Wohin geht die Reise? Darüber sprach der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel mit Carolin Müller, ihren Mitarbeiterinnen und der Wildberger CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Rosemarie Röhm-Frenzel im Wildberger Reisebüro – wegen Corona auf Abstand. Foto: Klein-Wiehle

Unternehmerin berichtet von Corona-Einbußen. Hans-Joachim Fuchtel: Besorgt über Sorglosigkeit.

Wildberg - Ist das klassische Reisegeschäft ein Auslaufmodell? Dieser Frage ging der Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Fuchtel in Wildberg nach, wo er im Reisebüro von Carolin Müller in Begleitung der örtlichen CDU-Vorsitzenden Rosemarie Röhm-Frenzel auf diskussionsfreudige Gesprächspartnerinnen stieß.

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Das Reiseverhalten wird sich durch Corona ändern, waren sich der Politiker und die Inhaberin einig. Die Frage sei nur: In welche Richtung, und können Reisebüros diese Entwicklung überhaupt überleben oder profitieren sie von der jetzigen Entwicklung? "Es stimmt mich schon sehr traurig", sagte Carolin Müller, die sich vor 16 Jahren nach Aus- und Weiterbildung zunächst mit einem kleineren Büro in Effringen selbstständig gemacht hat, "denn mich treibt schon die Frage um: Kann es denn sein, dass die Menschen die Welt nicht mehr erleben dürfen?"

Deutsche Reiseziele als Alternative

"Reisen bildet in jeder Hinsicht, und auch den Welthandel müssen wir sehen", pflichtete ihr Hans-Joachim Fuchtel bei, "wahrscheinlich müssen wir uns wegen der Pandemie tatsächlich auf völlig neue Entwicklungen einstellen." Momentan sei es eher geboten, die Meldungen des Auswärtigen Amtes zu beachten.

Zu Carolin Müller kommen die Kunden vor allem wegen des persönlichen Kontakts, sagt die Inhaberin, deren Hauptgeschäft nach eigener Aussage in Corona-Zeiten vor allem darin besteht, "die Kunden zu informieren". Die Unsicherheit sei groß. Hans-Joachim Fuchtel zeigte sich besorgt über die Sorglosigkeit mancher Menschen, so als ginge sie das Virus nichts an.

Deutsche Reiseziele seien eine Alternative, so Carolin Müller, doch sei das Reisegeschäft durch die Pandemie ohnehin massiv zusammengebrochen. Deshalb sah sie sich gezwungen für die Mitarbeiterinnen, darunter zwei Auszubildende, Kurzarbeit anzumelden und Soforthilfe zu beantragen. Denn nicht nur die Kosten für das Büro liefen weiter, sondern es mussten auch Provisionen an die Reiseanbieter zurückbezahlt werden. "Die vergangenen Monate waren eine schlimme Zeit", sagt Carolin Müller, denn ihre Arbeit bestand hauptsächlich darin, von zuhause aus besorgte und auch gestrandete Reisende zu unterstützen oder ihre Reisepläne zu stornieren. Ihr Fazit: "Die Menschen sind unsicher, wenn sie verreisen wollen."

Ihre Auszubildenden hat die Inhaberin zwischenzeitlich zur Weiterentwicklung in ein Praktikum bei einer Tourist-Informationen vermittelt. "Wir lieben alle unseren Beruf und machen das mit Herzblut, aber manchmal zieht’s einem den Boden unter den Füßen weg", berichtete Carolin Müller von einer Zeit, in der täglich neue Meldungen erscheinen. Erschwerend komme hinzu, dass Kunden immer häufiger im Netz buchen.

Wohnmobile machen Reisende autark

Auch die Politik werde von den Entwicklungen der Corona-Krise ständig vor neue Herausforderungen gestellt, machte Fuchtel deutlich, was immer wieder neue Entscheidungsfindungen erfordere. Man werde aus der Krise lernen müssen, wobei viele Entscheidungen nicht im deutschen Alleingang getroffen werden könnten, sondern nur auf europäischer Ebene. Die Situation sei sicher besonders hart für den Handel, aber man dürfe auch nicht vergessen, dass in anderen Ländern die umfangreichen Hilfeleistungen für die Wirtschaft wie in Deutschland gar nicht geflossen seien.

"Selbstständige sollten sich ein zweites Standbein für derartige Situationen aufbauen", riet Fuchtel. Inzwischen bietet das Reisebüro Müller in Wildberg Wohnmobile zu mieten an. "Da sind unsere Kunden komplett autark, isoliert und sicher", sagt Carolin Müller.