Handwerk: Friseurmeisterin spezialisiert sich auf Perücken für Frauen mit krankheitsbedingten Haarausfall / Studio vor Eröffnung
Wenn Elke Huissel mit Perücken arbeitet, geht es um weit mehr als um Haare. Die Friseurmeisterin steht vorwiegend Frauen bei, die meist krankheitsbedingt ihre Haare verlieren. Sie begleitet sie "bis zum ersten oder zweiten Schnitt vom nachwachsenden Echthaar".
Wildberg. Derzeit richtet sich Elke Huissel ein eigenes Geschäft in Wildberg ein. "haarPracht" soll es heißen und am 26. Oktober um 13 Uhr erstmals öffnen. Ihre Kundschaft sucht keinen Friseur, darum bietet sie auch bewusst keine Friseurleistungen zu den Perücken an. Denn für die Frauen, die in ihren Laden kommen, hat sich gerade ihre Welt auf den Kopf gestellt.
"Es geht um die komplette Beratung"
Meist haben sie kurz zuvor eine furchtbare Diagnose erhalten und müssen sich mit deren Folgen auseinandersetzen – beispielsweise einer Chemotherapie, bei der ihnen die Haare ausfallen werden. Wer mit einem solchen Schicksal kämpft, möchte nicht neben einer Frau sitzen, der gerade das prachtvolle Haar gefärbt wird, weiß Elke Huissel.
"Wir zaubern Ihnen wieder ein Lächeln ins Gesicht", lautet Elke Huissels Motto. Egal, ob die Kunden gerade mit einer Chemotherapie ringen, an einer Autoimmunerkrankung leiden oder ob sie vielleicht altersbedingt schütteres Haar bekommen – Elke Huissel kümmert sich für sie um den Kostenvoranschlag und die Abrechnung mit der Krankenkasse.
"Es geht um die komplette Beratung kranker Kundinnen", erzählt Elke Huissel. Dazu gehört ein Leitfaden über Haarausfall und Informationen über alles, was die Kundin nun rund um ihre Krankheit zu erwarten und zu erledigen hat, beispielsweise einen Antrag für einen Behindertenausweis.
Erst dann geht es um die eigentliche Perücke: Kunsthaar, spezielles Kunsthaar, Mischhaar oder Echthaar stehen zur Verfügung. Eine Schminkberatung gehört ebenfalls dazu. Im besten Fall kommen Kunden vor dem Einsetzen des Haarausfalls, suchen sich eine Perücke aus und haben sie zur Verfügung, wenn es dann so weit ist.
Denn es wird der Punkt kommen, wie Elke Huissel weiß, an dem es für die Frauen eine Erleichterung sein wird, wenn ihnen die Haare abgenommen werden. Die fallen nämlich ständig und in großer Menge aus. Eine große Belastung für Betroffene. "Furchtbar", beschreibt sie die Situation. Die Frauen würden dadurch immer unsicherer.
Ist dieser Punkt erreicht, werden die eigenen Haare abgenommen. Nicht daheim, nicht beim Friseur, sondern im Perückenstudio, in einem "geschützten und intimen Raum", erklärt Elke Huissel. Dann wird die eigene Perücke aufgesetzt und angepasst, die Frauen werden geschminkt und mit Accessoires ausgestattet. Sie lernen, wie sie die Perücke ohne Spiegel aufsetzen und wie sie diese richtig pflegen.
Elke Huissel ist in Mexiko zur Welt gekommen und hat einen Teil ihrer Kindheit in Brasilien verbracht, ehe ihre Familie in den Raum Stuttgart zog. In der Landeshauptstadt hat sie ihre Friseurausbildung absolviert, in deren Rahmen sie die Grundlagen der Arbeit mit Perücken lernte. Nach einer Babypause stieg die heute 50-jährige halbtags wieder in den Beruf ein – zunächst in einem normalen Friseursalon. Sie legte die Meisterprüfung ab und wagte in Neubulach den Schritt in die Selbstständigkeit.
Die Kenntnisse hat sie sich in Österreich angeeignet
2016 packte sie ihre Koffer – ihr Mann hatte ein Jobangebot erhalten, und das Paar zog nach Graz in Österreich. Elke Huissel schaute sich online ein wenig um und entdeckte häufiger die Bezeichnung Perückenmacher. Für sie war klar: "Wenn ich jetzt da rüber gehe, dann möchte ich was mit Perücken machen."
Gleich bei der ersten Bewerbung hatte sie Glück. Ihre Chefin hatte sich dank fast 30 Jahren einen Namen im Perückengeschäft gemacht. Drei Jahre lang lernte Elke Huissel bei dieser "internationalen Erfahrung", wie sie es nennt, von ihr alles über dieses spezielle Handwerk. "Sie hat mich da auf den Weg gebracht", erzählt sie von ihrer Ex-Chefin, "und mir macht das so Spaß, den Frauen in dieser schlimmen Zeit zu helfen."
Unterstützt wird Elke Huissel bei "haarPracht" von Groß- und Außenhandelskauffrau Sandra Estevao, die sich auf 450-Euro-Basis um alles Administrative kümmern wird.
Weitere Informationen: www.haarpracht.eu
