Bei der Verhandlung gegen einen Wildberger wurde die Polizei eingeschaltet.Foto: Köncke Foto: Schwarzwälder Bote

Prozess: Amtsgericht Nagold setzt Strafe gegen einen 37-Jährigen aus Wildberg nochmals zur Bewährung aus

Wildberg/Nagold. Er geht einer geregelten Arbeit nach, zahlt Unterhalt für seine Kinder und die letzte Verfehlung liegt vier Jahre zurück. Deshalb hat Richter Martin Link den 37-jährigen Angeklagten aus Wildberg nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Staatsanwältin Anja Schmid hatte in ihrem Plädoyer dagegen fünf Monate Gefängnis gefordert. Nicht nur, weil der Angeklagte bereits zehn Vorstrafen auf seinem Konto hat – die Palette reicht von gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung bis zu Diebstahl und Fahren ohne Führerschein – sondern weil er in der Verhandlung am Nagolder Amtsgericht keinerlei Reue gezeigt habe und wegen seines unbeherrschten Auftretens sogar die Polizei gerufen werden musste.

Der Vorfall ereignete sich am 31. Dezember vergangenen Jahres gegen 21.30 Uhr in Wildberg. Ein Ehepaar war mit dem Auto auf dem Heimweg von einer Silvesterveranstaltung. Im Schönbronner Weg wollte die Fahrerin einen PKW passieren, in dem der Angeklagte und seine Kinder saßen. Wegen einer Baustelle hatte man in diesem Bereich extra ein Halteverbotsschild aufgestellt. Die Durchfahrt auf dem engen Straßenabschnitt schien der Ehefrau unmöglich. Sie hielt lieber an. Als der Angeklagte auch nach 30 Sekunden keine Anstalten machte, den Zündschlüssel zu betätigen, stieg ihr Mann aus. "Ich habe ihm gesagt, er möchte bitte wegfahren, da hat er mich angebrüllt und einen Idioten genannt", sagte der Geschädigte in der Verhandlung aus. Das würde stimmen, gab der Angeklagte zu. Zu behaupten, die Straße sei an dieser Stelle zu eng, sei Blödsinn. "Da kommt sogar ein Dreiachser vorbei." Als der andere daraufhin "mit dem Handy meine Kinder fotografiert hat" sei er wütend geworden. "Ich habe nur ein Foto vom Auto zur Identifikation gemacht" rechtfertigte sich der Unternehmensberater. Der Angeklagte sei daraufhin ausgestiegen, habe ihn geschubst, an der Gurgel gepackt und versucht, über ein Geländer zu werfen.

Bei dieser Aussage schlug der 37-Jährige mit der Faust auf den Tisch, nannte den Zeugen einen elenden Lügner und rannte wutentbrannt aus dem Saal. "Hoffentlich lässt er meine Frau in Ruhe", befürchtete der Geschädigte. Sie wartete bis zu ihrem Aufruf als Zeugin im Flur. Worauf der Richter die Polizei in Nagold alarmierte. Zwei junge Beamte des Reviers erschienen. Die Verhandlung wurde in Abwesenheit des Angeklagten fortgesetzt. "Und wenn er eines Tages vor unserer Haustür steht?" Da brauche er sich keine Sorgen zu machen, beruhigte ihn der Richter. Bei früheren Verhandlungen sei der Portugiese nicht so aufgebracht gewesen. Kurze Zeit später tauchte der Angeklagte wieder im Gerichtssaal auf, entschuldigte sich für sein Verhalten und unterließ weitere Gefühlsausbrüche.

Staatsanwältin plädiert für Gefängnisstrafe ohne Bewährung

Staatsanwältin Schmid hielt in ihrem Plädoyer den Vorwurf der Beleidigung, Nötigung und Körperverletzung für erwiesen. Bei ihrem Antrag – fünf Monate Gefängnis ohne Bewährung – habe sie zehn Vorstrafen, seine Uneinsichtigkeit und dass die Bewährungszeit nach der letzten Verurteilung noch nicht abgelaufen sei, berücksichtigen müssen. Wegen des Vorfalls in der Silvesternacht müsse sein Führerschein für eine bestimmte Zeit einbehalten werden.

Richter Link ließ Gnade vor Recht ergehen, verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung, die drei Jahre dauert, Zahlung von 1000 Euro an den Kinderschutzbund und Entzug der Fahrerlaubnis bis Ende August. Außerdem riet er ihm, ein Anti-Aggressionstraining zu absolvieren, dann könnte das Gericht von der Geldauflage absehen. Wegen seiner beantragten Privatinsolvenz sollte er unbedingt den Kontakt zum im Gerichtssaal sitzenden Bewährungshelfer aufnehmen. Festgelegt wurde bei der Verhandlung außerdem, dass der Führerschein des 37-Jährigen eingezogen wird und er die Erlaubnis beim Landratsamt Calw neu beantragen muss.