Kultur: Vokalensemble Altensteig reflektiert Jahre 1618 bis 1918 / Ergreifender Genuss

Wildberg-Effringen. Mit einem ergreifenden musikalischen Genuss bot das Altensteiger Vokalensemble unter der Leitung von Manuel Nonnenmann ein besonderes Konzert in der Effringer Marienkirche, das sich thematisch zwischen dem Anfang des Dreißigjährigen Krieges 1618 und dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 bewegte.

Bereits die Anfangstöne von Benjamin Brittens Werk "Advance Democracy", das zur Entstehung von Demokratie und zur Erneuerung von Stolz aufruft, gingen tief unter die Haut, eindringlich und voller Schärfe, vor dem Hintergrund des beginnenden Zweiten Weltkriegs. Das vertonte Gedicht malt ein dunkles Bild von der Bedrohung durch die Diktatur, falls die Demokratie nicht aufstehe.

Fast schon beklemmend

Mit dem sanften Stück "Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit" von Max Reger wurde die Geburt nicht nur als freudiges Ereignis, sondern als Schöpfungsakt dargestellt, der der Vergänglichkeit unterliegt, was vom Vokalensemble klagend vorgetragen wurde. Der Chor, bestehend aus ehemaligen Choristen der Christophorus-Kantorei am Christophorus-Gymnasium in Altensteig, die nach ihrer Schulzeit die Tradition des Chorsingens fortsetzen, überzeugte durch seine Stimmgewaltigkeit und das geschlossene Auftreten wie aus einem Guss unter dem klaren und strengen Dirigat von Nonnenmann.

Heinrich Kaminski vertonte Psalm 130, "Aus der Tiefe rufe ich, Herr zu dir!", eine berührende Kantate, die der Not und Verzweiflung der Menschen starken Ausdruck verliehen hat und dem der Chor das Werk "Help us, O Lord" von Aaron Copland in englischer Sprache folgen ließ. Hierin wird auf die Erlösung durch den Herrn gehofft.

Bei dem anschließenden Zwischenspiel auf der Gitarre, virtuos vorgetragen von David Heieck, breitete sich eine fast schon beklemmend wirkende Stille im Gotteshaus aus, durch die die zarten Saitenklänge auch auf den entfernteren Plätzen in ihrer Reinheit zu vernehmen waren.

Provozierendes Gedicht

Zwei Motetten, die den Frieden herbeisehnen – aus der Feder von Heinrich Schütz, dargebracht durch den Chor – ließen das Publikum nicht unberührt und füllten ergreifend den Raum.

Nach einem weiteren Zwischenspiel von Heieck auf der Gitarre mit zwei katalanischen Weisen voller Melancholie, die der Traurigkeit melodischen Raum boten, trauten sich die Konzertbesucher in der voll besetzten Marienkirche erstmals zu applaudieren. Gänsehaut erzeugte das anspruchsvolle Musikstück des zeitgenössischen schweizerisch-italienischen Komponisten Ivo Antognini, der das emotionale und gleichzeitig provozierende Gedicht von Sara Teasdale "There will come soft rains" vertonte, das mit pfeifenden Passagen der Chormitglieder erklang.

Zum Schluss bereicherten zwei Stücke in lateinischer Sprache das Konzertprogramm; zunächst das "Nunc Dimittis" von Pawel Lukaszewski, das den Frieden thematisiert, gefolgt vom "Ubi Caritas" von Ola Gjeilo, über die Liebe von Jesus und Gott.