Andreas Humboldt ist Sprecher der Interessengemeinschaft Sulzer Straße in Wildberg, die das neue Baugebiet im Norden des Wächtersbergs verhindern will. Im Bildhintergrund eine der alten Eichen, die die Stadt im Herbst fällen lassen will. Foto: Kunert

Bäume sollen Baugebiet weichen. Anwohner gründen Interessengemeinschaft und sammeln Unterschriften.

Wildberg - Hoch über Wildberg bahnt sich ein Konflikt an: Auf dem Wächtersberg, nördlich der Sulzer Straße, plant die Stadt ein neues, eigentlich kleines Baugebiet – für acht Einfamilienhäuser. Allerdings: Dafür müsste ein Wald mit altem Baumbestand weichen.

"Die Eichen sind locker 80 bis 100 Jahre alt", zitiert Andreas Humboldt eine Schätzung von Experten. Und tatsächlich sind die Bäume via-a-vis zu Humboldts Wohnung an der Sulzer Straße 134 groß und prächtig gewachsen. Und offensichtlich kerngesund. Sie sind Teil eines (in diesem Bereich ziemlich steilen) Waldstücks zum Landschaftsschutzgebiet Nagoldtal hin. Insgesamt 1,13 Hektar umfasst die Fläche, die die Stadt hier für Wohnbebauung roden lassen will.

Der Wildberger Gemeinderat hat dafür in seiner jüngsten Sitzung den Bebauungsplan im verkürzten Verfahren auf den Weg gebracht. Andreas Humboldt war als Zuschauer dabei, hat sich die für die Bevölkerung dabei ausgelegten Unterlagen und Pläne gesichert.

Von seinem eigenen Arbeitszimmer aus schaut er genau auf dieses Waldstück, das in Flurkarten auch dem "Galgenberg" zugeordnet wird. "Als wir hierher gezogen sind" – Anfang der 1990er-Jahre, wie Humboldt mit unverkennbar sächsischem Akzent erläutert – "hieß es, der Ausblick sei unverbaubar".

Flugblatt-Aktion gestartet

Davon wolle die Stadt Wildberg aber derzeit nichts mehr wissen. Als Humboldt dort bereits im letzten Januar beim zuständigen Bauamt vorsprach, um sich über die anvisierten Planungen für das neue Baugebiet zu erkundigen, erhielt er sogar von Bürgermeister Ulrich Bünger ein persönliches Antwortschreiben. Darin ist klipp und klar zu lesen – obwohl das Genehmigungsverfahren für den zuständigen Bebauungsplan da noch gar nicht auf den Weg gebracht war: "Auch die Alteichen westlich des bestehenden Parkplatzes werden für die Wohnbebauung weichen müssen." Auch den von Bünger erwähnten Parkplatz kann Humboldt von seinem Fenster aus sehen. Die Eichen westlich davon sind die riesigen, imposanten Naturdenkmäler, "die man andernorts um jeden Preis schützen würde."

Humboldt legt die Kopie eines Gutachtens vor, verfasst vom Waldökologen Karl-Eugen Schroth aus Bad Teinach-Zavelstein, wohl im Auftrag der Stadt Wildberg selbst. Darin ist zu lesen: "Die Eichen sind vital und weisen lediglich am Kronenansatz einzelne schwache Totäste auf. Specht- und Fäulnishöhlen sind nicht erkennbar." Und später: "Die Rodung der von altem Laubholz geprägten Flächen stellt einen Verlust eher seltener Gehölzhabitate dar und sollte möglichst gering gehalten werden." Aber abgesehen davon fragt sich Rentner Humboldt, warum die Stadt Wildberg sich überhaupt dieses extrem schwierige Grundstück in Hanglage mit Alt-Wald und dann auch noch in absolut unattraktiver Nordlage als nächstes Baugebiet herausgesucht hat – "wo es doch weiß Gott geeignetere, freie Flächen im Stadtgebiet noch gibt."

Baumfällarbeiten sollen im Oktober starten

Gemeinsam mit Nachbarn hat Humboldt mittlerweile eine Interessengemeinschaft Sulzer Straße gegründet, die gegen das neue Baugebiet "mit allen Mitteln" vorgehen wolle. Eine Flugblatt-Aktion habe man bereits gestartet, um alle Anwohner über die Pläne der Stadt zu informieren. Denn "die Stadt hat das von sich aus zu keinem Zeitpunkt bei uns Anwohnern getan." Auch wurden bereits rund 300 Unterschriften von Anwohnern auf dem Wächtersberg eingesammelt, die sich explizit gegen die jetzt angelaufenen Änderungen des Bebauungsplans "Sulzer Straße" wenden. Demnächst sollen auch noch die Umweltschutzverbände eingeschaltet werden, um auf den drohenden Verlust nicht nur der alten Eichen hinzuweisen.

Denn die Uhr tickt – zumindest laut dem persönlichen Schreiben von Bürgermeister Bünger an Andreas Humboldt: Darin kündigt der Schultes an, dass man seitens der Stadt mit Beginn der Rodungssaison am 1. Oktober dieses Jahres mit den Baumfällarbeiten in dem Waldstück an der Sulzer Straße beginnen werde.

Eine komplett "rücksichtslose Maßnahme", wie die Interessengemeinschaft Sulzer Straße auf ihrem Flugblatt kommentiert – "jeder Bürger und Anwohner" habe das "Recht und die Pflicht", sich "dagegen zu stellen".