Der Gemeinderat hat das Stadtentwicklungskonzept nun doch verschoben. (Symbolbild) Foto: Schabert

Zwei Krankmeldungen führen zu neuen Mehrheitsverhältnissen in Gemeinderat. Gremium kippt bereits gefassten Beschluss.

Wildberg - Zweimal unterbrach ein sichtlich verärgerter Bürgermeister die Sitzung des Gemeinderats im Bürgersaal des Rathauses. Ulrich Bünger drängte die Fraktionen zu klärenden Beratungen. Denn gegenüber einer nichtöffentlichen Sitzung hatten sich die Mehrheitsverhältnisse durch zwei Krankmeldungen geändert.

In der Sache ging es um die Fortschreibung eines vorbereiteten Programms namens "STEP-N" zur Stadtentwicklung bis ins Jahr 2035 mit Bürgerbefragung und Bürgerbeteiligung. Das in zwei Sitzungen des vergangenen Jahres einstimmig beschlossene Vorhaben, mit dem dann das Planungsbüro Sippel-Buff beauftragt wurde, war an sich auch jetzt nicht umstritten.

Knappste Mehrheit von elf gegen zehn Stimmen

In einer nichtöffentlichen Sitzung vor Wochenfrist aber war mit knappster Mehrheit von zehn gegen elf Stimmen der Antrag von CDU-Fraktion und drei Räten der Freien Wähler abgelehnt worden, den Start des Programms zu verschieben. Begründet wurde dieses Ansinnen mit der angespannten Personallage im Rathaus und mit der Kommunalwahl im Mai 2019. Den neuen Gemeinderat wollten die – dann hauchdünn unterlegenen – Antragsteller nicht mit diesem Projekt binden.

Zunächst arglos hatte der Rathauschef den Verwaltungsantrag für das "STEP-N"-Projekt nun in die öffentliche Sitzung eingebracht. Er merkte aber bald, dass zwei Krankmeldungen die ehemaligen Mehrheitsverhältnisse umgekehrt hatte. Bürgermeister Bünger fürchtete offenbar, das ganze Vorhaben könnte nun abgelehnt werden. Und er hatte grundsätzliche Einwände dagegen, einen einmal gefassten Beschluss mit zufällig neuen Mehrheiten gleich wieder zu kippen.

Nach hitzigem Hin und Her – die Gegner hatten auch nach den Beratungen beteuert, ihr Abstimmungsverhalten nicht ändern zu wollen – brachte ein resignierter Bürgermeister den erneuten Antrag auf Verschiebung um ein Jahr (bis nach den Kommunalwahlen) selber ein und musste die befürchtete Niederlage einstecken. Auch mit seiner eigenen Stimme gab es diesmal nur zehn Gegner einer Verschiebung bei nunmehr elf Befürwortern.

War in Wahrheit alles nur ein Missverständnis?

Womöglich war alles nur ein Missverständnis. Nach der Sitzung versicherte Gerhard Ostertag, er und seine CDU-Fraktion hätten im Zweifelsfall für das "STEP-N"-Programm gestimmt, wenn es wie in der Vorlage nur um ein Ja oder Nein, nicht mehr um die Frage Verschiebung oder sofortiger Start gegangen wäre. Auch Fraktionschef Rolf Dittus, einer von drei Verschiebe-Befürwortern unter den Freien Wählern, hatte in der heftigen Debatte das Projekt an sich ausdrücklich für gut und wünschenswert erklärt.

Nun wird in frühestens einem Jahr neu darüber abgestimmt. Stadtplaner Thomas Sippel, wegen dieser und wegen einer Bebauungsplansache im Bürgersaal zugegen, sagte danach achselzuckend, er werde seine begonnene Arbeit nun eben vorläufig einstellen: "Aber ein Jahr in Urlaub gehe ich deshalb natürlich nicht."