hatte. "Nur" zwei gebrochene Rippen sind die Folgen des Sturzes. Er sei mittlerweile wieder daheim, und es gehe im etwas besser.

"Man hat da natürlich ein ganz anderes Zeitgefühl"

"Aber Schmerzen habe ich immer noch", so Haar. Es dauere wohl noch zwei Monate bis alles wieder verheilt sei. "Bei jungen Menschen geht so etwas schneller, aber in meinem Alter braucht die Heilung Zeit", meint er. Er sei seinen Nachbarn sehr dankbar, dass sie so schnell reagiert und sich um ihn gekümmert hätten.

All das war nur möglich, weil der kleine Magnus wusste, was zu tun ist: In einem Notfall muss Hilfe gerufen werden. Der Vierjährige ist großer Feuerwehrfan. "Wir haben wirklich alles an Spielzeug von der Feuerwehr da", erzählt seine Mutter. Vielleicht führte das dazu, dass Magnus in der Situation richtig reagierte. "Das ganze ›Feuerwehrmann Sam‹ schauen, lohnt sich anscheinend", scherzte seine Mutter.

Sie selbst sei froh gewesen, dass sie nicht allein in der Situation war. Eine Nachbarin, die hinzu gekommen war, sei glücklicherweise Krankenschwester. Auch die Rettungskräfte seien schnell vor Ort gewesen. Selbst wenn es ihr damals nicht so vorgekommen sei. "Man hat da natürlich ein ganz anderes Zeitgefühl", erklärt sie.

Und sie sei natürlich stolz auf die geistesgegenwärtige Reaktion ihres Sohnes. Manchmal braucht es eben bloß einen kleinen Helden, um Großes zu bewirken.