Vorträge: Referate über jüdische Spuren
Vorträge beleuchten am Tag des offenen Denkmals historische Spuren jüdischen Lebens in Wildberg von 1346 bis 1938. In der Klosteranlage gibt es Musik und das Herbstfest des Schwarzwaldvereins, und das Heimatmuseum öffnet seine Pforten.
Wildberg (tr). Eine Säule mit geheimnisvollen Inschriften aus dem 14. Jahrhundert ist Zeugnis der ältesten jüdischen Vergangenheit in Wildberg. Am anderen Ende der Zeitskala steht der Viehhändler Hermann Hopfer, der noch 1938 in der Stadt eine Filiale unterhielt und Tiere verkaufte, bevor er sich gezwungen sah, nach Amerika zu fliehen – wo seine Nachkommen bis heute leben.
Historische Spuren jüdischen Lebens in Wildberg sind unscheinbar und nicht besonders zahlreich, doch man findet sie. Am Tag des offenen Denkmals besteht die Möglichkeit, sich einen Überblick zu verschaffen. Im Gebäude der Volksbank in der Talstraße gibt es ab 14 Uhr drei Vorträge zu hören. Der erste ist von Gabriel Stängle, Lehrer an der Christiane-Herzog-Realschule Nagold, der die Erkenntnisse einer Projektarbeit zusammen mit seinen Schülern als Buch veröffentlicht hat. Er beleuchtet "Jüdische Schicksale im Nordschwarzwald" und wird dabei insbesondere über das Leben des in Wildberg tätigen Hermann Hopfer aus Rexingen sprechen.
Schuldekan Thorsten Trautwein wird sich der Frage stellen, wie im schulischen Unterricht und darüber hinaus Erinnerungen an die jüdische Vergangenheit bewahrt werden können. Gemeinsam mit der Morija gGmbH aus Wildberg-Sulz und anderen Partnern hat das Schuldekanat das Projekt "Papierblatt" ins Leben gerufen, das Videoberichte von Holocaust-Überlebenden im Internet zur Verfügung stellt und für den pädagogischen Einsatz aufbereitet.
Schließlich wird Ulrich Romberg aus Wildberg von seinen Erkenntnissen über das früher so genannte "Judenbad" in Wildberg berichten. Das schöne Fachwerkhaus in der Badgasse war bis vor kurzem ein CVJM-Freizeitheim und befindet sich nun in Privatbesitz. Zwischen 16 und 17 Uhr wird es die seltene Möglichkeit geben, die Räume im Erdgeschoss des Gebäudes in Augenschein zu nehmen, die wahrscheinlich vor vielen Jahrhundert als Ritualbad und Versammlungsraum genutzt wurden.
Verweis auf das Jahr 1346
Noch heute zu sehen sind zwei Tröge sowie zwei Säulen, von denen eine interessante Inschriften trägt. Die Bedeutung der dort eingravierten Zahl "6015" war lange unklar, bis es Romberg gelang, sie zu entschlüsseln: Von rechts nach links gelesen ergibt sie in jüdischer Zeitrechnung die Jahreszahl 1346, aller Wahrscheinlichkeit nach das Erbauungsdatum des Gebäudes, das damit zu den ältesten noch bestehenden Häusern Wildbergs gehört.
Auftakt des Tags des offenen Denkmals ist um 11 Uhr mit der Jazzband "Hardt Stompers" im Klosterhof. Neben klassischen Jazzstücken gibt es dabei auch verjazzte Schlager und Stücke der "Deutschen Welle" zu hören. Damit beginnt auch das Herbstfest des Wildberger Schwarzwaldvereins, der zunächst ein Weißwurstfrühstück bietet, danach Mittagessen und später Kaffee und Kuchen. Ab 14 Uhr spielt im Klosterhof das Quartett "Fifty two" Oldies, Schlager und Countrysongs.
Natürlich lädt am Denkmaltag auch das Heimatmuseum zur Besichtigung ein.Iim Dachgeschoss des ehemaligen Fruchtkastens des Klosters Reuthin ist noch die Sonderausstellung "Alte Hüte – Neue Kunst" zu sehen. Das Museum ist von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Der Tag des offenen Denkmals ist eine jährlich im Herbst wiederkehrende Tages-Veranstaltung in Deutschland. Ihr Ziel besteht darin, die Öffentlichkeit für die Bedeutung des kulturellen Erbes zu sensibilisieren und Interesse für die Belange der Denkmalpflege zu wecken. Seit 2003 werden an diesem Tag auch in Wildberg historische Bauten und Stätten geöffnet. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.