"Sensei" Andreas Behrens (rechts mit Brille) gibt seinen Schülern genaue Anweisungen während den Übungen. Fotos: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Vereine: Auftakttraining des Dojo Wildberg ist gut besucht / Anfängerkurse starten am Montag

Der TSV Wildberg hat eine neue Abteilung: Karate. Am Mittwochabend war das Auftakttraining, gut besucht und voller Karateenergie. 25 Sportler erfüllten die Halle am Bildungszentrum über eine Stunde lang mit japanischer Kampfatmosphäre.

Wildberg. "Oi zuki", "Shuto uti", ruft der Trainer in die Halle des Wildberger Bildungszentrums. "Oss", schallt es von den 25 Anwesenden zurück. Fachchinesisch? Nicht ganz, sondern eher Fachjapanisch. Denn die in weiß gekleideten Frauen und Männer trainieren Karate. Genauer gesagt Shotokan Karate, Kihon Elemente, wie Meister (oder "Sensei" in der Fachsprache) Andreas Behrens erklärt. Der 58-Jährige war lange Zeit in Calw mit seinen Karatekämpfern, doch jetzt spaltete man sich ab und fand beim TSV Wildberg eine neue Heimat.

Behrens, der auch eine Prüferlizenz hat, ist es wichtig zu betonen, dass der Wechsel kein böses Blut hinterließ: "Es herrschten einfach andere Auffassungen, was die Ausrichtung des Karate angeht. Ich lege mehr Wert auf das Traditionelle, in Calw wurde vermehrt auf Wettkämpfe gesetzt – das ist auch völlig legitim und in Ordnung." Doch man fand nicht mehr zusammen, und somit ist der TSV Wildberg jetzt um eine Karateabteilung reicher.

Gefunden haben sich allerdings die 25 Karatesportler in Wildberg – und das direkt beim Eröffnungstraining am Mittwochabend. Begonnen wird mit dem traditionellen Angruß. Dabei verneigen sich Schüler wie Meister gesammelt vor alten Karatemeistern, deren Konterfeis an der Hallenwand prangen. "Der Geist des Karate soll dadurch die Halle füllen, der Alltag wird draußengelassen, man konzentriert sich ganz auf die Übungen", erläutert Behrens. Der Meister hat einen schwarzen Gurt des vierten Dans um seinen Trainingsanzug gebunden – es fehlt ihm also nur noch ein Gürtel in seiner imposanten Sammlung. Doch so wirklich ganz durchdringen könne man Karate ohnehin nicht: "Ich betreibe das seit über 30 Jahren, aber da reicht ein Leben nicht, um diese faszinierende Kampfkunst zu erfahren. Man kann schon sagen, dass es ein Stück weit eine Lebenseinstellung ist." Und ganz im Stile eines Karateka beendet Behrens die kurze Unterredung vor dem Training mit einer Verbeugung.

Während dem Training erzittert die Halle immer wieder vom Kampfgeschrei. Nach jeder aufwendigeren Übung, die in Kampfhaltung ablaufen, schreien die Wildberger Karatekas ihr "Kiai" heraus. Dabei entweicht die Luft und Energie aus dem Körper, die Übung wird damit beendet.

Nach einer Weile des Zusehens wird man von der Atmosphäre eingesogen. Eine Mischung aus meditativer Ruhe und kampfeslustiger Anspannung liegt in der Halle. Die Gruppe feilt gemeinsam an ihrer Technik, wiederholt verschiedene Übungen mehrmals bis sie sitzen. "Die Technik verlässt erst im letzten Moment den Körper", gibt Behrens seinen Schülern mit auf den Weg – und dann beginnt auch schon die nächste Übung. Grundlagen werden "Kion" genannt, komplexere Bewegungsabläufe "Kata".

Behrens hat während des Trainings eine autoritär-meisterliche Aura um sich: "Andi hat eine ganz spezielle Art, das Training zu geben", befindet seine Schülerin Charlotte Heath, die krankheitsbedingt "nur" am Fokusring ihrer Kamera statt mit der eigenen Hüfte dreht.

Nach dem rund 75-minütigen Training nehmen die Karatekas wieder ihre Aufstellung ein. Ein letztes Mal schallt ein "Oss" durch die Halle: Es heißt soviel wie "Ja, wir machen das". Dann schließen Schüler und Meister das schweißtreibende Training mit der Würdigung der Meister offiziell ab – doch der Geist und die Kraft des Karate, sie wirkt nach in den alten Gemäuern der Halle.