Anne-Kristina Baumann will den Ruhestand genießen. Foto: Geisel Foto: Schwarzwälder Bote

Ruhestand: Zahnarztpraxis Baumann schließt in Gültlingen / Anne-Kristina und Uwe Baumann blicken zurück

Unzählige Patienten haben die Zahnärzte Anne-Kristina und Uwe Baumann in Wildberg und Umgebung behandelt. Nach nunmehr 40 Jahren gibt es keine Praxis Dr. Baumann mehr in Wildberg.

Wildberg-Gültlingen. Kennengelernt haben sich beide während des Studiums in Kiel. Der heute 67-Jährige war Saalassistent, seine heute 64 Jahre alte Frau war Studentin. Sie verliebten sich, wurden ein Paar und zogen nach ihrem Abschluss gemeinsam nach Wildberg, um eine eigene Praxis zu eröffnen. 1980 gründete Uwe Baumann die seine in der Talstraße. Damals sei es gar nicht so einfach gewesen, geeignete Räume zu finden – vor allem für zwei Zahnärzte. Denn, auch wenn es heute kaum vorstellbar klingt, zu dieser Zeit gab es Neuniederlassungssperren, wenn in einem Bezirk schon zu viele Ärzte vertreten waren.

1987 zog Anne-Kristina Baumann mit einem eigenen "Praxisableger" nach Gültlingen

Der ganze Raum Stuttgart sei bereits voll belegt gewesen, erinnern sich Baumanns. Nicht, dass sie überhaupt in die Großstadt wollten. Sie hatten sich bewusst für ein ländlicheres Gebiet entschieden, bewusst für den Süden. Und sie wollten am liebsten eine Praxis übernehmen. In Wildberg, in der Talstraße 17, seien die Räume bereits vorbereitet gewesen, da ein anderer Zahnarzt dort einziehen wollte. Als dieser absprang, bot sich die Gelegenheit.

Sieben Jahre später, im Jahr 1987, zog Anne-Kristina Baumann mit einem eigenen "Praxisableger" nach Gültlingen, in das Obergeschoss des Landgasthofs Hirsch. In früheren Zeiten sei hier mal der Festsaal gewesen, vor der Zahnarztpraxis habe hier ein Massageangebot sein Zuhause gehabt. Anne-Kristina Baumann war, von zeitweisen Assistentinnen abgesehen, damit die erste und zumindest bislang auch letzte Zahnärztin in Gültlingen. Lediglich eine Hausärztin gebe es in dem Teilort noch.

Der jetzige Eigentümer des Hirschs wolle die Räumlichkeiten in Fremdenzimmer umwandeln. Darum sei ihr Vertrag zum Jahresende gekündigt worden, erzählt Anne-Kristina Baumann. Das spielte jedoch gar keine Rolle mehr, denn abgesehen vom bereits erreichten Rentenalter erkrankte die Zahnärztin kürzlich, sodass sie sogar drei Monate früher als geplant ihre Praxis schließen musste. "Ich hatte mich auf ein schönes letztes Jahr gefreut", sagt Anne-Kristina Baumann mit einem bedauernden Lächeln. Einen Nachfolger zu finden sei heutzutage schwierig bis unmöglich. Uwe Baumann hatte Glück: Er konnte seine Praxis 2013 übergeben und sie besteht bis heute.

Für Baumanns war ihre Tätigkeit als Zahnärzte kein bloßer Beruf. Die guten, langjährigen Beziehungen zu den Patienten waren für sie mit ein Grund, Richtung Land zu ziehen und sich gegen eine größere Klinik mit vielen wechselnden Patienten zu entscheiden. Die Reaktionen auf die Praxisaufgabe zeigen, dass die Sympathie auf beiden Seiten groß war. Bis zum letzten Tag seien Anrufe eingegangen, erzählt Anne-Kristina Baumann. Viele Patienten schrieben nette Karten mit den besten Wünschen. Manche kamen seit ihrer Kindheit in die Praxis, beinahe ihr Leben lang. Manche fuhren sogar von Stuttgart nach Gültlingen, nur um zu ihrer lieb gewonnen Zahnärztin zu gehen. Ganze Familien hat Anne-Kristina Baumann jahrzehntelang behandelt. "Das sind Beziehungen", sagt sie, "man hat die Kinder aufwachsen sehen".

Das Berufsleben wird ihr sehr fehlen

Genau das habe ihr so gut an ihrer Arbeit gefallen. "Das ist sehr schön." Solche Beziehungen hätten oft länger gedauert als manche Ehe, wie Uwe Baumann lachend ergänzt. Beide hatten früher öfter Kindergartengruppen in ihren Praxen, erklärten den Jungen und Mädchen altersgerecht alles, was sie über Zahnhygiene wissen müssen. Davon hat Anne-Kristina Baumann auch einige Bildcollagen mit netten, bunten Botschaften der Besuchskinder aufgehoben. Später gingen Baumanns im Rahmen eines Programms der Arbeitsgemeinschaft Zahnhygiene des Landkreises direkt in die Kindergärten und führten Reihenuntersuchungen durch.

Das Paar könnte sich auch vorstellen, solche Besuche – sobald die Corona-Pandemie überstanden ist – wieder aufzunehmen. Denn auch wenn Anne-Kristina Baumann der Familie wegen immer nur halbtags gearbeitet hat, wird ihr das Berufsleben sehr fehlen, wie sie sagt. Das sei eine "Riesenumstellung". An erster Stelle steht jetzt jedoch ihre Gesundheit. Ist hier alles im Lot, wollen Baumanns ihren Ruhestand genießen, auf Reisen gehen und sich ihren beiden Enkelkindern widmen. Und einen großen Garten, der gepflegt und genossen werden will, hat das Paar an seinem Haus in Effringen ebenfalls.