Im Sommer wird Thomas Hingsberg seine Aufmerksamkeit vor allem dem Borkenkäfer widmen.Foto: Geisel Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Revierförster Thomas Hingsberg beschreibt Situation im Wildberger Wald / Trockenheit nach wie vor problematisch

Wie entwickelt sich der Wildberger Wald? Welche Themen sind aktuell? Und was zeichnet den Forst der Schäferlaufstadt aus? Fragen, auf die Revierförster Thomas Hingsberg die Antworten kennt.

Wildberg. Mehr als 2500 Hektar Waldfläche verteilen sich auf das Stadtgebiet Wildberg. Gut 1300 Hektar sind Stadtwald, rund 500 Hektar Privatwald und rund 700 Hektar Staatswald. Der waldreichste Stadtteil ist Gültlingen mit mehr als 800 Hektar. Rund 570 Hektar gehören zur Gemarkung Schönbronn, gut 500 Hektar zur Kernstadt. In Sulz am Eck sind es mehr als 400 Hektar Forst, in Effringen rund 240 Hektar. Im Interview hat Thomas Hingsberg einen genaueren Blick auf diese üppigen Waldflächen geworfen.

Was zeichnet den Wald in Wildberg aus Sicht eines Försters aus?

Für mich ist es die Vielfältigkeit. Von Heide- und Laubholzflächen im Gäu über die Nagoldhänge bis zu typischen tannen- und fichtengeprägten Schwarzwaldbeständen bei Effringen und Schönbronn ist alles dabei. Aufgrund der verschiedenen Standorte und den zum Teil extrem steilen Lagen des Nagoldtals mit vielen Straßen gibt es immer neue waldbauliche, aber auch forsttechnische beziehungsweise logistische Herausforderungen.

Welche Baumarten sind in Wildberg besonders stark vertreten?

Am häufigsten sind Fichte und Tanne vertreten, gefolgt von Buche und Kiefer.

Wie sieht die Entwicklung aus, auch vor dem Hintergrund des Klimawandels?

Nach den Klimamodellen der forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt für die kommenden 50 bis 100 Jahre werden vor allem die Fichte und die Tanne in Wildberg, auch bei optimistischen Szenarien, auf großen Flächen als ungeeignet eingestuft. Das heißt sie werden – praktisch am neuen Rand ihres Verbreitungsgebietes – maximal als Mischbaumarten, aber nicht mehr bestandsbildend vorkommen.

Wie kann man darauf reagieren?

Da Erfahrungswerte fehlen, soll durch verschiedene Maßnahmen eine Vielfalt an klimastabilen Baumarten erhalten beziehungsweise geschaffen werden. Dies geschieht vorwiegend durch Pflegemaßnahmen in Jungbeständen, bei denen die Mischbaumarten durch Zurückdrängen von Fichten und Tannen gefördert werden, und zum Teil durch Pflanzungen heimischer, trockenresistenter Baumarten wie zum Beispiel Kirschen oder Spitzahorn, aber versuchsweise auch Baumarten aus wärmeren Ländern wie die Baumhasel oder Zedern.

In Wildberg werden ja Naturschutzmaßnahmen wie ein Alt- und Totholzkonzept umgesetzt. Wie entwickeln sich diese?

Das Alt- und Totholzkonzept besteht aus mehreren, mehrere Hektar großen Flächen, die nicht mehr bewirtschaftet werden, und aus Gruppen von Habitatbäumen mit zum Beispiel Spechthöhlen, die über die ganze Fläche verteilt sind und ebenfalls sich selbst überlassen werden. Diese werden laufend im Zuge der regulären Forstarbeiten weiter ausgewiesen und weiterentwickelt. Die ersten Ausweisungen haben erst vor vier Jahren stattgefunden, was ein Wimpernschlag im Leben eines Baumes ist. Von daher ist den Bäumen noch nicht allzu viel anzusehen. Das ist ein Projekt, das über Jahrzehnte seine Wirkung entfalten wird. Wenn die Bäume weiter altern und auch absterben, werden vielfältige Lebensräume entstehen.

Hat der Wildberger Wald mit Problemen wie Schädlingen zu kämpfen?

Die älteren Tannen haben in Folge der Trockenheit mit verschiedenen Tannenborkenkäfern zu kämpfen, die sie zum Absterben bringen. Da die Tanne tief wurzelt und diese Bodenschichten seit drei Jahren nicht mehr richtig mit Wasser versorgt sind, trifft es die Tanne zurzeit eher stärker als die flachwurzelnde Fichte. Diese kann auch kürzere Regenperioden besser nutzen, um sich gegen den Fichtenborkenkäfer zu wehren. Entscheidend wird die Witterung in den kommenden Wochen und Monaten sein. Der kühle April und der kalte und nasse Start in den Mai waren zwar schlecht zum Grillen, aber das Beste, was dem Wald passieren konnte.

Was sind derzeit die größten Herausforderungen im und für den Wald der Schäferlaufstadt?

Während der kommenden Sommermonate werden das mit Sicherheit das Borkenkäfermonitoring und der rasche Einschlag und Abfuhr der befallenen Bäume sein.

Welche Maßnahmen oder Projekte laufen momentan?

Derzeit läuft die Erneuerung der Forsteinrichtung, das heißt der Zehn-Jahres-Plan für den Stadtwald. Auf Basis der Zielsetzung des Gemeinderates werde ich in den kommenden Wochen gemeinsam mit einem Forsteinrichter des Regierungspräsidiums die einzelnen Waldbestände begehen. Dabei werden für jeden Waldbestand die konkreten Maßnahmen für die kommenden zehn Jahre festgelegt, das heißt ob zum Beispiel eine Durchforstung, eine Jungbestandspflege oder eine Pflanzung durchgeführt wird.